Altötting:Trotz Nein in Bürgerentscheid: Windpark wird weiterverfolgt

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Die Sonne geht hinter Windrädern auf. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa/Symbolbild)

Wind und Sonne soll wesentlich zur Energieversorgung der Zukunft beitragen. Nun haben die Bürger einer Gemeinde dem Plan zu Bayerns größtem Windpark in Altötting eine Absage erteilt. Die Politik sucht nach Antworten: Woher diese Ablehnung? Und: Was wird aus dem Projekt?

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Mehring (dpa/lby) - Auch nach dem Nein der Mehringer Bürger zu Windrädern wollen die Staatsregierung, die Bayerischen Staatsforsten und das Unternehmen Qair grundsätzlich an dem Projekt im Altöttinger Forst festhalten. „Ich bin nach wie vor dafür, Windräder in der Region zu errichten, um erneuerbare Energie für den Chemiepark und die Bürger zu erzeugen“, sagte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) am Montag. Im Landkreis Altötting soll Bayerns größter Windpark entstehen, das Investitionsvolumen wird auf rund 400 Millionen Euro veranschlagt.

Die Bürgerinnen und Bürger in Mehring im Landkreis Altötting hatten am Sonntag in einem Ratsentscheid und einem Bürgerentscheid mit großer Mehrheit Windkraftanlagen auf ihrem Gemeindegebiet abgelehnt. Dort sollten nach bisherigen Plänen etwa zehn von 40 Windkraftanlagen entstehen. Der Gemeinderat von Mehring hatte dem Projekt im Vorjahr zugestimmt. Bürgermeister Robert Buchner (Freie Wähler) kündigte nun an, er werde beantragen, die Zustimmung zu widerrufen. Er bedauere die Entscheidung. Der Bürgerwille sei aber bindend.

„Die Entscheidung der Bürger von Mehring zeigt, dass sie mehrheitlich von der bisherigen Planung nicht überzeugt sind. Es gilt jetzt zu prüfen, wie das Windenergie-Projekt weitergeführt wird“, sagte Aiwanger.

Die Staatsforsten teilten mit, das Ergebnis des Bürgerentscheids werde respektiert. „Die Bayerischen Staatsforsten und der Projektentwickler Qair Deutschland sind sich einig, dass das Gesamtprojekt Ausbau der Windenergie im Burghauser und Altöttinger Forst weiterverfolgt werden soll.“

Das Unternehmen Qair sei weiter vom Projekt und seinen Vorteilen für die Energiewende sowie vom Mehrwert speziell für die Region überzeugt, sagte Geschäftsführerin Heike von der Heyden auf Anfrage. „Wir haben unsere Kommunikation und Aufklärung von Seiten Qair bereits intensiviert, verstehen aber den Bürgerentscheid gleichzeitig als Auftrag, hier zusammen mit den weiteren Entscheidern noch besser die Vorteile zu erklären und Fehlinformationen aufzulösen.“

Die Initiative „Gegenwind Altötting“, die das Mehringer Bürgerbegehren initiiert hatte, hat weitere Bürgerbegehren in Nachbarorten angekündigt. Dabei will Bayern den Ausbau der Windkraft vorantreiben - lange behindert durch die nun gelockerte 10H-Abstandsregel, nach der Windräder das Zehnfache ihrer Höhe von Siedlungen entfernt sein mussten.

SPD und Grüne warfen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Aiwanger vor, für das Mehringer Ergebnis mitverantwortlich zu sein. „Was wir sehen, sind die Geister, die Söder und Aiwanger riefen“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze. „Jahrelang haben sie und ihre Parteien gegen die Windkraft gewettert und sie mit allen Mitteln verhindert. Natürlich verfangen ihre Phrasen im Land. Mit dem Ergebnis muss im Falle von Mehring jetzt die Industrie im Chemiedreieck leben, die sich dringend ausreichend lokale und bezahlbare Energie wünscht.“

SPD-Fraktionschef Florian von Brunn sagte: „Man kann nicht jahrelang ohne Folgen gegen Windräder Stimmung machen.“ Er sprach von einem schweren Rückschlag für den Industrie- und Chemiestandort Bayern und für den Klimaschutz. Nötig sei nun eine Öffentlichkeitskampagne und breite Aufklärung über die Notwendigkeit von Windkraft. „In fünf Jahren Aiwanger ist bei der Energiewende, insbesondere beim Wind viel zu wenig passiert. Im Jahr 2023 wurden im Freistaat nur sieben neue Windräder in Bayern gebaut - in ganz Deutschland über 740.“

Die nun geplanten 40 Windräder könnten mit einer Gesamtleistung von 288 Megawatt rechnerisch rund 150.000 Haushalte mit sauberem Windstrom versorgen. Der Windpark soll auch dem bayerischen Chemiedreieck mit Tausenden Arbeitsplätzen zusätzliche Energie liefern. Etwa zehn Prozent des hier benötigten Stroms, so heißt es, könnten mit dem Wind produziert werden.

Die Initiative „Gegenwind Altötting“ will nun den Antrag auf Zulassung eines Bürgerbegehrens in der Gemeinde Haiming einreichen. „Auch hier liegen bereits mehr als die notwendigen Unterschriften vor“, teilte die Initiative am Montag mit. In Marktl soll es im Juni ein Ratsbegehren geben, das laut „Gegenwind“ gemeinsam mit dem Gemeinderat auf den Weg gebracht wurde. Es gebe bei dem Mehringer Bürgerentscheid keine Sieger oder Verlierer, unterstrich die Initiative. Die Mehringer hätten sich „im Wege gelebter Demokratie für den Erhalt ihrer Heimat, ihrer großartigen Landschaft und des - für das Industriedreieck so wichtigen - Forstes ausgesprochen“.

© dpa-infocom, dpa:240127-99-776238/5

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