Niederbayern:Schleuser setzen 100 Flüchtlinge an Autobahn aus

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Bevor die Polizei kam, hatten einige schon zu Fuß die A3 überquert: 100 Flüchtlinge, darunter 50 Jugendliche ohne Begleitung, sind in Niederbayern von Schleusern ausgesetzt worden.

Von Dietrich Mittler, München

Gewissenlose Schleuser haben am Donnerstagmorgen an einer Autobahn-Raststätte bei Passau mehr als 100 Asylbewerber aus Afghanistan ausgesetzt und einfach stehen gelassen. Unter ihnen befanden sich auch 50 minderjährige Flüchtlinge, die ohne Eltern oder sonstige Begleiter unterwegs waren.

Noch bevor sich die Polizei ein Bild von der Lage machen konnte, hatte sich ein Teil der Asylbewerber bereits zu Fuß auf den Weg gemacht, einige waren dabei sogar auf die andere Seite der Autobahn A 3 gewechselt.

Wo die Flüchtlinge zunächst hingebracht wurden

"So viele alleinreisende Jugendliche, das gab es bei uns noch nicht", sagte die Passauer Sozialarbeiterin Sandra Wagner-Putz, die für die Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zuständig ist. Für die eingetroffenen Jugendlichen gebe es derzeit in den regulären Passauer Unterkünften für minderjährige Asylbewerber keinen ausreichenden Platz.

Sie wurden daher von der Polizei zunächst in eine Halle gebracht. Dort werde nun in einem sogenannten Clearing-Verfahren festgestellt, ob sich traumatisierte Kinder und Jugendliche unter ihnen befinden, die Hilfe brauchen - sprich auch psychologisch aufgefangen werden müssen.

Was Sozialministerin Müller fordert

Angesichts der vielen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge - ihre Zahl steigt derzeit drastisch an - hat Sozialministerin Emilia Müller am Donnerstag in Berlin "eine gerechte Verteilung der unbegleiteten Minderjährigen auf alle Bundesländer" gefordert. Denn anders als erwachsene Asylbewerber werden die Jugendlichen bislang nicht in andere Bundesländer verteilt.

Bayern sei im Vergleich zu den anderen Ländern weit mehr betroffen - sogar "überproportional, da wir an den beiden Hauptfluchtrouten liegen", wie Müller betonte. In diesem Jahr seien 1600 Jugendlichen in Bayern angekommen. "Bis Ende dieses Jahres rechne ich mit 5000 jungen Menschen", sagte die Ministerin.

Die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge würden vom ersten Tag an "im Rahmen der Jugendhilfe untergebracht", wo ihnen eine entsprechende Betreuung und Begleitung - bis hin zu therapeutischen Maßnahmen - ermöglicht wird. "Doch dies stellt die Jugendämter in den Grenzregionen und den Freistaat vor immense Herausforderungen", erklärte die Ministerin.

In einem Brief an Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD), der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, legt Müller dar, die betroffenen Kommunen an den Hauptzugangsrouten seien "organisatorisch und personell bereits an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gebracht, zum Teil wurden die Grenzen des Leistbaren schon überschritten".

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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