Kabinett:Staatsregierung steht zu Ceta

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Ministerinnen Merk und Aigner verteidigen Abkommen mit Kanada, verlangen aber Nachbesserungen bei TTIP

Von Lisa Schnell, München

Es sei eine "schöne Gelegenheit", mal die Damen zu präsentieren, sagt eine Pressesprecherin, während sich hinter ihr die Ministerinnen Ilse Aigner und Beate Merk gegenseitig den Vortritt lassen wollen. Wer soll in die Mitte? Dort hin, wo sonst Staatskanzleichef Marcel Huber die Ergebnisse der Kabinettsklausur verkündet oder, wenn es ganz wichtig ist, auch der Ministerpräsident selbst. Dass sich dort nun nach einigem hin und her Europaministerin Merk hinter dem Mikro wiederfindet, hat natürlich nichts damit zu tun, dass es um unwichtige Themen ginge. Staatskanzleichef Huber sei einfach nur krank, heißt es.

Bahnbrechende Neuigkeiten haben Merk und Wirtschaftsministerin Aigner aus der ersten Kabinettssitzung nach der Sommerpause allerdings nicht zu verkünden. Mehr als die immer noch positive Haltung des Kabinetts zu den Freihandelsabkommen TTIP und Ceta interessiert die Journalisten, was Aigner als stellvertretende Ministerpräsidentin von den Erfolgen der AfD in Mecklenburg-Vorpommern hält. Dass Merkel während der Wahl gerade in China war, könne man ihr nicht vorwerfen, sagt Aigner. Aber natürlich sei eine "Korrektur in der Flüchtlingspolitik" notwendig. Während Ministerpräsident Horst Seehofer Anfang der Woche noch ein ganzes Gewitter über Berlin donnern ließ, schickt Aigner ein paar dunkle Wolken. Vielleicht ist das auch der Grund, warum Seehofer sie am Mittwoch zum Berliner Oktoberfest in der Hauptstadt schickt. Es geht zwar nur ums Anzapfen und ein paar launige Worte, aber die können bei Seehofer schon etwas schärfer ausfallen als bei Aigner, und eigentlich wollten sich CSU und CDU langfristig ja wieder vertragen. Aber auch das alles nur Spekulationen, offiziell sagt Aigner, dass Seehofer keine Zeit habe, weil er sich auf die Vorstandsklausur der CSU kommendes Wochenende vorbereiten muss. Deren Termin war allerdings auch schon länger bekannt.

Ob die nette Ilse Aigner nun am Mittwoch in Berlin im Dirndl für Seehofer einspringt, weil der ein Zeitproblem hat oder aber, weil er nach seinem Wutausbruch in Richtung CDU nun wieder in Deckung gehen will, bleibt ungeklärt. Redseliger werden die zwei Ministerinnen, wenn es um die Beschlüsse des Kabinetts geht. Dazu gehört eine Forderung an den Bund. Die Regierung solle Rückführungsabkommen etwa mit den Maghreb-Staaten abschließen und sich für die Änderung einer EU-Richtlinie einsetzen, die den Familiennachzug erleichtert.

Außerdem beriet das Kabinett über die Freihandelsabkommen Ceta und TTIP. Beide dürfe man nicht in einen Topf werfen, sagt Merk. Das Ceta-Abkommen mit Kanada befürworte das Kabinett. Merk nennt es "ausgewogen". Die Bedenken von 50 000 Bayern, die nur an einem Tag für ein Volksbegehren gegen Ceta unterschrieben, teilt die Staatsregierung offenbar nicht. Das Kabinett sieht in dem Abkommen weder eine "Absenkung von EU-Standards" noch eine Gefährdung der kommunalen Daseinsvorsorge, sagt Merk. Bei TTIP, das die EU gerade noch mit den USA verhandelt, sei die Situation "schwieriger". Hier sind noch intensive Auseinandersetzungen notwendig, so Merk. Während sie Anfang des Jahres noch auf einen schnellen Abschluss der Verhandlungen drängte, betont sie jetzt: "Qualität geht vor Schnelligkeit." Nordamerika sei Bayerns wichtigster Handelspartner, sagt Aigner. Auch wenn die Verhandlungen schwierig seien, dürfe man die Ergebnisse erst dann bewerten, wenn die Beratungen beendet seien.

Für Natascha Kohnen, Generalsekretärin der SPD, ist TTIP schon jetzt gescheitert. "Das wird man neu aufsetzen müssen", sagt sie. Bei Ceta mache es sich die CSU "zu einfach". Für sie gebe es durchaus noch einige kritische Punkte. So sei nicht klar, ob die kommunale Daseinsvorsorge wirklich geschützt sei. Auch Thomas Mütze von den Grünen kann "die Freihandelsgläubigkeit der CSU" nicht nachvollziehen. "Die Hinterzimmerverhandlungen und undemokratischen Bestandteile der Vertragsentwürfe haben beide Abkommen längst völlig diskreditiert", sagt er. "Skandalös", findet es Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler, "wie die CSU die mittelstandsfeindlichen Handelsabkommen Ceta und TTIP durchdrücken will", und das gegen den Willen der Bevölkerung.

© SZ vom 07.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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