Nach der Amnestie:Zielgerichtet

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Bis Juli konnten in Bayern Waffen straffrei abgegeben werden. Seitdem ist das Gesetz wieder scharf geschaltet. Unwissenden könnte eine Anzeige drohen

Von Johann Osel, München

Mehr als 13 000 Pistolen und Gewehre, auch Wurfsterne, Säbel oder sogar Granaten - ein Jahr lang konnten in Bayern illegale Waffen straffrei abgegeben werden. Während dieser Amnestie, die Anfang Juli zu Ende gegangen ist, konnten Bürger Waffen bei der Polizei oder den Kreisbehörden abliefern, ohne eine Strafe wegen Verstoßes gegen das Waffenrecht fürchten zu müssen. Seitdem sind die Gesetze sozusagen wieder scharf gestellt. Illegale Waffen, die nach Ablauf der Amnestieregelung abgegeben werden, fallen unter die gängige gesetzliche Regelung, teilt das bayerische Innenministerium auf Anfrage mit. Gegen die abgebende Person werde Anzeige wegen unerlaubten Besitzes von Waffen und Munition erstattet. Das träfe dann auch Bürger, die vielleicht dachten, die Amnestie liefe unbefristet, oder die nur vage von dieser Möglichkeit gehört haben. Wie oft das im Juli und August vorgekommen ist, erhebt das Ministerium nicht zentral. Nachfragen bei Waffenbehörden - also Landratsämtern und kreisfreien Städten - zeigen: Das kam durchaus vor; mindestens eine Strafanzeige gab es.

Zehn Verwaltungen im Regierungsbezirk Oberbayern - eine zufällig ausgewählte Stichprobe - hat die SZ nach abgegebenen illegalen Waffen seit Ende der Amnestie befragt. Ergebnis: 18 Stück. Bewertet man diese Zahl rein statistisch, könnten es bayernweit im Juli und August wohl einige Dutzend gewesen sein.

Es ist aber nicht zwingend Unwissen der Grund gewesen, zudem drohen nicht immer Folgen, so im Falle einer Erbschaft. Beispiel Landkreis München: Nach dem 1. Juli wurden bei der Behörde von 14 Personen 38 Waffen abgegeben - sieben davon waren illegal. Strafrechtliche Maßnahmen wurden nicht eingeleitet, "da bei der Abgabe ersichtlich war, dass die Waffen bei der Auflösung einer Wohnung oder eines Hauses gefunden wurden", erklärt ein Sprecher. Auch das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen meldet mehrere dieser Fälle. Ein Mann im Münchner Umland dagegen war bei der Abgabe der Waffe der festen Ansicht, dass die Amnestieregel noch gelte. Ärger bleibt ihm nun dennoch erspart: Die Beamten stellten fest, dass es sich doch um eine genehmigungsfreie Waffe handelte.

Anders in der Stadt München: Hier wurde vor gut zwei Wochen eine Pistole abgegeben. Nun prüft die Polizei, ob die Waffe zur Fahndung ausgeschrieben ist, und ermittelt gegebenenfalls mit einem Beschuss, ob sie bei einer Straftat verwendet wurde. "Auf alle Fälle stellt die Polizei Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft wegen illegalen Schusswaffenbesitzes", sagt ein Sprecher des Kreisverwaltungsreferats. Ein Vielfaches an legalen Waffen wurde übrigens in den zwei Monaten abgeliefert - meist von Jägern oder Sportschützen, die diese nicht mehr brauchten oder nicht mehr nutzen konnten, weil sie zu verrostet sind. Allein im Kreis Miesbach waren es im Juli und August 17 registrierte Waffen.

Innenminister Joachim Herrmann hatte bei einer Bilanz Anfang August die Amnestieregelung als Erfolg gewertet und als "Beitrag zur Sicherheit in unserem Land". Generell gelte, dass Waffen nicht in falsche Hände geraten dürften. Neben teils legalen, teils illegalen Schuss- sowie Hieb- und Stichwaffen bekamen die Behörden exakt 320 825 Stück Munition übergeben. "Dass zugleich zahlreiche legale Waffen- und Munitionsbestände abgegeben wurden, zeigt in meinen Augen auch, dass die ganz große Mehrheit der legalen Waffenbesitzer sich sehr um einen verantwortungsvollen Umgang mit diesen gefährlichen Gegenständen bemüht", sagte der CSU-Politiker. "Jäger und Schützen pflegen eine jahrhundertealte wertvolle Tradition und gehen nach den Erfahrungen der Waffenbehörden fast ausnahmslos sehr sorgfältig mit ihren Waffen um." Einer Statistik des Ministeriums zufolge sind derzeit im Freistaat rund 1,2 Millionen legale Waffen und Waffenteile registriert.

Die befristete Amnestieregelung wurde im Zuge einer Änderung des Waffengesetzes bundesweit eingeführt und sollte an die entsprechende Regelung aus dem Jahr 2009 nach dem Amoklauf von Winnenden anknüpfen. Damals wurden mit mehr als 34 000 deutlich mehr Waffen im Freistaat abgegeben. Der bayerischen Staatsregierung sind noch keine Pläne für eine neuerliche Amnestie bekannt - eine solche fiele in die Zuständigkeit des Bundes.

Die bei der Amnestie im Freistaat eingesammelten Waffen und Munitionen sollen beim Landeskriminalamt zerlegt und vernichtet werden, beim Großteil ist dies mittlerweile geschehen. Zuvor war vor allem bei Pistolen geprüft worden, ob sie bei einer Straftat verwendet worden sind. Nicht alles wird gleichwohl vernichtet. Ausnahmen gibt es laut Ministerium für Revolver und Gewehre, die der Polizei noch als Vergleichsmodelle oder für ballistische Untersuchungen dienen können.

© SZ vom 06.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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