Prozess in München:Prügel für eine Zigarette

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Bei einer Schlägerei traktieren drei Männer ihre Opfer mit Fausthieben und Tritten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen zweifachen versuchten Mord vor. Was sie provoziert hat? Eine Nichtigkeit.

Von Andreas Salch, Garmisch-Partenkirchen

Drei junge Männer aus Baden-Württemberg müssen sich wegen einer brutalen Schlägerei auf dem Marienplatz in Garmisch-Partenkirchen jetzt vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen zweifachen versuchten Mordes erhoben. Der Anlass für die mutmaßlichen Taten hätte nichtiger kaum sein können.

In den frühen Morgenstunden des 3. August vergangenen Jahres soll einer der Angeklagten einen 23-jährigen Passanten nach einer Zigarette gefragt haben. Als dieser ablehnend reagierte, soll Selim T., ein Anlagenbauer aus der Nähe von Stuttgart, sein Opfer sofort mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Seine Freunde, die Mitangeklagten Sven G. und Rouven R., die in der Nähen standen, sollen sich daraufhin sofort an der Auseinandersetzung beteiligt haben. Als ihr Opfer bereits am Boden lag, haben alle drei Angeklagten laut Staatsanwaltschaft wechselseitig mit Fäusten und Fußtritten gegen den Kopf des 23-Jährigen geschlagen und getreten. Er erlitt zahlreiche Prellungen.

Angriff auf den Helfer

Als sich ein Türsteher einer nahegelegenen Diskothek einmischte und die drei mutmaßlichen Täter von ihrem Opfer wegstoßen wollte, sollen sie über diesen hergefallen sein und ihn ebenfalls mit Fäusten und Tritten gegen den Kopf traktiert haben. Der 24-jährige Grafikdesigner Sven G. aus Waiblingen soll dem Opfer einen Finger ins rechte Auge gestoßen haben.

Der Türsteher erlitt neben Prellungen und Blutergüssen eine Fraktur des Augenhöhlenbodens. Ministerpräsident Horst Seehofer verlieh dem 26-Jährigen für sein couragiertes Eingreifen im Mai dieses Jahres die Bayerische Rettungsmedaille.

Verschiedene Versionen der Tat

Zum Auftakt des Prozesses vor dem Landgericht München II erklärten alle drei Angeklagten, dass sie sich nicht mehr genau an den Ablauf der Auseinandersetzung erinnern könnten. Sven G., der den Türsteher zu Boden gebracht haben soll, schilderte die brutale Schlägerei völlig anders, als die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage. Bei seiner Einlassung bezeichnete G. die Opfer mehrfach als "Angreifer". Der ebenfalls aus Waiblingen stammende Rouven R. räumte die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft im Wesentlichen ein, jedoch stritt er ab, auf seine Opfer eingetreten zu haben.

Die Polizei hatte die drei Männer nach der Feststellung ihrer Personalien zunächst laufen lassen. Erst vier Wochen nach der mutmaßlichen Tat erließ die Staatsanwaltschaft Haftbefehle. Das Oberlandesgericht München setzte diese Ende Januar gegen Auflagen außer Vollzug. Ein Urteil in dem Prozess wird für Mitte Dezember erwartet.

© SZ vom 05.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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