Polizeieinsatz in Flüchtlingsunterkunft:Randale und Feuer in Bamberger "Ankerzentrum"

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Der Grund für die Ausschreitungen im "Ankerzentrum" in Bamberg soll eine nächtliche Ruhestörung durch Bewohner gewesen sein. (Foto: Ferdinand Merzbach/dpa)
  • Nach einem Gewaltausbruch in einem Ankerzentrum im oberfränkischen Bamberg wird gegen vier Bewohner wegen versuchter Tötungsdelikte ermittelt.
  • Bei der Randale wurden neben einem Polizisten alle neun Tatverdächtigen sowie ein weiterer Bewohner verletzt.
  • In der Einrichtung kursiert das Gerücht, die Gewalt sei auch von Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes ausgegangen, was die Polizei nicht bestätigt hat.

Von Olaf Przybilla, Bamberg

Nach einem Polizeieinsatz im sogenannten Ankerzentrum in Bamberg ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen versuchter Tötung von Polizisten, besonders schwerer Brandstiftung und weiteren Delikten gegen Bewohner der Einrichtung. Vier Verdächtige sollen am Mittwoch dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Nach Polizeiangaben sollen in der Nacht zum Dienstag mehrere Bewohner die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes und zu Hilfe eilende Beamte angegriffen haben.

Insgesamt wurden elf Personen verletzt. Etwa eine Stunde nach Mitternacht soll es zu dem Übergriff auf Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes gekommen sein. Der Anlass der Auseinandersetzung sei eine nächtliche Ruhestörung durch Bewohner gewesen, sagte Polizeisprecher Alexander Czech. Als Polizisten auf dem Areal eintrafen, hätten sich mehrere Bewohner in einem Gebäude verschanzt und Beamte unter anderem mit Pflastersteinen beworfen. Ein Polizist wurde bei einem Übergriff mit einer Metallstange verletzt, wie die Polizei mitteilte, und musste behandelt werden.

Nach den Wurfattacken hätten zahlreiche Einsatzkräfte das Gebäude umstellt. Insgesamt waren bis zu hundert Polizisten im Einsatz, darunter Beamte aus allen drei fränkischen Regierungsbezirken. Währenddessen brach ein Feuer in einer Wohnung des Gebäudes aus. Als daraufhin mehrere Bewohner die Unterkunft für Asylbewerber verließen, wurden acht Tatverdächtige vorläufig festgenommen. Nach Angaben der Polizei handelt es sich um Männer mit eritreischer Staatsangehörigkeit im Alter zwischen 16 und 28 Jahren. Allesamt erlitten durch das mutmaßlich gelegte Feuer leichte Rauchgasvergiftungen und mussten ambulant versorgt werden.

Ein weiterer Tatverdächtiger flüchtete aus der brennenden Unterkunft in eines der umliegenden Häuser. Er wurde von Beamten eines Spezialeinsatzkommandos festgenommen und erlitt leichte Verletzungen. Ob der Mann bei der Festnahme verletzt wurde oder sich bereits bei der Flucht verletzt hatte, war zunächst nicht klar. Erst in den frühen Morgenstunden brachten die Einsatzkräfte die Situation unter Kontrolle. Der Schaden in der Unterkunft wird derzeit auf etwa 100 000 Euro geschätzt.

Ein in der Einrichtung kursierendes Gerücht, die Gewalt sei auch von Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes ausgegangen und dies habe die Eskalation ausgelöst, bestätigte die Polizei nicht. Der genaue Hergang müsse nun untersucht werden, dies werde Zeit in Anspruch nehmen. Derzeit leben mehr als 170 Bewohner aus dem afrikanischen Eritrea in dem Zentrum. Zwar ist dieses mit etwa 1200 Asylbewerbern bei einer Kapazität von bis zu 3400 Personen nur zu einem Teil belegt, trotzdem lebten zahlreiche Bewohner "unter sehr beengten Verhältnissen", sagt Thomas Bollwein vom Flüchtlingsrat. Die Bewohner aus Eritrea seien dort bisher nicht signifikant in Erscheinung getreten. Sie stünden eher im Ruf, zurückhaltend zu sein. Trotz in der Vergangenheit "vergleichsweise hoher Anerkennungsquote" lebten derzeit viele in ständiger Angst, abgeschoben zu werden.

Ulrike Tontsch vom Bamberger Verein "Freund statt fremd" bestätigt das. Was genau vorgefallen sei, wisse aus erster Hand niemand vom Verein, in der Nacht hielten sich dort keine Mitglieder der ehrenamtlichen Organisation auf. Die Bewohner aus Eritrea seien bislang aber als "fein und sehr kultiviert" aufgefallen. Und so traurig solche Vorfälle wie jener auch seien: "Bei so einer Gettoisierung wird so was wohl leider immer wieder vorkommen," befürchtet Tontsch.

© SZ vom 12.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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