Regensburg:Krematorium soll mit Leichnamen auch fremde Körperteile verbrannt haben

Lesezeit: 2 min

  • Mitarbeiter der Stadt Regensburg sollen bei Feuerbestattungen nicht nur die Verstorbenen eingeäschert haben, sondern auch Körperteile anderer Menschen.
  • Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits seit Monaten, nun ließ sie das Krematorium durchsuchen.
  • Überprüft werden außerdem Betrugsvorwürfe, bei denen es um das Veruntreuen von Spendengeldern und den Versand von Urnen geht.

Von Sebastian Jannasch, Regensburg

Die Staatsanwaltschaft in Regensburg ermittelt gegen mehrere Mitarbeiter des städtischen Krematoriums. Der Vorwurf: Zwischen 2011 und Mai 2015 sollen in etwa 200 Fällen Körperteile mit den Leichnamen anderer Menschen bei Feuerbestattungen verbrannt worden sein.

Laut Staatsanwaltschaft geht es dabei um menschliche Körperteile sowie Gewebe- und Blutproben, die bei medizinischen Eingriffen wie Amputationen angefallen sind. Sie müssen eigentlich als Sondermüll in Spezialanlagen vernichtet werden.

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Sollte sich der Verdacht bewahrheiten, wäre dies eine Ordnungswidrigkeit nach dem bayerischen Abfallwirtschaftsgesetz. Jeder einzelne Verstoß könnte mit einer Geldbuße von bis zu 50 000 Euro geahndet werden. Möglicherweise könnten sich Mitarbeiter zusätzlich wegen Störung der Totenruhe strafbar gemacht haben. Laut Gesetz müsste dafür aber "beschimpfender Unfug" an dem Leichnam vorgenommen worden sein.

Ob dies zutrifft, hängt auch von der Motivation ab, mit der die vermischte Verbrennung durchgeführt wurde, beispielsweise ob es das Ziel war, die Leiche zu schänden. Bisher vermutet die Staatsanwaltschaft eher finanzielle Motive. Wer auf welche Weise profitiert haben könnte, wird nun untersucht.

Am Dienstag wurde das Krematorium durchsucht, dabei wurden Dokumente und elektronisch gespeicherte Unterlagen sichergestellt. Bisher stützen sich die Vorwürfe auf Aussagen von Zeugen, wie Oberstaatsanwalt Theo Ziegler mitteilt. "Woher die Körperteile stammen könnten, ermitteln wir derzeit", sagt er. Möglich wäre, dass sie aus Kliniken oder Praxen von niedergelassenen Ärzten kommen.

Gesetzlich vorgeschrieben ist es, dass Körperreste aus medizinischen Behandlungen in sicher verschließbaren Behältnissen gesammelt, markiert und dann ohne Vermischung mit anderen Abfällen in einer speziellen Verbrennungsanlage für Krankenhausmüll beseitigt werden, erklärt eine Sprecherin des Universitätsklinikums Regensburg. Die Uniklinik ist nicht von den Ermittlungen betroffen.

Von den Ermittlungen weiß die Stadt Regensburg bereits seit vergangenem Sommer, bestätigte eine Sprecherin der Stadt. Der Verdächtige, gegen den sich der Vorwurf hauptsächlich richtet, arbeite seit einiger Zeit nicht mehr im Krematorium, stehe aber noch immer in Diensten der Stadt. Da es sich bisher nur um einen Verdacht handele, gelte die Unschuldvermutung.

Maßnahmen seien deshalb ebenso wenig gegen ihn wie gegen weitere Krematoriumsmitarbeiter unternommen worden, die nun ebenfalls im Fokus der Ermittlungen stehen. Denn die Staatsanwälte untersuchen zwei weitere Betrugsvorwürfe: Vier Mitarbeiter des Krematoriums sollen zwischen 2011 und 2016 Spenden, die für wohltätige Zwecke gesammelt wurden, in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Außerdem sollen im Jahr 2016 Urnen als normale Päckchen verschickt, den Hinterbliebenen aber höhere Kosten für einen Spezialversand berechnet worden sein.

Die Regensburger Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es noch Monate dauern wird, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind.

© SZ vom 16.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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