Kommunalfinanzen:Forchheim verlangt 14,2 Millionen Euro vom Landkreis zurück

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Hübsch, aber nicht besonders reich: Die Stadt Forchheim will künftig weniger an den Landkreis zahlen. (Foto: imago)
  • Die Stadt Forchheim musste im Jahr 2014 eine Kreisumlage überweisen, deren Höhe ein Viertel der laufenden Einnahmen der Kreisstadt ausmachte.
  • Zu viel, fand die Stadt, die rund 31 000 Einwohner zählt - es blieb kein Geld für Investitionen.
  • Die Klage vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth war unerwartet erfolgreich.

Von Claudia Henzler, Nürnberg

Noch ist die Entscheidung nicht rechtskräftig, doch schon jetzt löst sie Unruhe aus in den bayerischen Kreisverwaltungen, denn sie könnte alle Gemeinden und Landkreise betreffen: Die oberfränkische Stadt Forchheim mit 31 000 Einwohnern hatte sich gegen eine aus ihrer Sicht zu hohe Kreisumlage gewehrt und damit nun vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth recht bekommen. Nach Auffassung des Gerichts hatte der Landkreis die finanzielle Situation der Stadt nicht ausreichend berücksichtigt. Aus Sicht der Richter wäre eine formale Anhörung notwendig gewesen.

14,2 Millionen Euro musste die Stadt Forchheim dem Landkreis im Jahr 2014 als Kreisumlage überweisen - das waren 1,1 Millionen mehr als im Jahr zuvor und mehr als ein Viertel der laufenden Einnahmen der Kreisstadt. Zu viel, fand die Stadt. Ihr bliebe in den Folgejahren zu wenig Geld für Investitionen in Schulen und Kindergärten. Eigentlich hatte sich Forchheim einen Vergleich in Form einer Teilrückzahlung erhofft. Dass das Verwaltungsgericht den Bescheid des Landkreises vergangene Woche komplett kippte, hat selbst die Stadt überrascht. Wenn das Urteil rechtskräftig wird, muss der Landkreis die Kreisumlage zurückzahlen und neu festsetzen.

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Der Landkreis Forchheim kann gegen das Urteil Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einlegen. Die Kreisverwaltung kündigte an, dass sie das schriftliche Urteil aus Bayreuth abwarten wolle, bevor sie sich entscheide. Bis zu fünf Monate hat das Gericht üblicherweise Zeit - wegen des großen Interesses könnte es diesmal aber schneller gehen.

Bisher hat das Verwaltungsgericht lediglich eine zweiseitige Zusammenfassung des Urteils veröffentlicht. Darin wird bereits deutlich, dass die Entscheidung weitreichende Folgen haben könnte: Nach Auffassung der Fünften Kammer unter Vorsitz des Gerichtspräsidenten Thomas Boese hatte es der Landkreis nämlich unterlassen, "die finanzielle Situation der umlagepflichtigen Gemeinde vor Erlass der Haushaltssatzung konkret zu ermitteln", der Landkreis hätte die Stadt Forchheim aus Sicht des Gerichts offiziell anhören müssen "und ihr damit Gelegenheit geben, sich zur Finanzsituation zu äußern".

Dass der Landkreis als Aufsichtsbehörde die Haushaltssituation der Gemeinden eigentlich kennen sollte, ist aus Sicht des Gerichts ebenso wenig ausreichend wie eine Bürgermeisterdienstbesprechung, bei der über den Entwurf des Kreishaushalts informiert wird. Das Gericht betonte das verfassungsgemäße Recht der Gemeinden auf kommunale Selbstverwaltung, "das auch eine Garantie der Finanzhoheit der Gemeinde umfasst". Landkreis und Gemeinden stünden sich gleichrangig gegenüber.

Schon das Bundesverwaltungsgericht hatte 2013 entschieden, dass eine Kreisumlage nicht dazu führen darf, dass Gemeinden kein Geld mehr haben, ihre Pflichtaufgaben und freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben zu erfüllen.

Die Städte sollten weniger Umlage zahlen müssen

Die Stadt Forchheim erhofft sich von dem Urteil nicht nur, dass ein Verfahren etabliert wird, bei dem Gemeinden und Landkreis ihre Bedürfnisse auf Augenhöhe abwägen. Am Ende des Abwägungsprozesses solle der Landkreis dann auch weniger Geld abschöpfen als bislang. Der ehemalige Bayreuther Oberbürgermeister Dieter Mronz, der die Stadt Forchheim in dem Verfahren als Rechtsanwalt vertrat, betont, dass es nicht nur um eine Formalie - nämlich die fehlende Anhörung - gehe: Das Gericht habe festgestellt, "dass die finanzielle Situation der Stadt Forchheim angespannt ist und dieses Problem mangels Anhörung nicht berücksichtigt wurde".

Aus seiner Sicht bedeutet das Urteil: "Die Gemeinden haben gegenüber dem Landkreis ein klares Recht auf Rücksichtnahme auf ihre konkrete Finanzsituation." Zur Frage, wie das in der Praxis aussehen soll, sagt Mronz: "Der Landkreis muss sich mit jeder einzelnen Gemeinde befassen, damit diese die Gelegenheit hat, ihre Finanzlage, Engpässe und Investitionsnotwendigkeiten aufzuzeigen. Das ist ein echtes Novum, aber es hat seine verfassungsmäßige Berechtigung."

Der Bayerische Landkreistag wartet nun ebenfalls auf das schriftliche Urteil mit Begründung. "Es gibt viele Fragezeichen", sagt Johann Keller, Geschäftsführer des Verbands. Momentan könne er nicht abschätzen, welche Auswirkungen die Entscheidung haben wird. Keller betont, dass die Landkreise auf die Einnahmen aus der Kreisumlage angewiesen sind. Wie andere kommunale Spitzenverbände auch fordert der Landkreistag allerdings seit Langem, dass der Freistaat die finanzielle Ausstattung der Kommunen verbessert und deren Anteil am Steuereinkommen des Landes von 12,57 Prozent auf 15 Prozent erhöht.

© SZ vom 17.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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