Landespolitik:Das Parlament wird teurer

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Am 8. Oktober wird in Bayern der nächste Landtag gewählt. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die Fraktionen genehmigen sich in der neuen Legislaturperiode deutlich mehr Zuschüsse etwa für Referenten und Öffentlichkeitsarbeit. Die Verteilung der Mittel sorgt für großen Ärger

Von Lisa Schnell, München

Einen ganz neuen Stil wollte die Koalition aus Freien Wählern und CSU im Landtag prägen. Mit der Opposition sollte mehr zusammengearbeitet werden. Die FW versprachen, sie hätten nicht vergessen, wie es sich auf der Oppositionsbank anfühlt. Jetzt aber sieht es so aus, als ob es mit der Wertschätzung doch nicht so weit her ist: Es geht ums Geld, das den Fraktionen aus dem Staatshaushalt vom Landtag zur Verfügung gestellt wird - etwa für ihre Pressearbeit oder Referentenstellen. CSU und FW wollten die Zuschüsse erhöhen. Statt knapp 20,5 Millionen Euro für alle Fraktionen im Jahr sollten sie auf mehr als 22 Millionen Euro steigen. Im Vergleich zur letzten Legislaturperiode wären das fast sechs Millionen Euro zusätzlich im Jahr, wobei zu berücksichtigen ist, dass mit FDP und AfD zwei Fraktionen mehr im Landtag sitzen und die Summe damit automatisch steigt.

Für Aufregung aber sorgte, wie die geplante Erhöhung auf Opposition und Regierungsfraktionen verteilt werden sollte. FW und CSU wollten vor allem jene Zuschüsse erhöhen, die sie selbst bekommen. Der Opposition steht neben einem Grundbetrag und einer Kopfpauschale pro Abgeordnetem, wie sie alle Fraktionen erhalten, noch ein extra Bonus zu. Denn anders als die Regierungsparteien kann die Opposition nicht auf einen Regierungsapparat zurückgreifen. Ihre Gesetzentwürfe können nicht in Ministerien erarbeitet werden, sie brauchen dazu oft eine externe Beratung, die Geld kostet. Gleiches gilt für die Erstellung von Gutachten oder Studien. Der Bonus ist also dazu da, die strukturelle Benachteiligung der Opposition gegenüber der Regierung auszugleichen und somit eine effektive Kontrolle zu ermöglichen.

Diesen Bonus aber berücksichtigten die Regierungsfraktionen in ihrem ersten Vorschlag kaum. Während der Grundbedarf um etwa sieben Prozent auf 120 000 Euro im Monat ansteigen sollte und die Kopfpauschale sogar um neun Prozent auf 4100 Euro pro Abgeordnetem und Monat, fiel der Zuschlag für die Opposition eher bescheiden aus. Er wäre nur um vier Prozent erhöht worden, von circa 2800 Euro pro Abgeordnetem auf 3000 Euro im Monat. "Es war der Versuch, nur die eigenen Nöte in den Vordergrund zu stellen", sagt SPD-Fraktionschef Horst Arnold. Das Bewusstsein, alle Parteien im Landtag in den Arm zu nehmen, sei der Koalition erst später gekommen.

Zumindest eine scheint von diesem Bewusstsein schon recht früh beseelt gewesen zu sein: Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU). Sie schlug als Kompromiss vor, auch den Oppositionsbonus um etwa neun Prozent zu erhöhen. Den Konflikt löste sie damit in ähnlicher Manier wie CSU und FW in ihren Koalitionsverhandlungen: mit mehr Geld. Zu der von CSU und FW vorgeschlagenen Erhöhung von 1,5 Millionen Euro im Jahr kommen also noch einmal etwa 167 000 Euro dazu. So viel kostet der Kompromiss, auf den sich am Mittwoch alle Fraktionen im Ältestenrat einigten, und den am Ende der Steuerzahler zahlt.

Laut Landtagsamt finanziert jeder Bürger den Landtag ab 2019 mit etwa 13 Euro im Jahr.

Die einen - CSU, SPD und FW - können ihre Verluste damit ausgleichen. Denn CSU und SPD verloren Zuschüsse, weil sie in der neuen Legislaturperiode weniger Abgeordnete stellen. Die Freien Wähler büßten als neue Regierungspartei ihren Oppositionsbonus ein. Die Grünen dagegen legten zu und bekommen mehr Geld. Im Vergleich zur alten Regelung haben sie etwa 400 000 Euro mehr im Jahr, aber selbst bei der CSU ist es fast eine halbe Million.

Fast alle Fraktionen können damit verständlicherweise gut leben. Sie verweisen darauf, dass die Zuschüsse seit 2008 nur um die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst erhöht wurden. Allerdings seien neue Aufgaben dazu gekommen: Es gibt jetzt zwei Ausschüsse mehr im Landtag als vor zehn Jahren, zudem sei die Pressearbeit im Zeitalter der Digitalisierung weitaus aufwendiger geworden. Auch die Grünen stimmten der Erhöhung zu, verwiesen aber darauf, dass nicht alle Gelder ausgegeben werden müssten. Die SPD gab 2013 circa 20 000 Euro zurück, die Grünen im Jahr 2017 immerhin 130 000 Euro.

Selbst die AfD soll nach der Sitzung des Ältestenrates ihren Dank ausgesprochen haben. Am Tag zuvor hatte ihre Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner noch gesagt: Das Geld, das der Staat über den Bürgern ausschütte, sei geraubt. Nun scheint auch sie sich über Steuergelder für die AfD-Fraktion zu freuen. Der parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler, Fabian Mehring, lobte nach der Sitzung des Ältestenrats am Mittwoch den "neuen Stil" seiner Partei: Man habe die Rechte der Opposition ganz hoch gehalten. Davon, dass sein eigener Fraktionschef an dem ursprünglichen, weniger oppositionsfreundlichen Entwurf mitgearbeitet hatte, wollte er nichts wissen.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU, Tobias Reiß, verwies darauf, dass die Opposition nun zwei Drittel der erhöhten Zuschüsse erhalte: "Die Opposition muss auf Augenhöhe agieren können." Eine Meinungsänderung will er zwischen dem ersten Entwurf seiner Fraktion und dem jetzt erzielten Kompromiss nicht entdecken, es sei alles "ein Prozess".

Nur eine Fraktion zeigte sich nicht ganz zufrieden. "Die Größenordnung ist nicht angemessen", sagte Matthias Fischbach, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP. Er selbst hätte die Zuschüsse nur um fünf Prozent erhöht. Er dankte Landtagspräsidentin Aigner zwar für ihren Einsatz für die Opposition, dass durch ihren Kompromiss der Preis aber hochgetrieben werde "wie auf einem Basar", sei "nicht angemessen". Fischbach hofft, die anderen Fraktionen noch überzeugen zu können, wenn im Frühjahr 2019 über den Haushalt diskutiert wird.

Einen anderen Kampf hat die FDP indes schon jetzt verloren. Sie wird von 2019 an im Plenarsaal des Landtags nicht mehr neben der CSU, sondern neben der AfD Platz nehmen. So setzten es CSU und FW im Ältestenrat durch.

© SZ vom 13.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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