Geschichte:Der "Kini" zwischen Fakten und Fiktion

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Ludwig II., König von Bayern, und der österreichische Schauspieler Josef Kainz während einer Reise in der Schweiz. (Foto: Scherl/Süddeutsche Zeitung Photo)

Gab es zwischen Ludwig II. und Sisi eine Liebesbeziehung? Verschacherte er die Souveränität Bayerns für Geld an Preußen? Historiker Marcus Spangenberg räumt in seinem neuen Buch mit populären Irrtümern über den Bayernkönig auf.

Von Hans Kratzer

Obwohl schon Hunderte Bücher über König Ludwig II. geschrieben wurden, ranken sich noch immer viele Geheimnisse und Spekulationen um diese Person. Der Historiker Marcus Spangenberg hat jetzt in einem schmalen Band populäre Irrtümer über Ludwig II. aufgegriffen, die dessen Mythos bis heute nähren.

Zu nennen wäre etwa Ludwigs Beziehung zur österreichischen Kaiserin Sisi, die von der Filmindustrie so lange zur Liebeständelei hochstilisiert wurde, bis ein dicker Nebel die historische Wahrheit umhüllte. Auch im Ludwig II.-Musical in Füssen sei die vermeintliche Liebesbeziehung bis zur Schmerzgrenze ausgereizt worden, sagt Spangenberg. Zwar fühlten Ludwig und Sisi eine Seelenverwandtschaft. Gleichwohl menschelte es bei den seltenen Treffen nicht nur lieblich. Sie nahm ihn nicht ganz ernst, manchmal nervte er sie auch.

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Ein gängiges Argument lautet, Ludwig II. habe die Souveränität Bayerns bei der Reichsgründung 1870/71 quasi an Preußen verkauft. Spangenberg gesteht zu, die Zahlungen Bismarcks an Ludwig rückten den Einigungsvorgang in ein schiefes Licht. Gleichwohl habe Ludwig II. keine Gewissheit auf finanzielle Leistungen gehabt. Für eine vermeintliche Verknüpfung von Geldzahlungen und Ludwigs Unterzeichnung des Kaiserbriefs fehle jegliche Quelle.

Oft wird angeführt, Ludwigs Schlitten sei das erste elektrisch beleuchtete Gefährt weltweit gewesen. Auch hier schränkt Spangenberg ein, ein Wiener Ingenieur habe schon 1883, Jahre vor Ludwig, ein mit Glühbirnen ausgestattetes Gefährt vorgestellt. Zudem war Schloss Neuschwanstein, das mit modernster Ausstattung versehen war, laut Spangenberg keineswegs bahnbrechend. Ludwig habe die technischen Möglichkeiten nicht ausgenützt.

Bei Ludwig II. verschwimmen historische Fakten und emotionale Reaktionen häufig in einem diffusen Nebel. Spangenbergs Fazit: "Rational ist es nicht zu erklären, warum der König, der mit seiner Verweigerungshaltung gegenüber seinen königlichen Pflichten dem Ansehen der Monarchie Schaden zufügte, so stark zum königlichen Idol und Ideal hochstilisiert wurde."

Marcus Spangenberg: Ludwig II. - Populäre Irrtümer und andere Wahrheiten. 120 Seiten, Klartext Verlag.

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