Dialekt:Wahrhaftig Hengersbergisch

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Richard Loibl (links) nimmt die Sprachwurzel von Sepp Obermaier entgegen, dem Vorsitzenden des Bundes Bairische Sprache. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Bayerns zurzeit bekanntestem Museumsmacher Richard Loibl wird die Bairische Sprachwurzel verliehen

Von Hans Kratzer, Straubing

Vor gut elf Jahren hätten sich Richard Loibl, der heutige Chef des Hauses der Bayerischen Geschichte, und er erstmals zu einem Gespräch getroffen, erzählte der Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr am Sonntag recht launig bei der Verleihung der Bairischen Sprachwurzel in Straubing. "Soll ma ned no warten, bis der OB dazukommt?" habe ihm Loibl damals vorgeschlagen, Pannermayr wirkte damals noch sehr jugendlich. "I waar aber scho do!", habe er ihm entgegnet, sagte Pannermayr schmunzelnd, und nachdem dies geklärt war, hätten sie ein wunderbares Gespräch geführt.

Zum 15. Mal hat der Bund Bairische Sprache am Rande des Gäubodenvolksfestes, das am Freitag eröffnet wurde, die Sprachwurzel verliehen. Richard Loibl darf sich nun in eine Reihe illustrer Preisträger einreihen, zu der der emeritierte Papst Benedikt XVI., der Musiker Haindling und die Kabarettistin Martina Schwarzmann gehören.

Sepp Obermeier, der Vorsitzende des Bundes Bairische Sprache, sagte, Loibl habe das Kriterium "Prominente Tabubrecher, die bei offiziellen Anlässen Bairisch reden", in vielen Radio- und Fernsehinterviews übererfüllt. Ausgerechnet Bayerns zurzeit bekanntester Museumsmacher setze sich als Chef des Museums der Bayerischen Geschichte mit seinem Dialektgebrauch dafür ein, "dass die bairische Sprache nicht ins Museum kommt".

Obermeier warf die grundsätzliche Frage auf, warum über einen Sprachpreisträger wie Loibl, dessen muttersprachliches Markenzeichen das "nasalierte a" sei, nicht gespöttelt werde, über einen Landespolitiker mit einem exotisch "dunklen a" als Markenzeichen (Opflsoft) aber schon? Weil Loibls "scha" (statt schon), wie Obermeier fortfuhr, eingebettet sei in einen authentischen Dialektgebrauch, während der Opflsoft im standardsprachlichen Kontext der chronisch dialektvermeidenden Politikerrede nicht authentisch wirke und damit eine logopädische Angriffsfläche böte.

Traditionell wird die Laudatio von einem Hochschulprofessor mundartlich vorgetragen. Diesmal übernahm Hans-Georg Hermann, Professor für Bürgerliches Recht an der LMU München, diese Aufgabe. Er würdigte Loibls Hengersberger Mundart und sagte, durch deren fleißigen Gebrauch werde er dem verfassungsmäßigen Kulturstaatsauftrag gerecht. Wörtlich sagte Hermann: "Historische Wahrhaftigkeit trifft sich bei Loibl mit Sprachwahrhaftigkeit, die er weithin sichtbar als Multiplikator befördert."

Im vollbesetzten Foyer des Straubinger Stadttheaters kam auch der Auftrag des Ministerpräsidenten Markus Söder zur Sprache, dass Dialekte an den Schulen gefördert werden müssen. "Dialekt macht schlau", habe er gesagt, das sehe man auch am Kabinett. "Diese Schlussfolgerung wäre richtig gewesen", entgegnete Obermeier, "wenn der einzig bekennende Dialektsprecher Marcel Huber das Kabinett nicht hätte verlassen müssen." Obermeier bezeichnete Loibl, dessen Behörde dem Wissenschaftsministerium unterstellt ist, als den "letzten dialektalen Retter der Staatsregierung".

Loibl relativierte dieses Lob mit dem Hinweis, dass er als Staatsbeamter der Staatsregierung gar nicht angehöre. Er erzählte dann aber, wie ihn der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer einmal verteidigen musste. Als er nämlich das Ergebnis der Standortsuche für das neue Bayernmuseum bekannt gab, habe er dies mit leichtem Hengersbergischen Tonfall getan, und die Honoratioren hätten irritiert geschaut. Seehofer habe ihnen erklärt, hier rede ein Mann, der mit seinen Ausstellungen schon zwei Millionen Besucher angelockt habe. "Er musste klarstellen, dass der Bairisch redende Referent kein Depp sei", sagte Loibl unter dem Gelächter des Publikums.

© SZ vom 12.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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