Rauchverbot auf der Wiesn:Wenn es unter dem Biertisch qualmt

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Das Oktoberfest ist qualmfrei. Eigentlich. Denn nicht jeder Raucher hält sich an das Verbot. Und die, die draußen rauchen, sind sauer.

D. Peitz, M. Szymanski u. C. Krügel

Frustriert stehen Gertrud Ziemer und Roswitha Steigenberger nach dem Fassanstich vor dem Bräurosl-Zelt und zünden sich eine Zigarette an. Seit 25 Jahren gehen die beiden Münchnerinnen nun schon zur Wiesn, in Box Nummer 2 haben sie ihren festen Platz. Ihre Gruppe bestehe zur Hälfte aus Nichtrauchern, die aber überhaupt kein Problem damit hätten, wenn im Zelt geraucht wird, sagt Roswitha Steigenberger. Das strenge Rauchverbot finden die beiden "absolut unsinnig". Dass Raucher außerdem die besseren Stimmungsmacher im Zelt seien, das stehe für sie ja sowieso ganz außer Frage. "Also spätestens am späten Nachmittag werde ich im Zelt rauchen", sagt Ziemer bestimmt. Aber jetzt drückt sie ihre Zigarette erstmal brav aus.

Umweltminister Markus Söder freut sich, wie gut das Rauchverbot auf dem Oktoberfest eingehalten wird - das gilt allerdings nur tagsüber, am Abend wird oft in den Zelten geraucht. (Foto: dpa)

Sie haben es nicht einfach, die Raucher. Es ist die erste rauchfreie Wiesn. Es gab Leute, die hielten es für unmöglich, das Qualmen im Zelt zu verbieten. Die Festwirte hatten protestiert, die CSU kapituliert. Und jetzt genügt ein Blick in die Zelte, und was sieht man dort: Die Feier geht trotzdem weiter. Auch ohne Rauch, erst einmal. Die Stimmung ist prächtig - nicht nur bei den Nichtrauchern wie Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU). Nach den Kapriolen, die seine Partei in Sachen Nichtraucherschutz gemacht hatte, sagt er nun: "Ende gut, alles gut. Es funktioniert. Wir haben in den ersten 24 Stunden gute Erfahrungen mit dem Rauchverbot gemacht. Die Leute halten sich daran."

Es muss sich noch einiges einspielen, sicher. Da wird vereinzelt heimlich unter dem Tisch geraucht, wenn die Leute vom Sicherheitsdienst weg sind. Aber die Rauchschwaden, die sich früher den ganzen Tag im Zelt gehalten haben, die gibt es heute nicht mehr. Söder: "Die Luft ist besser, die Sicht besser, die Stimmung weiterhin gut." Nur die Raucher müssen vor die Tür. Wenn auch widerwillig, die meisten halten sich an das Verbot.

Vor dem Löwenbräuzelt steht Armin mit einer Zigarette in der Hand. Spricht man ihn auf die neue Raucherregel an, kommt prompt die Frage, ob man ihn provozieren wolle. "Das Thema ist für mich ein rotes Tuch", zischt Armin und zieht kräftig an der Zigarette. Was er mit Sebastian Frankenberger, dem Initiator des Rauchverbotes, vorhat, wenn der vorbeikäme, ist eine unverblümte Androhung von Gewalt. Gesundheitsminister Söder sagt: "Diese Form der Kritik ist nicht akzeptabel. Aber die Mehrheit der Leute hat sich mit dem Verbot abgefunden."

Diese Erfahrung machen auch die Leute von den Sicherheitsdiensten, die Bedienungen und die Wirte. Diese sagen, sie hätten ihr Personal extrem gut aufs Rauchverbot vorbereitet. Michael Schottenhamel erzählt von detaillierten Anweisungen an die Bedienungen, wie sie sich bei Rauchern zu verhalten haben. Das Wichtigste: "Ruhig bleiben, ruhig mit den Leuten reden." Moderationskurse für Wiesn-Bedienungen - eine neue Erfahrung für alle Beteiligte, aber eine positive. Probleme habe es nur vereinzelt gegeben. "Zu unserer eigenen Überraschung mussten wir feststellen", sagt Schottenhamel, "dass Frauen deutlich uneinsichtiger waren als die Männer - unabhängig vom Alkoholpegel."

© SZ vom 20.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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