Passau, im Dezember, Friedhof Sankt Korona, ein Dienstagmorgen ohne Sonne. Der Pfarrer zupft an seinem Ärmel, schaut auf seine Armbanduhr, fünf nach elf, fünf Minuten drüber. Die Sargträger stehen rum und rauchen und warten, vielleicht kommt ja doch noch jemand. Daneben, im Leichenhaus, zwischen Betonwänden und Kunstlichtkerzen: ein Sarg aus dünnem Kiefernholz, außen rum zehn Stühle, alle leer. Wie ausgestorben, könnte man sagen, wäre man nicht auf einer Beerdigung. Der Pfarrer putzt sich die Nase, ein letzter Blick auf die Armbanduhr, kommt keiner, kann losgehen. Der Pfarrer bekreuzigt sich, und als er sagt, "dass wir heute wieder einmal unter uns sind", da möchte man heulen, ohne den Mann im Kiefernholzsarg überhaupt gekannt zu haben.
Einsame Bestattung:Kaltes Solo
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Ein Grab, ein Pfarrer und zehn leere Stühle: Immer häufiger werden Menschen ohne Begleitung beerdigt. Weder Freunde noch Familie erscheinen, die Kosten für die Bestattung trägt die Kommune. Woran liegt das?
Von Andreas Glas
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