Mitten in Bayern:Höchstes Lob für den Kürbenzäuner

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Für das alte Handwerk des Korbflechtens benötigt der Kürbenzäuner ein ausgeprägtes Geschick. (Foto: Anna Reinert/Mauritius)

Viele Begriffe aus alten Handwerkstätigkeiten sind in Vergessenheit geraten. Dem Beruf des Korbflechters aber hat der große Sprachforscher Johann Andreas Schmeller ein unvergessliches sprachliches Denkmal gesetzt.

Kolumne von Hans Kratzer

Vor einigen Wochen war der Vilsbiburger Zeitung die Nachricht vom Hinscheiden des fast 80-jährigen Herrn Josef Hanglberger zu entnehmen. In der Todesanzeige stand unter seinem Namen die rührende biografische Anmerkung: "Keawezeiner von Oberwattenbach". Dieser Hinweis zeugt von der Hochachtung, welche die Angehörigen der Tätigkeit des Keawezeiners entgegenbringen. Auf dem Lande ist dieses Wort durchaus noch präsent, je nach Region sagt man auch Kürbenzäuner, Körblzäuner oder Kirmzäuner dazu.

Auch der Vater des großen Sprachforschers Johann Andreas Schmeller (1785-1852) war ein Kürbenzäuner, was die SZ in einem Schmeller-Artikel gebührend hervorhob. Jedoch hatte der Autor nicht bedacht, dass nicht mehr jeder Leser und jede Leserin weiß, was sich hinter diesem Begriff verbirgt. Deshalb sei an dieser Stelle nachgereicht, dass es sich um einen Korbmacher respektive Korbflechter handelt. Es gibt Menschen, die dieses alte Handwerk berufsmäßig ausüben, andere betreiben es nebenher aus Leidenschaft. Es erfordert Geschick und Können, aber auch Muße und Klarheit.

Das wusste auch der große Gelehrte Schmeller, der diesem unscheinbaren Berufsstand in seinen Büchern, gerade mit Blick auf seinen hochverehrten Vater, breiten Platz eingeräumt hat. Auch wenn er in seinem Tagebuch am 1. November 1823 gestand, dass die Tätigkeit nur bescheidene Einkünfte abwarf: "Mein Vater hatte sich in Türschenreut nur kümmerlich (6 Jahre mit Straßeneinschäuferln, dann später mit Körbe und Kretzen machen) fortgebracht."

Im Wörterbuch beschreibt er den Kürbenzäuner als den, "der aus Holz- und Wurzelschienen Kürben flicht oder zäunt." Dahinter setzte er freilich in Klammern einen Lobpreis hinzu, wie er dem Kürbenzäuner in der Literatur nie mehr widerfahren sollte: "Unter allen Gewerben ist dieses unscheinbare dem Verfasser des bairischen Wörterbuchs das ehrwürdigste, denn es ist das eines bald achtzigjährigen Ehrenmannes, dem er sein Dasein und seine erste Erziehung verdankt."

Hat jemals ein Sohn etwas Ehrenvolleres über seinen Vater und dessen Beruf geschrieben? Schmeller hat dem Kürbenzäuner auf ewig das liebevollste Denkmal gesetzt.

© SZ vom 09.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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