Ingolstadt:Lehmanns Mitangeklagte können auf Milde hoffen

Lesezeit: 1 min

Von Johann Osel, München

Im Korruptionsprozess gegen Ingolstadts Alt-Oberbürgermeister Alfred Lehmann will das Gericht die Fälle zweier mitangeklagter Vertreter von Bauunternehmen abgemildert betrachten. So geht die Kammer nicht mehr von Bestechung, sondern von Vorteilsgewährung aus - was strafrechtlich geringer zu beurteilen wäre. Eine Sprecherin des Landgerichts bestätigte auf SZ-Anfrage lokale Medienberichte, wonach der Vorsitzende Richter Jochen Bösl dies am siebten Verhandlungstag verkündete. Die Witwe eines Bauträgers und der Bevollmächtigte einer Firma aus der Region könnten "möglicherweise ein etwaiges Dienstvergehen" durch OB Lehmann "nicht erkannt haben". Formal handelt es sich nicht um eine Reduzierung der Anklage, denn das wäre Sache der Staatsanwaltschaft; nach fachlicher Lesart sieht die Kammer für die Urteilsbildung eine "Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts".

Die Anklage gegen den CSU-Politiker, Rathauschef von 2002 bis 2014, bleibt: Bestechlichkeit in zwei Fällen, einmal in Tateinheit mit Untreue. Der 69-Jährige soll, so die Staatsanwaltschaft, Wohnungen vergünstigt erhalten und sich dadurch Vorteile von mehr als einer halben Million Euro verschafft haben. Im Gegenzug soll er bei Bauprojekten zugunsten der Firmen gemauschelt und Pflichten zum Schaden der Stadt verletzt haben. Es geht einerseits um ein nobles Innenstadtareal, auf dem das Ex-Stadtoberhaupt eine Penthousewohnung als Rohbau erworben und dann gratis ausgebaut bekommen habe. Die Staatsanwaltschaft erkennt beim Zuschlag wie beim Kaufpreis für den Bauträger Unregelmäßigkeiten. Andererseits steht ein Kasernengelände im Fokus. Beim Erwerb durch den Bauträger sollen all dessen Wünsche vertraglicher und planerischer Natur mitunter vorschriftswidrig vom OB durchgeboxt worden sein. Später hat Lehmann dort für sich Studentenbuden mutmaßlich verbilligt gekauft und ausbauen lassen.

Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. In der teils zähen Beweisaufnahme bisher gab es auch Erfolgserlebnisse für ihn: Die Befragung von städtischen Mitarbeitern erweckte den Eindruck, Lehmann habe zwar unzulässige Deals getätigt - aber aus politischen Motiven, um den Bau-Boom in der Stadt zu forcieren. Bereicherungsabsicht erkannten diese Zeugen nicht. Der Prozess geht am 15. April weiter.

© SZ vom 28.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: