Geburt Jesu:Die Suche nach dem wahren Stern

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Auch bei uns leuchten sie: Sterne in der Freisinger Innenstadt. (Foto: Marco Einfeldt)

Wahrheit oder Mythos? Seit Jahrhunderten beschäftigen sich Theologen und Astronomen mit der Frage, was der Stern von Bethlehem in Wirklichkeit war. Der Astrophysiker Thomas Boller aus Hallbergmoos hat da eine Theorie.

Interview von Francesca Polistina, Hallbergmoos

Egal, ob in der Weihnachtskrippe, als Spitze des Christbaums oder als ganz normale Deko: Der Stern ist aus der Weihnachtszeit nicht mehr wegzudenken. Doch war es tatsächlich ein Stern, welcher die Geburt Jesu ankündigte und den Weisen aus dem Morgenland den Weg nach Bethlehem zeigte, wie im Matthäus-Evangelium erzählt wird? Und falls nicht: Was war es dann?

Seit Jahrhunderten beschäftigen sich Theologen und Astronomen mit dieser Frage. Keiner kann mit letzter Gewissheit behaupten, wann Jesus wirklich geboren ist und was der Stern von Bethlehem in Wirklichkeit war - und inzwischen betrachten viele Theologen den Stern von Bethlehem als eine Legende, die zwar eine theologische Funktion hat, aber historisch nicht zu belegen ist.

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Doch manchmal sind das Erfundene und das Reale so eng miteinander verbunden, dass sie nicht mehr zu trennen sind, und so bleibt der Stern, wie vieles in der Religion, eine Glaubensfrage. Eines ist aber sicher, meint der Hallbergmooser Astrophysiker Thomas Boller, der am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching tätig ist: Ein Komet war es nicht. Und eine Supernova auch nicht.

Herr Boller, die Geburt Jesu wird traditionell mit einem Kometen dargestellt. Ist das nachvollziehbar?

Die Vorstellung von einem Kometen als Zeichen für die Geburt Jesu geht auf das Mittelalter zurück, insbesondere auf den italienischen Maler Giotto di Bondone. Giotto realisierte in der Scrovegni-Kapelle in Padua eine Geburtsszene mit einem Kometen, die seitdem vielfach kopiert wurde. Die Szene malte er in den Jahren zwischen 1304 bis 1306. Kurz davor, im Jahr 1301, war der Halleysche Komet sehr hell zu sehen. Giotto ließ sich wahrscheinlich davon inspirieren.

Das Problem ist aber, dass der Halleysche Komet alle 76 Jahre erscheint: Er wurde im Jahr 12 vor Christus gesehen, und nicht im Zeitraum zwischen 9 und 4 vor Christus - das heißt zwischen der Volkszählung und dem Tod von Herodes - wo die angenommene Geburt Jesu stattgefunden haben soll. Andere Kometen sind für diese Zeit nicht dokumentiert. Und selbst wenn: Wahrscheinlich hätte man sie nicht als Zeichen für die Geburt Christi interpretiert.

Warum?

Weil Kometen seit jeher als Überbringer von Unglück gelten. Als Zeichen von Tod, Pest, Krieg. Dass man sie als etwas Positives deutet, ist eher etwas Neueres.

Der Hallbergmooser Astrophysiker Thomas Boller arbeitet am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching. (Foto: Marco Einfeldt)

Eine andere Theorie besagt, dass der Weihnachtsstern in Wirklichkeit eine Supernova gewesen sei - also ein explodierender Stern.

Das ist die Theorie von Johannes Kepler. Er beobachtete 1604 eine Supernovaexplosion und vermutete, dass auch der Stern von Bethlehem ein "neuer Stern" gewesen sein könnte. Gegen Supernova und gegen Kometen spricht aber auch, dass beide über Tage gut sichtbar gewesen wären. So ein Ereignis wäre also nicht nur den drei sternkundigen Gelehrten aufgefallen, also den Heiligen Drei Königen der Tradition, sondern allen. Aber diesbezüglich findet sich keine schriftliche Erwähnung.

Was ist die für Sie wahrscheinlichste Theorie?

Ein Ereignis, das sicher stattgefunden hat, ist die Konjunktion zwischen den Planeten Jupiter und Saturn im Sternbild Fische.

Wie können Sie berechnen, wie der Himmel über Palästina vor 2000 Jahren aussah?

Mittels eines digitalen Planetariums kann man das Aussehen des Himmels von jedem beliebigen Ort zu jeder beliebigen Zeit in der Vergangenheit oder Zukunft abbilden. Ich habe mir den Himmel im Zeitraum vor 9 vor Christus bis 4 vor Christus angeschaut. In diesem Zeitraum findet im Jahr 7 vor Christus mehrmals der gemeinsame Aufgang von Jupiter und Saturn in Konjunktion statt. Mit dem menschlichen Auge kann man diese Konjunktion als einen einzigen Stern wahrnehmen.

Wann fanden diese Konjunktionen im Jahr 7 vor Christus statt?

Der erste gemeinsame Aufgang fand am 15. März statt, sichtbar zwischen 4.30 und 5 Uhr Ortszeit Jerusalem. Das war das Zeichen, auf das die Sternkundigen aus Damaskus gewartet hatten: Jesus wurde geboren. Im September desselben Jahres kam es dann zu einem gemeinsamen Abendaufgang von Jupiter und Saturn. Für die Sternkundigen war dies die Bestätigung für die Geburt Jesu, also machten sie sich auf den Weg von Damaskus nach Jerusalem. Dort angekommen, suchten sie nach dem neuen König. Am 13. November, zwischen 19 und 20 Uhr, standen Jupiter und Saturn von Jerusalem aus gesehen "still" in Richtung Bethlehem. Dieser optische Effekt ereignet sich, wenn die Planeten eine rückläufige Bewegung vor dem rotierenden Sternhimmel vollziehen. Die Gelehrten gingen also nach Bethlehem und fanden ein acht Monate altes Kind. Auch symbolisch passt dies.

Wie meinen Sie das?

Jupiter galt schon immer als Königsstern, Saturn stand jedoch für das Volk der Israeliten. Das Sternbild Fische war ein Symbol für Palästina und die Konjunktion symbolisierte die Übertragung des Königsheils. Für die Himmelskundigen musste diese kosmische außerordentliche Situation die Bestätigung ihrer Vorhersagen sein.

Wenn Jesus nicht am 25. Dezember geboren wurde, wie viele behaupten, woher kommt denn dieses Datum?

Der 25. Dezember wurde im Römischen Reich als Tag der Geburt des Sonnengottes gefeiert (Sol Invictus). Als das Christentum sich ausbreitete, überlagerten sich einige christliche Feierlichkeiten mit bestehenden heidnischen Festen. Im 4. Jahrhundert legte vermutlich Papst Julius I. den 25. Dezember als offiziellen Feiertag für die Geburt Christi fest. Diese Wahl könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass sie mit bereits etablierten Feiern zusammenfiel.

Sie feiern es aber traditionell?

Ja! Der Heilige Abend bleibt der 24. Dezember. Es ist für mich der Tag der Vorfreude und Erwartung auf das Weihnachtsfest.

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