CSU und FDP: vergiftetes Klima:Kleinkrieg in der Koalition

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"Professionell ist so etwas nicht": Die anhaltenden Reibereien im schwarz-gelben Bündnis haben eine nie dagewesene Eskalationsstufe erreicht.

O. Przybilla u. K. Stroh

Mit schwarz-gelben Koalitionsregierungen kennt sich Sabine Leutheusser-Schnarrenberger aus - wenn auch mehr auf Bundesebene. So nennt die FDP-Landesvorsitzende alles, was sich CSU und FDP in Bayern am Wochenende gegenseitig um die Ohren hauten, "ein bisschen mehr als das, was normal" für eine Koalition sei.

Professionell ist so etwas nicht", sagt Horst Seehofer (r.) über Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) und wirft ihm vor, zu viel zu "schwadronieren". (Foto: Foto: dpa)

Koalitionäre, die sich wechselweise Inkompetenz und Wählertäuschung vorwerfen, ein Regierungschef, der seinen Minister als unprofessionell bezeichnet - die seit Wochen anhaltenden Reibereien im schwarz-gelben Bündnis hatten eine nie dagewesene Eskalationsstufe erreicht. "Es wäre gut, wenn wir möglichst bald zu normalen Umgangsformen zurückkehren", forderte die FDP-Landeschefin, "nicht erst nach dem 27. September" - also nach der Bundestagswahl.

Doch davon war am Montag nicht viel zu spüren. Die FDP habe sich "völlig im Ton vergriffen mit ihren falschen und unsachlichen Äußerungen", kritisierte Georg Schmid, der Chef der CSU-Fraktion, und rief die Liberalen zur Mäßigung auf. Sein Pendant von der FDP, Thomas Hacker, zweifelte daran, dass Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) "an konstruktiver Arbeit" interessiert sei. Der wiederum ließ ausrichten: "Wir gehen unbeirrt unseren Weg der aktiven Wirtschaftspolitik in allen Teilen Bayerns. Der schlechte Stil der FDP ändert daran nichts."

Vor drei Wochen gingen CSU und FDP zerstritten in die Sommerpause - entzweit hatten sie sich über mögliche Staatshilfen für Schaeffler. Nun war das insolvente Versandhaus Quelle der Auslöser. Bei einem Besuch dort hatte Seehofer am Freitag versprochen, ein Hilfsprogramm für die Region und die mindestens 1500 von Entlassung bedrohten Mitarbeiter zu entwickeln. Als Chefsache.

Anschließend ging er bei einem Besuch der Frankenpost zum Frontalangriff auf seinen Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) über. Dieser habe in Hof unabgesprochen und viel zu früh die Ansiedlung einer Firma im örtlichen Automobilzulieferpark verkündet - mit 300 Arbeitsplätzen. "Professionell ist so etwas nicht", sagte Seehofer über Zeil und warf ihm vor, zu viel zu "schwadronieren".

"Nicht erstklassig"

Der Gesamteindruck von Zeils Ministerium sei "nicht erstklassig", dessen Außendarstellung "nicht zufriedenstellend". Und dass Umweltminister Markus Söder (CSU) zuvor in Seehofers Beisein gesagt hatte, Zeil sei bei Quelle "überfordert", findet Leutheusser-Schnarrenberger "unterste Schublade". Sie sagt: "Das können wir nicht hinnehmen."

Sie saß, wie auch Zeil, mit Hacker an einem Tisch, als der daraufhin eine Pressemitteilung formulierte, in der er Seehofer scharf angriff und des Wortbruchs zieh. Zu Seehofer sagt Leutheusser-Schnarrenberger, eine Wirtschaftspolitik könne sie bei ihm nicht erkennen: "Vor Ort wird das Füllhorn schnell geöffnet, auch wenn nichts drin ist." Ein "Sommertheater" nennt Schmid das wiederum, denn allein die CSU kümmere sich um Menschen wie Arbeitsplätze in der Region Nürnberg.

Dabei hatte Seehofer dort beileibe nicht nur Neuigkeiten verkündet. Auf der Liste seiner Strukturmaßnahmen für die Region findet sich etwa auch die BayernFit GmbH, eine Beratungsstelle für Firmen und Hochschulen, denen sie bei der Suche nach Fördertöpfen beim Bund oder der EU helfen soll. Ihre Ansiedelung in Nürnberg hatte vor einem Jahr schon der damalige Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) angekündigt. 120 Mitarbeiter sollen dort einen Job finden, der Betrieb soll aus einem zweckgebundenen Fonds in Höhe von 100 Millionen Euro finanziert werden. Viel ist freilich nicht passiert seitdem: Das Projekt sei "längst zugesagt und überfällig", ärgert sich Nürnbergs CSU-Wirtschaftsreferent Roland Fleck. Er zeigte sich aber - wie auch andere fränkische Kommunalpolitiker - zufrieden, dass Seehofer die Koordinierung der Projekte nun zur Chefsache gemacht und damit dem Wirtschaftsministerium entzogen hat.

Exakte Zahlen, wie viel dem gebeutelten Mittelfranken an Förderung zufließen soll, will Seehofer nicht nennen. Dies würde sogleich Begehrlichkeiten in anderen Landesteilen wecken, erklärt er. Allein die Kosten für die beiden großen Projekte in Nürnberg, BayernFit und Energiecampus, ein Zentrum für Energieeffizienz, würden sich auf 200Millionen Euro addieren.

© SZ vom 25.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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