Grünen-Landeschef Hallitzky:Politprofi mit Außenwirkung

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"Nichtstuer Seehofer und seine Marionetten": Der neue Landeschef der Grünen in Bayern, Eike Hallitzky, attackiert die regierende CSU heftig. Dennoch soll Schwarz-Grün an ihm nicht scheitern - wenn ein paar Bedingungen erfüllt sind.

Von Frank Müller, Hirschaid

Die Anspannung ist erst seit ein paar Minuten abgefallen von Eike Hallitzky, da geht der neue Grünen-Landesvorsitzende schon in die Vollen. Mit 51 Prozent hat er gerade die Wahl gewonnen im neuen Energiepark im oberfränkischen Hirschaid, der 54-Jährige neue Chef steht neben der Bühne und gibt die ersten Interviews. An ihm werde Schwarz-Grün in Bayern nicht scheitern, sagt er.

Außer der dann in Frage kommende Ministerpräsident hieße Seehofer, Söder oder Haderthauer. "Zu denen kann man kein Vertrauen haben", sagt Hallitzky sehr klar. Über Ilse Aigner kommt so ein Satz nicht, aber das ist kein Vertrauensbeweis. "Ich kenne sie tatsächlich nicht", sagt Hallitzky. Die Wirtschaftsministerin kam erst in den Landtag, als Hallitzky vor einem Jahr gerade herausgewählt worden war wegen des schlechten Wahlergebnisses von 8,6 Prozent.

Nun ist der Wahl-Niederbayer, der bis zum vergangenen Herbst für Passau-Land im Maximilianeum saß, unübersehbar wieder da - als Sieger eines spannenden Zweikampfs, in dem ihn viele schon im Hintertreffen wähnten. Gegenkandidat Markus Büchler, 41, aus München-Land hatte gewichtige Fürsprecher, ist im starken Oberbayern gut verankert und genießt als Hintergrundarbeiter einen guten Ruf in der Partei.

Der Nachwuchsmann aus der Kommunalpolitik unterliegt

Doch die entscheidet sich bei ihrer Landesversammlung nicht für den Nachwuchsmann aus der Kommunalpolitik, sondern für den Politprofi mit Außenwirkung. Hallitzky gilt als guter Redner und er hat viele Verdienste, vor allem in der Finanzpolitik und bei der Aufarbeitung des BayernLB-Skandals.

Dass er auf Außenwirkung und Aufmerksamkeit aus ist, macht Hallitzky nicht nur durch auffällige rote Turnschuhe deutlich. "Nicht nur nach innen gerichtet", sieht er seine Arbeit - eine Spitze gegen Büchler. "Wir müssen glaubwürdig unsere zentralen Themen nach außen vertreten."

Zweikampf um die Parteispitze
:Grüne Kuschel-Kämpfer

Nur einer von beiden kann bayerischer Grünen-Chef werden. Doch Eike Hallitzky und sein Kontrahent Markus Büchler gehen miteinander so betont freundlich um, dass ihr Ringen um Wählerstimmen eher einer Umarmung gleicht.

Von Heiner Effern und Frank Müller

Er arbeitet sich ab an Prominenz, an den "Seehofers und Aiwangers". Immer wieder ist es der Ministerpräsident, an dem Hallitzky sich reibt. Die Grünen sollten "den Allesversprecher und Nichtstuer Seehofer und seine Marionetten endlich da hinschicken, wo sie hingehören, nämlich in die Fußnoten der Geschichtsbücher".

Dass die Tagesform den Ausschlag geben könnte bei dem Kopf-an-Kopf-Rennen, war in der Partei immer wieder gesagt worden. Es gebe keinen deutlichen Favoriten, dazu auch keine klaren regionalen Allianzen unter den Delegierten. Büchler galt als Mann von Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter (dessen Münchner Mitarbeiter er ist) und auch als Favorit des bisherigen Landeschefs Dieter Janecek, der sich intern schon häufiger als Erneuerer gezeigt hat.

Hallitzkys Vorteil: Er erzeugt Aufmerksamkeit

Hallitzky dagegen hat noch viele Freunde in der Landtagsfraktion. Dort schätzen sie ihn, weil er Aufmerksamkeit erzeugen und bei Großthemen mitspielen kann. Die beiden Lager arbeiten sich aneinander ab und sehen wechselseitig Strippenzieherei am Werk. Gleichzeitig betonen viele, beide seien gute Kandidaten. Das Wort vom "Luxusproblem" bei dieser Auswahl macht in Hirschaid ständig die Runde.

Als es dann am Sonntagvormittag ernst wird, gibt es zunächst etwas Aufregung. Hallitzky lässt bei den eintreffenden Delegierten mit Flugblättern für sich werben, das wertet das Büchler-Lager als schlechten Stil. Dass sich dennoch die Gewichte leicht zu seinen Gunsten verschoben haben, ist schon vor der Wahl zu spüren. Hallitzky sei ein Mann mit vielen Verdiensten, heißt es bei den Delegierten, Büchler habe dagegen noch Zeit. Ohnehin sind die Parteimitglieder nicht in Krawalllaune, sondern in harmonischer Stimmung.

Außerdem schafft es Hallitzky, das für ihn gefährlichste Thema abzuräumen: In der Partei wird viel darüber spekuliert, ob er ein neues Parlamentsmandat anstrebt, etwa bei der Bundestagswahl 2017. Das würde bedeuten, dass er ein Jahr vor der wichtigen Landtagswahl mit mindestens einem Bein in Berlin wäre - für viele Grüne eine untragbare Perspektive.

"Ich weiß nicht, wer dieses Gerücht in die Welt gesetzt hat, es ist falsch", sagt Hallitzky in seiner Bewerbungsrede. Eine Hintertür bleibt offen. Nach der Wahl sagt er: "Sie müssen davon ausgehen, dass ich es zu 99,5 Prozent nicht mache."

So endet der Zweikampf schon im ersten Wahlgang knapp, aber klar. Büchler bekommt 47 Prozent, Hallitzky 51, eine Handvoll Stimmen gibt den Ausschlag. Hallitzky macht nicht nur mit Attacken gegen die CSU deutlich, wie er sein Motto "ich stehe für ein kraftvolles Grün pur" umsetzen will. Er legt sich auch umgehend mit der SPD an: SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher, der sich gerne als Anführer eines Oppositionsbündnisses mit untergeordneten Freien Wählern und Grünen sähe, hat im Vorfeld des Grünen-Treffens gestänkert gegen eine schwarz-grüne Option.

Ob sich die Grünen in die "Fußstapfen von Guido Westerwelle und Martin Zeil begeben" wollten, stichelt Rinderspacher im Münchner Merkur. Hallitzky gibt gleich kontra. "Vielleicht klappt's ja auch mit der SPD. Der Rinderspacher soll sich mal ein bisschen anstrengen." Am Sonntag gratuliert die SPD dann brav und wünscht "eine glückliche Hand".

© SZ vom 20.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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