Landtagwahl in Bayern:"Das wird wohl eher eine Trauerparty als eine Wahlparty"

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Landesvorsitzende Ronja Endres und Spitzenkandidat Florian von Brunn bezeichnen das Ergebnis als "enttäuschend". (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Die SPD hatte auf eine Trendwende gehofft und gar 15 Prozent als Ziel ausgegeben. Nun ist es wohl das schlechteste Ergebnis bei einer Bayern-Wahl überhaupt.

Von Lina Krauß

Rote Fahnen stehen am Wahlabend in weißen Eimern auf den Stehtischen im Münchner Oberangertheater bei der Wahlparty der SPD. Doch nach den ersten Hochrechnungen um 18 Uhr ist den Anwesenden nicht nach Jubel und Fähnchen wedeln zu Mute. Ein schmerzhaftes "Ouh" geht durch die Menge. 8,5 Prozent (Infratest Dimap) - und damit noch weniger als bei der letzten Landtagswahl zeigen die Bildschirme.

"Erschütternd", ist das Wort, das einem Mann, langjähriger SPD-Wähler, zuerst einfällt. "Das wird wohl eher eine Trauerparty als eine Wahlparty", sagt er. Und auch Ronja Endres, Landesvorsitzende der SPD in Bayern, und Spitzenkandidat Florian von Brunn bezeichnen das Ergebnis als "enttäuschend". Die Themen des SPD-Wahlkampfes - wie bezahlbares Wohnen und bessere Pflege - seien einfach nicht bei den Menschen durchgedrungen.

Spitzenkandidat Florian von Brunn ist während des Wahlkampfs stets selbstbewusst aufgetreten. Der 54-Jährige versprach gar eine "Trendwende", wollte das Debakel von 2018 wettmachen. Damals hatte die SPD mit Spitzenkandidatin Natascha Kohnen 9,7 Prozent der Stimmen und damit einen historischen Tiefstand erreicht.

Brunn wurde 2021 zunächst zum Landes- und dann auch zum Fraktionsvorsitzenden gewählt und gab fortan den Optimisten. Als Spitzenkandidat rief er gar das Ziel von 15 Prozent plus x für die Landtagswahl aus. Und das, obwohl die Umfragewerte meist kaum den zweistelligen Bereich erreichten. Man werde noch "deutlich zulegen", sagte Brunn bei der Vorstellung der Wahlkampagne zwei Monate vor der Wahl. Immer wieder verwies er auf den Kanzler. Was bei Scholz funktionierte, sollte auch im Freistaat funktionieren. Bei der Bundestagswahl 2021 sei die SPD schließlich im Sommer auch nicht gut dagestanden. Olaf Scholz habe sich dann aber aus der Außenseiter-Rolle in die Spitzenposition gebracht.

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Die Bayern-SPD hatte für ihre Wahlkampagne sogar dieselbe Agentur beauftragt wie damals die Bundespartei. Eine Kampagne, die voll auf den Kandidaten zugeschnitten war. "Bayern braucht von Brunn" lautete der Slogan. Seit dem Parteitag war sogar die Rede von einer Koalition mit der CSU - ganz nach dem Motto "Söder braucht von Brunn". Von der Idee scheint Ministerpräsident Markus Söder (CSU) jedoch nichts zu halten. "Florian von Dings" spottete er immer wieder und trifft damit einen wunden Punkt: Brunns mangelnde Bekanntheit.

Nichtsdestotrotz behielt Brunn seinen Kampfgeist. Aufmerksamkeit zog er zuletzt noch mal auf sich, als er sich zur Flugblatt-Affäre um Hubert Aiwanger klar positionierte: "So jemand ist kein Stellvertreter, sondern eine Schande Bayerns." Die SPD wäre sogar mit einer Minderheitsregierung der CSU bis zur Landtagswahl einverstanden gewesen, wenn Söder seinen Stellvertreter entlassen hätte. Doch weder das, noch die erhofften 15 Prozent haben die Genossen nun erreicht.

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Daran hätte aber wahrscheinlich auch der geplante letzte Auftritt am Freitag auf dem Marienplatz in München nicht viel geändert. Brunn musste diesen wegen einer Erkrankung absagen. Markus Rinderspacher, Münchner Abgeordneter und Vizepräsident des bayerischen Landtags, sprang ein. Man attackierte dort noch mal die Staatsregierung, wies auf ihr Versagen hin: Die CSU und nicht Berlin sei dafür verantwortlich, dass die Energiewende nicht vorankomme, sagte beispielsweise SPD-Bundeschef Lars Klingbeil. Bayern habe Besseres verdient, wer in Zukunft eine verantwortungsvolle Politik haben wolle, solle die SPD wählen. Auch zwei Tage vor der Wahl brach die optimistische Haltung der Partei nicht ab. "Die SPD kann Endspurt", betonte Klingbeil noch mal.

Aus diesem Endspurt wurde nichts. Nun bleibt abzuwarten, was dieses erneut historisch schlechteste Ergebnis für die SPD bedeutet. "Wir werden uns in den nächsten Wochen intensiv damit auseinandersetzen als Partei", sagt Florian von Brunn kurz nach der Verkündigung der ersten Hochrechnung. Im Oberangertheater steht er dann später auf der Bühne und betont noch einmal, dass er weiterhin Verantwortung übernehmen wolle. Gemeinsam müsse man "eine bessere Ausgangslage für die nächste Landtagswahl schaffen." Nicht nur von Brunn selbst, auch SPD-Generalsekretärin Ruth Müller spricht sich am Wahlabend offen für eine Zukunft mit ihm an der Spitze der Landtagsfraktion aus. Eine Fraktion, die bei einem Ergebnis von 8,4 Prozent (Hochrechnung 21.13 Uhr - Infratest Dimap) mit 17 statt wie zuvor mit 21 Abgeordneten den Landtag besetzen wird.

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