Familienpolitik:Ein Platz für Kinder

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Wohin mit den Kindern? Zwar gibt es seit 2013 einen Anspruch auf einen Kitaplatz. Einen zu bekommen, bedeutet das aber nicht. (Foto: Omer Messinger/Getty)

Die Betreuungssituation in Augsburg ist angespannt. Die ersten Eltern haben nun geklagt. Die Stadt verspricht Abhilfe unter anderem mit einer Kita-App

Von Florian Fuchs, Augsburg

Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz besteht seit dem Jahr 2013, insofern hat es lange gedauert in Augsburg. Nun aber ist bei der Stadt die erste Klage eingegangen von Eltern, die bei der Vergabe der Plätze leer ausgegangen sind. Die Lage in der Stadt hat sich noch einmal deutlich verschlechtert, im Vergleich zum vergangenen Jahr gibt es knapp 500 statt 400 Plätze zu wenig in Betreuungseinrichtungen. Die Stadt reagiert, indem sie die Tages- und Großtagespflege ausbauen und eine Kita-App anbieten will, über die sich Eltern leichter informieren und anmelden können. Sozialreferent Stefan Kiefer (SPD) kündigt außerdem für die Zukunft eine deutliche Entspannung für Eltern an, da in den kommenden Jahren zahlreiche neue Betreuungsplätze geschaffen werden.

Es seien bislang schon immer mal wieder Schreiben von Anwälten eingegangen, sagt Kiefer. Über die sogenannten Kids-Stützpunkte der Stadt, die unter anderem die Platzvergabe in den einzelnen Stadtteilen koordinieren sollen, seien aber immer noch freie Plätze für verzweifelte Eltern gefunden worden. Die Eltern, die nun eine Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht haben, seien offenbar gar nicht bei einem der Stützpunkte vorstellig geworden. Die Stadt hat schnell reagiert und vermeldete am Mittwochnachmittag, dass eine Lösung gefunden wurde. Zahlreiche andere Eltern, die keinen Platz finden, gehen laut Kiefer in die Tagespflege oder versuchen sich selbst zu helfen, indem zum Beispiel ein Elternteil die Arbeitszeit kürze.

Die schlechte Bilanz an fehlenden Betreuungsplätzen führt Augsburgs Dritter Bürgermeister auf die "Korridor-Regelung" zurück, die dieses Jahr erstmals greift: Eltern können nun selbst angeben, ob sie Kinder, die zwischen Juli und September sechs Jahre alt werden, einschulen oder zurückstellen lassen. Bisher entschieden darüber die Schulleiter. In Augsburg wählten zahlreiche Eltern die Zurückstellung: 260 Kinder bleiben von Herbst an ein Jahr länger im Kindergarten, viele Dreijährige bekommen deshalb keinen Platz. Insgesamt fehlen der Stadt 167 Kitaplätze, 271 Kindergartenplätze und 56 Hortplätze.

Seit 2016 forciert die Stadt die Aufgabe, Kitaplätze zu schaffen, eine "Task Force Kita" treibt den Ausbau von Betreuungsplätzen referatsübergreifend voran. 13 337 Plätze gibt es in der Stadt, das Ziel sind 16 000. "Viele Kitas, deren Bau wir seit 2016 beschlossen haben, werden in den nächsten beiden Jahren fertig", kündigt Sozialreferent Kiefer an. "Deshalb erwarte ich eine deutliche Entspannung." Von der Idee bis zur Eröffnung dauere es in der Regel vier Jahre. Alleine im Jahr 2020 sollen mehr als 1000 Kitaplätze neu entstehen.

Um die Engpässe zu überbrücken, will die Stadt nun auch die Tages- und Großtagespflege weiterausbauen. Das hat die Verwaltung bereits 2018 versucht, allerdings mit wenig Erfolg. Neue Maßnahmen sollen neue Anreize setzen: mehr Geld für Tagesmütter zum Beispiel, Hilfe beim Bau neuer Standorte und ein Kostenzuschuss von 100 Euro auch für Eltern, die ihre Kindergartenkinder in einer Tagespflege unterbringen. Diesen Zuschuss gibt es vom Freistaat für reguläre Kitaplätze, die Stadt will die Tagespflege damit gleichstellen. Die CSU warnte allerdings, dass die Stadt die 1,6 Millionen Euro, die für all diese Punkte notwendig wären, womöglich nicht in vollem Umfang aufbringen kann.

Auch um den Abgleich zwischen Kitaplätzen und Kapazitäten der Tagespflege zu erleichtern, will Augsburg eine Kita-App aufbauen. Andere Städte wie München, Nürnberg und Würzburg arbeiten bereits mit solchen Programmen, was Augsburger Stadträte von CSU und Grünen am Mittwoch kritisierten: Die Stadt befinde sich "im digitalen Steinzeitalter". Jugendamtsleiter Joachim Herz, seit Mai neu im Amt, stimmte zu, dass es für eine Großstadt "weder familienfreundlich, noch zeitgemäß" sei, Eltern Anmeldungen für Kitaplätze zu Fuß erledigen zu lassen. Eine Software solle mehr Transparenz schaffen. Bis solch ein Programm vollständig eingesetzt werden kann, dauert es aber wohl vier Jahre. Sozialreferent Kiefer begründet das mit langwierigen Ausschreibungen und komplizierten Abstimmungen mit freien Trägern, die im Jugendhilfeausschuss bereits Bedenken anmeldeten: Unter anderem müssten die eigenen Softwaresysteme der Träger kompatibel sein. Einen Grundsatzbeschluss, eine Kita-App zu entwickeln, gab es bereits im Jahr 2012. Die Arbeit daran wurde allerdings jahrelang zurückgestellt. 2017 nahm die Verwaltung die Planung wieder auf, allerdings fehlten die vergangenen beiden Jahre laut Sozialreferat personelle Ressourcen, um die Einführung einer solchen Software zu forcieren.

© SZ vom 11.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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