Kaufbeuren:Raubmord an Pflegebedürftigem: Lebenslange Haftstrafe

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Eine Statue der Justitia hält eine Waage in ihrer Hand. (Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa/Symbolbild)

Ein "leichtes Opfer" sei der Mann gewesen, sagte Vorsitzender Richter Christoph Schwiebacher am Donnerstag. Fünf Herzinfarkte hatte der 50-Jährige überlebt. Er...

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Kempten (dpa/lby) - Ein „leichtes Opfer“ sei der Mann gewesen, sagte Vorsitzender Richter Christoph Schwiebacher am Donnerstag. Fünf Herzinfarkte hatte der 50-Jährige überlebt. Er litt an Diabetes, war fast blind und auf einen Rollstuhl angewiesen, als er Mitte März in seiner Kaufbeurer Wohnung von seinem vermeintlichen Sexpartner überfallen und hilflos liegen gelassen wurde. Er erstickte nach mehreren Stunden qualvoll an seiner Zahnprothese.

Wegen Mordes und schweren Raubes mit Todesfolge ist deshalb ein 29-Jähriger am Donnerstag vom Landgericht Kempten zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Syrer den Pflegebedürftigen nach dem Raubüberfall gefesselt und geknebelt liegen ließ, obwohl er um die Erkrankungen des Opfers wusste und der Mann kaum atmen konnte.

„Es war ihm wurscht, was mit dem Opfer passiert“, sagte Schwiebacher in seiner Urteilsbegründung. Er habe keinerlei Zweifel an einer vorsätzlichen Tötung. Mit dem Strafmaß orientierte sich das Gericht deshalb an der Forderung der Staatsanwaltschaft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (Az. 210 Js 5527/20)

Der syrische Angeklagte war demnach für die Ausführung des Raubs zuständig. Geplant hatte die Tat ein Bekannter, der dem Opfer mehrere Jahre im Rahmen der Nachbarschaftshilfe im Alltag zur Seite gestanden hatte. Dabei hatte er dem bisexuellen 50-Jährigen auch geholfen, im Internet Kontakt zu Sexpartnern herzustellen. So entstand der Plan, dass sich der Angeklagte über ein gefälschtes Dating-Profil Zugang zur Wohnung verschaffen könnte.

Nach Auffassung des Gerichts handelten die beiden Syrer aus Habgier. Dazu aussagen konnte während des Verfahrens aber nur noch einer der beiden: Der mutmaßliche Drahtzieher des Raubes beging im August in Untersuchungshaft Suizid. Er hatte bei der Polizei seine Beteiligung gestanden und betont, er habe den Tod des Opfers nicht gewollt. In dem 50-Jährigen habe er eigentlich eine Art Ersatzvater gesehen. „Er war betroffen, wie das Ganze gelaufen ist, und wollte reinen Tisch machen“, sagte der Richter.

Der Angeklagte bestritt dagegen bis zuletzt seine Schuld am Tod des Pflegebedürftigen. Er sei von seinem Bekannten gezwungen worden, bei dessen Plan zu helfen, und sei „hundertprozentig unschuldig“. Er sei auch nie in der Wohnung des Opfers gewesen. Seine DNA sei dort nur gefunden worden, weil sein Bekannter dort seine Handschuhe benutzt und so die Ermittler ausgetrickst habe - eine Erklärung, die der Richter am Donnerstag als „Märchen aus 1001 Nacht“ bezeichnete.

Ein Geständnis hatte zu Beginn des Prozesses der mitangeklagte Bruder des Täters abgelegt. Er hatte nach dem Überfall einen Teil der Beute erhalten und in seiner Wohnung vor den Ermittlern versteckt. Er bereue seine Tat zutiefst, ließ der 23-Jährige über seinen Verteidiger erklären. Er wurde wegen Begünstigung und Hehlerei zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

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