Landgericht Memmingen:Verurteilungen im Tierschutzskandal

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Rinder auf einem Milchviehbetrieb in Bad Grönenbach: Der Tierschutzskandal in dem schwäbischen Ort im Jahr 2019 steht für Tierschützer und Experten sinnbildlich für die Mängel des Veterinärwesens in Bayern. Jetzt soll das Landwirtschaftsministerium die Zuständigkeit für die Amtstierärzte übernehmen. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Zwei Mitarbeiter des größten Milchviehbetriebs in Bad Grönenbach sind zu Geldstrafen verurteilt worden - wegen quälerischer Misshandlung von Wirbeltieren.

Von Florian Fuchs, Memmingen

Im dritten Prozess im sogenannten Allgäuer Tierschutzskandal gegen zwei Mitarbeiter des größten ins Visier der Kontrolleure geratenen Milchviehbetriebs ist am Freitag überraschend ein Urteil gefallen: Ein 34 Jahre alter niederländischer Staatsangehöriger und eine 32 Jahre alte Deutsche haben Geldstrafen von 90 Tagessätzen zu 50 Euro und 55 Tagessätzen zu 80 Euro erhalten, jeweils wegen quälerischer Misshandlung von Wirbeltieren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Das Verfahren richtete sich ursprünglich gegen sechs Angeklagte, die zwei Landwirte, Vater und Sohn, sowie vier Angestellte. Die Verfahren gegen die beiden Landwirte, die den Betrieb mit knapp 4000 Rindern führten, sowie zwei weitere Angeklagte wurden allerdings abgetrennt. So hatten zum Beispiel die Verteidiger der Chefs des Betriebs Befangenheitsanträge gegen Richter gestellt. Die Geldstrafen verhängte die Große Strafkammer des Landgerichts Memmingen unter dem Vorsitzenden Richter Bernhard Lang nun auch wegen Unterlassens - der 34-Jährige und die 32-Jährige haben es demnach versäumt, kranke Tiere rechtzeitig oder überhaupt durch einen Tierarzt behandeln zu lassen.

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Die beiden Angeklagten räumten die Vorwürfe vollumfänglich ein und bedauerten, den Rindern Leid zugefügt zu haben. Beide arbeiten inzwischen woanders, beide belasteten ihre ehemaligen Chefs schwer: Sie hätten teils 60 Stunden in der Woche gearbeitet, manchmal von drei Uhr morgens an. Ständig sei zu wenig Personal im Betrieb gewesen, ständig seien sie angewiesen worden, kostensparend zu arbeiten. Wollten sie Tierärzte holen, habe es Ärger mit den Chefs gegeben. "Meine Mandantin hat unter der Betriebsstruktur gelitten und unter dem selbstherrlichen und gewissenlosen Führungsstil", argumentierte die Verteidigerin der 32-Jährigen am ersten Verhandlungstag. Diese Umstände sowie die Dauer des Verfahrens wertete das Gericht strafmildernd.

Im Jahr 2019 hatten Tierschützer die Zustände auf diesem Hof und auch in Milchviehbetrieben in der näheren Umgebung mithilfe von verdeckten Videokameras aufgedeckt. Die Bilder sowie darauf folgende Kontrollen zeigten teils katastrophale Haltungsbedingungen, zahlreiche Kühe mussten erheblich leiden. Kühe wurden getreten und geschlagen, teils wurden die Tiere mit Radladern durch den Stall geschleift. Wann die Verfahren gegen die restlichen Angeklagten und vor allem gegen die Chefs des Betriebs folgen, ist unklar. Die Aussagen der beiden verurteilten ehemaligen Mitarbeiter haben ihre Position deutlich verschlechtert.

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