Energiewende:Mühsamer Ausbau der Windkraft

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Eine Windkraftanlage im Landkreis Starnberg. Auch im Osten des Landkreises München könnten sich in absehbarer Zukunft Windräder drehen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Planungsregion Oberland bemüht sich, Flächen für den Bau von Windrädern in den vier beteiligten Landkreisen zu finden. Doch Naturschutz, Denkmalschutz oder Militär erschweren die Suche nach Standorten.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Um die Ziele der Energiewende zu erreichen, braucht es mehr Windräder. Die Standortsuche gestaltet sich jedoch schwierig. Denn wo ein Windrad gebaut werden darf, bestimmen nicht allein die Kommunen. Naturschutz, Denkmalschutz und viele andere Fachbehörden haben ein Wörtchen mitzureden - was das Prozedere nicht gerade vereinfacht. In der Region Oberland, die die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Weilheim-Schongau, Miesbach und Garmisch-Partenkirchen umfasst, wird das allzu deutlich.

Allein Areale zu finden, wo die Windhäufigkeit so hoch ist, dass sich Anlagen lohnend betreiben lassen, ist nicht leicht. Um das Verfahren noch komplizierter zu machen, muss der Planungsverband Stellungnahmen von Fachbehörden einholen. Es ist der Job der Regionalbeauftragten Cornelia Drexl, die sogenannten Suchräume vorzuprüfen und dazu die Belange von Naturschutz, Militär, Deutschem Wetterdienst, Forst und anderen Involvierten abzufragen. In der jüngsten Sitzung des Planungsausschusses im Tölzer Landratsamt war ihr die Frustration anzumerken. "Unsere Flächenziele können wir mit diesen Vorgaben kaum erreichen", sagte sie, "in Summe bleibt da nichts übrig."

Wetterdienst, Militär und andere Fachbehörden reden mit

Drexl ging auf der Suche nach geeigneten Standorten von Flächen mit mindestens zehn Hektar Größe und einer Windgeschwindigkeit von mehr als 4,8 Metern pro Sekunde in einer Höhe von 160 Metern aus. Bei Berücksichtigung unumstößlicher, gesetzlicher Vorgaben blieben lediglich 8,89 Prozent der Gesamtfläche übrig für eine weitere Untersuchung, so Drexl. Damit nicht genug - oder wie Landrat Josef Niedermaier (FW), der Vorsitzende des Planungsverbandes, es formulierte: "Der Teufel steckt im Detail."

Denn neben all diesen strengen Vorgaben muss sich die Planung auch auf Referenz-Windkraftanlagen beziehen - nur gibt es solche Anlagen in der Region noch gar nicht. Und acht weitere Fachbehörden musste Drexl abfragen oder hat dies zumindest versucht. Nicht alle Stellungnahmen sind bislang eingegangen. Aber was auf dem Tisch liegt, macht eines deutlich: "Von den ursprünglich 8,89 Prozent sind dann nur noch 2,2 Prozent übrig", erklärte die Regionalbeauftragte.

Da ist zum Beispiel der Deutsche Wetterdienst (DWD). Er wünscht sich einen Puffer von 15 Kilometern rund um sein Wetterradar auf dem Hohen Peißenberg. Wobei in einer weiteren Stellungnahme von fünf Kilometern die Rede sei, sagte Drexl. Auf alle Fälle stünde der größere Puffer im Widerspruch zum Vorranggebiet.

Die Stellungnahme des Denkmalschutzes steht noch aus. Drexl geht davon aus, dass um landschaftsprägende Stätten wie Schloss Linderhof oder Kloster Andechs ein zweieinhalb Kilometer großer Radius freigehalten werden müsse. Besondere Bedeutung kommt der Wieskirche als Unesco-Weltkulturerbe zu. "Wir haben ein Konzept für die Wieskirche erstellt", berichtete Peitings Bürgermeister Peter Osterrieder, wobei die Unesco den gesamten Pfaffenwinkel als Schutzraum ansieht. "Das wäre fast der ganze Landkreis Weilheim-Schongau", sagte Osterrieder. Bliebe es dabei, würde dies das Aus für Windräder dort bedeuten - und das, obschon der Landkreis über das höchste Windpotenzial in der Region 17 verfügt.

Ungeklärt sind ferner die Bereiche Forst und Wasser. Mitgeteilt wurde lediglich, dass der Schutzwald an den Alpen entlang unangetastet bleiben müsse, so Drexl. "Damit würde der ganze Süden wegfallen." Es seien Gespräche auf Ministeriumsebene geplant. Die Prüfung werde obendrein erschwert, da kein "vollständiger Datensatz zu den Alpenwäldern" vorliege.

Schier zur Verzweiflung habe sie die Abfrage beim Militär getrieben, schilderte die Regionsbeauftragte weiter. Wie es aussehe, müssten lediglich der Radar Lechfeld und das Flugbeschränkungsgebiet bei Altenstadt berücksichtigt werden. Elisabeth Koch, Bürgermeisterin in Garmisch-Partenkirchen, und der Garmischer Landrat Anton Speer wiesen darauf hin, dass das US-Militär alte Flugrechte besitze und auch die Nato-Schule bestimmt berücksichtigt werden müsse. Drexl nahm dies auf.

Keinerlei Rückmeldung gebe es zum Bereich Naturschutz. Drexl sieht dort den Hauptknackpunkt. So gibt es ein neues Gutachten des Landesamts für Umwelt über "kollisionsgefährdete Vogelarten". Rotoren können sich automatisch abschalten, wenn sich ein Rotmilan nähert. Das Problem: Die Kameras können Mäuse- nicht von Wespenbussarden unterscheiden.

Obwohl noch nicht einmal mit den Mitgliedern über die Vorrangflächen diskutiert wurde, "stecke man in einer vermeintlichen Sackgasse", sagte Niedermaier. Drexl plädierte für eine andere Herangehensweise: "Wir brauchen eine Positiv-Planung anstatt eines höchstvorsorglichen Ausschlusses."

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