Politikum:Karriereknick bei Söder? Das glauben nur Naivlinge

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Der Mann, der das Geld der Staatsregierung verteilt: Finanzminister Markus Söder. (Foto: dpa)

Bayerns Finanzminister hat seit seinen Äußerungen über Paris mächtig Ärger. Aber er weiß: Viel wichtiger ist sein Geldbeutel.

Glosse von Olaf Przybilla

Die Dinge stehen nicht gut für Markus Söder seit seinen Äußerungen über Paris, bei jedem anderen würde man sagen: Der? Wird vielleicht noch Greenkeeper beim Glubb, nicht aber Bayerns Ministerpräsident. Es kommt gerade geballt: Erst ein Entrüstungssturm im Internet gegen Söder, danach charakterisiert ihn ein hanseatisches Medium mit einer Vokabel, für die man im Straßenverkehr Hunderte Euro bereithalten müsste. So viel Zustimmung für unflätiges Beleidigen dürfte lang keiner mehr bekommen haben.

Ein Pfarrer im Ruhestand fordert die evangelische Kirche auf, Söder umgehend aus der Synode auszuschließen. Und sogar der Aachener Karnevalsverein muss zu einer Sondersitzung zusammentreten, um zu beraten, ob man so einem tatsächlich den "Orden wider den tierischen Ernst" verleihen darf. Man will es nun trotzdem tun, aber offensichtlich mit erheblichen Bauchschmerzen.

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Derlei Empörungsrituale muss man nicht zu ernst nehmen, andererseits hat sich Söder vieles von dem, was er da gerade zu hören bekommt, redlich verdient. Seit auch noch Ilse Aigner in einer ARD-Talkshow mitdiskutiert hat, und nicht (wie sonst) der Für-alles-Minister aus Franken, seither gibt es Naivlinge, die eine Söderdämmerung wahrzunehmen glauben, den ultimativen Karriereknick. Paris ändert alles: für Söder.

Das ist Unsinn. Man muss nicht alles wichtig nehmen, worüber Heimatzeitungen berichten. Als Quelle aber, wie systematisch einer übers Land tourt, um dort Würdenträger zu umgarnen und für sich einzunehmen - dafür sind sie enorm aussagekräftig. Und so lohnte zu Wochenbeginn ein Blick in die Frankenpost. Die Empörungswelle im Netz erklärte Söder gerade zum notorischen Politclown, der es nie lernen wird, im richtigen Moment einfach mal den Mund zu halten - da wurde über ein Treffen von 117 Landräten und Bürgermeistern gemeldet: "Oberfranken voll des Lobes für Söder."

So liest sich das Woche für Woche aus Bayerns Bezirken, wenn der Mann mit dem Geldbeutel der Staatsregierung vorbeikommt. Darauf setzt Söder. Und darauf, dass einen jeder Mist, den man verzapft, immer bekannter macht. Und reizvoller für Talkshows. In der nächsten wird wieder Söder sitzen, nicht Aigner.

© SZ vom 19.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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