Illegale CSU-Spenden:Schreibers Erzählungen

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Schon einmal hat Schreiber vom geheimen CSU-Konto erzählt. Beweise fehlten. Viele Erkenntnisse über das Spendensystem sind dem Zufall zu verdanken.

P. Fahrenholz, H. Holzhaider und H. Leyendecker

Für die CSU ist Karlheinz Schreiber schon seit vielen Jahren eine lästige Figur. Denn so sehr er im Reiche von Franz Josef Strauß zu den Günstlingen gehörte, so wenig war er später unter Edmund Stoiber gelitten. Denn Stoiber hat sich, als er 1993 bayerischer Ministerpräsident wurde, kühl von allen unangenehmen Hinterlassenschaften der Ära Strauß getrennt, was in der CSU damals für beträchtliche Turbulenzen gesorgt hatte.

Erinnerungen an das Jahr 1979: Karlheinz Schreiber und Max Strauß in Mexiko. (Foto: Foto: privat)

Immer wieder prahlte Schreiber damit, welcher Schaden der CSU drohe, wenn er über das Finanzsystem der Partei auspacke. Im Frühjahr 2000 drohte er Stoiber in einem Brief, dieser werde es möglicherweise eines Tages noch bedauern, wenn die Wahrheit ans Licht komme.

Was Schreiber dann allerdings im Mai 2002 im kanadischen Toronto dem Untersuchungsausschuss des Bundestages zu erzählen hatte, der sich dafür extra in dessen selbstgewähltes Exil begeben hatte, war reichlich dünne Suppe.

Schon damals erzählte Schreiber im Kern das, was er jetzt in Augsburg vor Gericht wiederholte: dass das Konto "Maxwell", das die Augsburger Staatsanwälte Max Strauß zurechneten, in Wahrheit ein CSU-Konto sei, dass über den einstigen Strauß-Intimus in den Jahren 1991 und 1992 beträchtliche Summen an die CSU geflossen seien, und dass auch Stoiber davon Kenntnis gehabt habe. Der Pferdefuß an Schreibers Erzählungen: Beweise konnte er keine liefern.

"Karlheinz Schreiber hat hierzu betont, dass es bei verdeckten Finanztransaktionen dieser Art in der Natur der Sache liege, keine Belege und Dokumente anzufertigen", heißt es dazu in der Niederschrift über Schreibers Zeugenaussage in Kanada.

Für Stoiber hatten Schreibers Behauptungen allerdings ein unangenehmes politisches Nachspiel. Die rot-grüne Mehrheit in Berlin ließ es sich nicht nehmen, den damaligen Kanzlerkandidaten Stoiber im Juni 2002 als Zeugen vor den Untersuchungsausschuss zu laden.

Stoiber setzte durch, dass der gesamte Ausschuss deswegen nach München reisen musste, und warf Rot-Grün ein Polit-Spektakel vor: "Ich bin hier vorgeladen, weil ich Kanzlerkandidat der Union bin", zürnte er. In der Sache wies er alle Vorwürfe zurück. "Ich habe von den behaupteten Vorgängen keine Kenntnis."

Stoiber verwies darauf, dass die Kontrolle der CSU-Finanzen durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft keinerlei Belege für Zahlungen Schreibers ergeben habe. Der stundenlange Zeugenauftritt förderte nur ein einziges bis dato unbekanntes Detail zutage, das allerdings für amüsiertes Raunen im Saal sorgte. Als Stoiber zu seinen Personalien befragt wurde, antwortete er: "Mein Name ist Edmund Rüdiger Rudi Stoiber".

Auch im Steuerprozess gegen Max Strauß wurden Schreibers Behauptungen hinterfragt - ohne dass sich irgendein Beweis dafür gefunden hätte. Das Gericht zitierte im Juni 2004 nahezu alle 1991 maßgeblichen CSU-Größen als Zeugen herbei. Stoiber, damals bayerischer Ministerpräsident, wies Schreibers Vorwürfe erneut kategorisch zurück: "Ich kenne das nicht, ich halte das für absurd".

Erwin Huber, 1991 als Generalsekretär für die CSU tätig, erklärte, er kenne Schreiber nicht, von Spenden sei ihm nichts bekannt. Karl-Heinz Spilker, zur fraglichen Zeit Schatzmeister der CSU, war sich sicher: "Wenn's einen Fonds gegeben hätte, hätte ich's gewusst."

Lediglich Friedrich Voss, auch ein einstiger CSU-Schatzmeister, wollte die Existenz einer schwarzen Kasse nicht ausschließen: Franz Josef Strauß, sagte er, habe nach dem Prinzip "divide et impera" geherrscht, da habe keiner alles gewusst: "Das war schon möglich, dass es in der Partei einen Fonds gab, von dem der Schatzmeister nichts wusste."

Theo Waigel, Straußens Nachfolger als CSU-Chef, ist jedenfalls in die Geheimnisse des Finanzreichs seines Vorgängers, falls es denn eines gegeben haben sollte, nicht eingeweiht worden. "Mir ist die Sache völlig fremd, die ist nie zu mir vorgedrungen", sagte Waigel der SZ. Nach dem Tod von Strauß habe Franz Dannecker mit ihm "nie ein Wort darüber geredet".

Waigel wäre für solche Offenbarungen wohl auch kaum empfänglich gewesen, denn in Sachen Spenden war er stets besonders ehrpusselig. "Für mich war klar, dass nichts läuft, was illegal ist", sagte er.

So eng wie Waigel haben das der 1988 verstorbene Strauß und der 1992 verstorbene Dannecker, die graue Eminenz im Freistaat, nicht gesehen. In der goldenen Zeit der Ära Strauß war Dannecker, im Hauptberuf Anwalt und Justiziar, ein sehr einflussreicher Mann. Er war auch privat nahe am großen CSU-Vorsitzenden und redete mit ihm viel, auch wenn die Gespräche eher einseitig verliefen. Auf Dannecker war Verlass.

Als Anfang 1980 Steuerfahnder die illegal operierende Staatsbürgerliche Vereinigung 1954 e.V. (SV) ins Visier nahmen, musste Dannecker ran. Ein CSU-Gönner wollte Strauß noch rasch eine Million Mark steuersparend über die gemeinnützige SV zukommen lassen, doch der große Vorsitzende riet ab.

Bei einer Hausdurchsuchung entdeckten Ermittler eine Notiz: "Lt. Dannecker FJS: lieber nur die Hälfte + schlafen können". Dann flossen doch 800.000 Mark auf ein Anderkonto Danneckers in München und 200.000 Mark an eine fränkische Gesellschaft. Vielen Großindustriellen war es eine Ehre, Strauß bei Treffen Geld zuzustecken.

Die meisten Erkenntnisse über dieses System verdankt die Öffentlichkeit weder Staatsanwälten noch gar Schreiber, sondern einem Zufallsfund. Auf einem Bonner Flohmarkt hatte 1996 eine Sammlerin elf Aktenordner mit Aufzeichnungen des früheren CSU-Schatzmeisters Rolf Pohle gefunden - und der Spiegel machte daraus eine Serie: "Das Geld, die Macht und FJS".

Akribisch hatte Pohle die Umwegfinanzierung nachgezeichnet und erklärt, wie Großspenden in Kleinspenden umgefälscht wurden, damit diese nicht in den Rechenschaftsbericht kamen. In Sachen Geld schätzte Strauß Diskretion und empörte sich über Aufklärungsversuche .

Den Flick-Untersuchungsausschuss, der die Wege des großen Geldes untersuchen sollte, nannte er einen "jakobinischen Wohlfahrtsausschuss". Der "gehört in die Grube und dann zugeschissen".

© SZ vom 21.1.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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