Ermittlungen im Fall Maria Baumer:"Ich versuche, ihr Kraft zu schicken"

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Zum Beten in der Kirche: Der Verlobte der toten Maria Baumer in der Sendung "Aktenzeichen XY". (Foto: N/A)

Im vergangenen Herbst trat der Verlobte der verschwundenen Maria Baumer mit ergreifenden Worten in der Fernsehsendung "Aktenzeichen XY" auf. Heute deutet vieles darauf hin, dass er sie getötet hat.

Von Wolfgang Wittl

Es sind ergreifende Szenen, die im Oktober vergangenen Jahres in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY" zu sehen waren: ein junger Mann etwa, wie er eine Kerze in einer Kirche entzündet, in der er seine Verlobte Maria Baumer heiraten wollte. Immer wieder kehre der Mann an diesen Ort zurück, an dem er mit Maria den schönsten Tag ihres gemeinsamen Lebens verbringen wollte, sagt eine Sprecherin. Die Einladung zur Hochzeit zeigt ein lächelndes Paar, das die meisten Karten bereits ausgefahren hatte. Dann sagt der Mann: "Ich versuche ihr durch Wünsche und, man kann es schon Gebete nennen, klar, Kraft zu schicken oder einen Wunsch zu schicken, dass sie sich meldet. Weil das ist der Hauptwunsch, den wir alle haben."

Seit Mittwoch weiß man, dass Maria Baumer sich nie mehr melden wird. Die 26 Jahre alte Frau aus Muschenried im Landkreis Schwandorf, Vorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung in Bayern, war Tage zuvor nach fast 16 Monate langer Suche tot aufgefunden worden. Pilzsammler hatten Teile des Skeletts in einem Wald im Landkreis Regensburg entdeckt. Tatverdächtig ist ein 28 Jahre alter Mann aus Regensburg, das Amtsgericht hat gegen ihn Haftbefehl wegen Totschlags erlassen. Vieles deutet darauf hin, dass es sich um Maria Baumers Verlobten handelt.

Offiziell bestätigen wollen die Ermittler das nicht, doch auch in Polizeikreisen ist die Betroffenheit groß. Sollte sich der Verdacht bewahrheiten, bedürfe es schon einer besonderen Abgebrühtheit, sich im Fernsehen derart hinzustellen, sagen erfahrene Beamte.

18 Minuten hat "Aktenzeichen XY" auf die Suche nach Maria Baumer verwendet. Zu sehen sind ihre Zwillingsschwester, ihr Vater und ihre Mutter, die mit stockender Stimme an der Ungewissheit verzweifelt: "Es ist die Hölle." Und immer wieder Baumers Verlobter, der detailliert die letzten Momente vor dem angeblichen Verschwinden nachzeichnet.

Samstag, 26. Mai 2012: Eine nachgestellte Szene zeigt einen jungen Mann, der seiner schlafenden Freundin Kaffee ans Bett bringt und sie auf die Wange küsst. Er sei um sieben Uhr aufgestanden und kurz darauf Joggen gegangen, sagt Baumers Verlobter. Nach seiner Rückkehr um zehn Uhr sei Maria verschwunden gewesen. Um 14 Uhr habe sie sich aus Nürnberg gemeldet, um 16.30 Uhr noch einmal. Sie fahre weiter nach Hamburg und werde in zwei Tagen zurückkehren, habe sie gesagt. Dass sie eine Auszeit brauche und dass sich niemand Sorgen machen müsse. Als sie am Montag nicht zurückkam, gaben ihre Schwester und ihr Verlobter eine Vermisstenanzeige auf. Es steht zu vermuten, dass Maria Baumer die Heimat nie verlassen hat.

Gesichert ist: Den Abend vor dem angeblichen Verschwinden verbrachte Baumer mit ihrem Freund beim Grillen auf einem Hof unweit der Stelle, an der ihre Leiche gefunden werden sollte. Ihr Verlobter war offenbar die Person, zu der Baumer zuletzt Kontakt hatte. Weder rief sie ihre Familie an noch ihren Arbeitgeber, für den sie erst seit einer Woche tätig war. Für die Polizei ist ihr Verschwinden "absolut mysteriös", für ihre Familie unerklärlich. Zuverlässig sei die Maria gewesen, gewiss keine Geheimniskrämerin, sagt ihre Schwester.

Warum dieser überstürzte Aufbruch?

Nach der Sendung gingen Dutzende Hinweise ein. Zeugen wollten Maria Baumer mal im Ruhrgebiet gesehen haben, mal in der Nähe von Weiden. Sie sei auf dem Jakobsweg unterwegs, habe sie gesagt. Sogenannte Mantrailing-Hunde, die nach Monaten noch die Spuren von Vermissten in der Luft wittern können, schlugen im Ruhrgebiet tatsächlich an. Die Polizei wird nun wohl prüfen, ob die Spuren absichtlich gelegt wurden. Baumers Verlobter sagte, er habe bemerkt, dass aus dem Schrank zwei, drei T-Shirts und Hosen fehlten.

Die Verteidigung des Verdächtigen hat der Regensburger Strafanwalt Michael Haizmann übernommen. Sobald er Akteneinsicht habe, werde er eine Haftbeschwerde prüfen, teilte Haizmann dem Bayerischen Rundfunk am Freitag mit. Der Haftbefehl sei "eher knapp" formuliert und stütze sich auf Indizien. Zu vergangenen Fernsehauftritten äußerte er sich nicht.

Auch nicht dazu, wie Baumers Verlobter sich in der Kirche voller Betroffenheit erinnerte, wie Maria und er an Silvester vorausgeblickt hätten: Wie sie sich unterhalten hätten, "dass das unser Jahr wird".

© SZ vom 14.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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