Polizistenmord in Augsburg:Ermittler in der Sackgasse

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Von den beiden Männern, die auf der Flucht einen Polizeihauptkommissar erschossen und seine Kollegin schwer verletzten, fehlt noch immer jede Spur. Die Sonderkommission wurde mittlerweile auf 53 Beamte aufgestockt.

Susi Wimmer und Stefan Mayr

20 Tage nach den tödlichen Schüssen auf den Augsburger Polizisten Mathias Vieth scheinen die Ermittler der Sonderkommission "Spickel" noch immer auf der Stelle zu treten. Von den beiden Männern, die am 28. Oktober auf der Flucht den Polizeihauptkommissar erschossen und seine Kollegin schwer verletzten, fehlt noch immer jede Spur. Um das zu ändern habe die Soko Kollegen benachbarter Direktionen auch mit Aufträgen betraut, die ein Beamter als "etwas hilflos" bezeichnet. So hätten alle Krankenhäuser überprüft werden müssen, ob dort nach der Tat eine Person mit Schussverletzung behandelt worden sei. Dabei sind Ärzte ohnehin verpflichtet, Schussverletzungen sofort zu melden.

Von den beiden Männern, die auf der Flucht einen Polizeihauptkommissar erschossen und seine Kollegin schwer verletzten, fehlt noch immer jede Spur. Die Sonderkommission wurde mittlerweile auf 53 Beamte aufgestockt. (Foto: dpa)

Diese Woche wurde die Sonderkommission abermals aufgestockt - von 50 auf 53 Beamte. Allerdings treffen Berichte, wonach die Profiler des Münchner Polizeipräsidiums jetzt erstmals zu dem Fall hinzugezogen wurden, offenbar nicht zu. Nach SZ-Informationen hatten die Augsburger Fahnder bereits unmittelbar nach der Tat das Münchner Kommissariat "Operative Fallanalyse" eingeschaltet. Chefprofiler Alexander Horn und seine fünf Kollegen werden meist mit einem Fall befasst, wenn ein Serienstraftäter am Werk ist. Sie versuchen, anhand der Vorgehensweise des Täters ein Profil von ihm zu erstellen.

Je mehr Fälle vorliegen, desto besser für die Ermittler. Bei herausragenden Kapitaldelikten, wie etwa im Fall Augsburg, werden die Profiler auch aktiv. So wurden sie nach der Todesnacht an den Tatort im Siebentischwald gerufen, nachdem die Spurensicherung ihre Arbeit verrichtet hatte. Je unmittelbarer der Eindruck ist, desto mehr können die Ermittler mitnehmen. In Augsburg entwickelten die Profiler aufgrund ihrer Eindrücke eine Theorie und glichen diese mit den Ermittlungsergebnissen der Soko ab. Offenbar war man sich, was das Täterprofil anbelangt, recht einig. Denn die Profiler zogen schnell wieder ab. Möglich ist, dass sie im Laufe der Ermittlungen nochmals hinzugezogen werden, falls es neue Erkenntnisse gibt.

Noch immer wirft der Einsatz, bei dem der Polizist ums Leben kam, etliche Fragen auf, die nach wie vor offen sind. Fest steht für die Polizei, dass die Täter im Umgang mit der Waffe Profis gewesen sein müssen. Der 41-jährige Polizist wurde von mehreren großkalibrigen Geschossen am Oberkörper getroffen - und das aus einer Distanz von etwa zehn Metern. Hartnäckig hält sich in Polizeikreisen das Gerücht, dass die Schüsse die Schutzweste des Beamten durchschlugen. Die offizielle Stellungnahme lautet aber: Die Schutzweste hielt. Tödlich waren dagegen, so bestätigte ein Polizeisprecher am Mittwoch, drei weitere Treffer im Hals, im Kopf und im Unterleib. Es gibt Mutmaßungen, dass es sich bei der Waffe um eine Kalaschnikow handeln könnte.

Die Polizisten selbst trafen die beiden Flüchtenden bei dem Schusswechsel offenbar nicht. Zumindest fand sich am Tatort kein Blut. Spannend bleibt auch die Frage, was sich in der Tasche befand, von der sich die beiden Männer während der Flucht nicht trennen wollten. Selbst nach ihrem Motorradsturz, bei dem die Tasche davongeflogen war, lief einer der Männer - offenbar unter Beschuss der Polizisten - zurück, um die Tasche zu holen. Wofür riskierte er sein Leben? Für Drogen oder Waffen? Oder hätte der Inhalt Hinweise auf die Identität der Täter und deren Intention geliefert?

Bei ihrer Suche nach den Unbekannten nützten die Ermittler ein weiteres ungewöhnliches Hilfsmittel: Einen 3-D-Laserscanner. Das Gerät wird ähnlich wie eine Fotokamera auf einem Stativ am Tatort montiert - es scannt die Umgebung im Umkreis von 80 Metern millimetergenau ab. Doch trotz aller Hilfsmittel sagt die Polizei nach wie vor: "Wir haben keine heiße Spur."

© SZ vom 17.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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