Nachruf auf Rudolf Schöfberger:Der "Rote Rudi" ist gestorben

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Rudolf Schöfberger, Landesvorsitzender der SPD, war ein Meister der feinsinnigen Analyse, aber manchmal drückte er sich auch recht drastisch aus. (Foto: Manfred Neubauer)

Von Jan Bielicki, München

Landesvorsitzender der SPD ist Rudolf Schöfberger auch noch geworden. 1985 war das, fünf Jahre später gab er das Amt nach einem der vielen Wahldesaster für die Bayern-SPD wieder auf. Aber die turbulente Epoche, die in den Annalen der bayerischen Sozialdemokratie immer mit dem "Roten Rudi" verbunden sein wird, war da schon vorbei und der linke Parteirebell von einst fast schon zahm geworden. Denn vor allem steht Schöfbergers Name für jene wilden Siebziger, als sich Münchens SPD, in der Hauptstadt des tief schwarzen Bayern bis dahin fast allmächtig, nahezu selbst entleibte.

Damals war Schöfberger Führungsfigur der Jungen und Linken in Münchens SPD, die in Lokalen wie dem "Wahren Jakob" planten, die Sozialdemokratie der Altvorderen auf Klassenkurs zu bringen. Ihr Marsch durch die Parteigremien hatte durchaus Erfolg: Der ehemalige Juso-Chef kam 1972 an die Spitze der München-SPD, beleidigte den lange unumschränkt herrschenden OB Hans-Jochen Vogel als "zweiten Franz Josef", nämlich Strauß, trieb ihn so aus der Stadt und ins Bundeskabinett nach Bonn. Vogels Nachfolger Georg Kronawitter demontierten die Parteilinken so gründlich, dass er nicht mehr antrat - und die CSU die Macht im Rathaus übernahm. Unter Münchens Sozis gilt diese Episode bis heute als Schreckensmahnung.

Schöfberger, der sechs Jahre im Landtag und 22 Jahre im Bundestag saß, stand mit seinen Positionen für viele seiner Generation. Der Sohn eines Elektromeisters aus Obersendling war einer von denen, die als erste ihrer Familie studierten und sich in den Sechzigern politisierten. Und doch stach der Rechtsanwalt aus seiner zunehmend akademisch geprägten Partei heraus: Er konnte hervorragend schafkopfen und noch besser reden, und zwar so, wie Bayern der Schnabel gewachsen ist. Oft spielte er den Josef Filser in Ludwig Thomas Mundartstück "Erster Klasse" und gerne drückte er sich drastisch aus: "Wählst du im Märzen CSU, zwickst du im Herbst das Arschloch zu", war ein typischer Schöfberger, der manchmal verbarg, dass er ein Meister feinsinniger Analysen sein konnte.

Im Alter von 84 Jahren ist Rudolf Schöfberger nun in seiner Heimatstadt München gestorben.

© SZ vom 15.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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