CSU-Oberbayern-Chefin Ilse Aigner:Die Frau mit den eisernen Nerven

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Nicht einmal Parteichef Seehofer hatte sich zuletzt für Ramsauer stark gemacht. Doch Oberbayerns CSU-Chefin Ilse Aigner hat stets zu dem Verkehrsminister gehalten und im Hintergrund die Strippen gezogen. Eine andere Frau hingegen wurde auf dem Parteitag abgestraft.

Mike Szymanski

Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sitzt vor diesem mickrigen Stück Kuchen und sieht dabei so glücklich aus wie ein kleines Mädchen vor ihrer ersten Geburtstagstorte. Rechts und links von ihr stehen ihre Parteifreunde, umarmen sich, klopfen sich auf die Schulter. Die CSU hält ihren Parteitag ab und es gibt Gewinner und Verlierer.

CSU-Oberbayern-Chefin Ilse Aigner hat Nerven bewiesen und bis zuletzt zu Verkehrsminister Peter Ramsauer gehalten. (Foto: SEYBOLDT4MEDIA)

Aigner, 46 Jahre alt und erst seit ein paar Wochen Chefin der mächtigen Oberbayern-CSU, hat gerade den Gewinner gemacht. Verkehrsminister Peter Ramsauer war ihr Kandidat für einen der vier Stellvertreterposten von Horst Seehofer. Und Ramsauer war in Not. Euro-Skeptiker Peter Gauweiler machte ihm den Posten streitig und forderte ihn zum Duell heraus. Der kantige, populäre Gauweiler gegen den glatten, wenig beliebten Ramsauer. Das Rennen schien gelaufen zu sein. Gauweiler war der Favorit. Nicht einmal Seehofer wollte bis zum Parteitag einen Finger für Ramsauer rühren.

Aber Aigner legte sich für ihren Ministerkollegen ins Zeug, auch wenn sie fürchten musste, mit seiner Niederlage Blessuren davonzutragen. "Das ist meine Aufgabe als Bezirkschefin", erklärte sie vor der Wahl und auch jetzt danach. Sie hat viel herumtelefoniert, sie hat persönlich auf die Delegierten eingeredet und erklärt, was für ein fatales Signal es doch sei, einen Bundesminister mit Milliarden-Etat derart öffentlich zu demontieren. Sie hat mit den anderen Bezirkschefs verhandelt, geräuschlos, wie das ihre Art ist.

Und sie hat Peter Ramsauer schließlich trotz aller Wetten gegen ihn durchgebracht. Mit hauchdünner Mehrheit zwar, aber das war ihr Verdienst. Jetzt kommt höchstes Lob vom Chef selbst: "Sie hat eisern Nerven bewahrt", sagt Seehofer. Aigner hat auf diesem Parteitag alle in der CSU beeindruckt. Und es spricht für sich, dass sie bei ihrer eigenen Wahl in den Vorstand das beste Ergebnis aller Bezirkschefs eingefahren hat. Die Delegierten finden die oberbayerische CSU in den Händen dieser Frau offenbar gut aufgehoben. Von wegen, nur Männer könnten Strippen ziehen.

Einer anderen Frau in der CSU geht diese Fähigkeit tatsächlich komplett ab - Bayerns Justizministerin Beate Merk, 54. Sie hat ziemlich unverblümt mitgeteilt bekommen, dass die Delegierten am ehesten auf sie im engsten Parteivorstand verzichten würden. Ohne Gegenkandidaten kam sie nur auf 63,2 Prozent der Stimmen. Hätte Seehofer seiner Partei nicht eine Frauenquote aufgezwungen und vollmundig 2011 als das Jahr der Frauen in der Partei ausgerufen, wäre sie womöglich dieses Mal aus dem Vorstand herausgeflogen.

So aber galten die Frauen, die schon im engsten Parteivorstand als Vizes vertreten waren und wieder antreten wollten, als unantastbar. Das hatte die Delegierten nicht davon abgehalten, Merk eine Warnung mitzugeben. Als das Ergebnis verkündet wird, muss sie sich Merk zusammenreißen, ihre Enttäuschung zu verbergen. Merk ist der Gegenentwurf zu Aigner. Sie macht ihr eigenes Ding. Sie ist überhaupt keine Netzwerkerin, was womöglich auch damit zusammenhängt, dass sie nicht mit der CSU groß geworden ist. Sie stammt aus Niedersachsen und kam erst zum Studium nach München. Als Justizministerin schafft sie es schon immer wieder, bundesweit in Erscheinung zu treten.

Aber sie hatte keine sonderlich große Ausstrahlung im Kabinett entfaltet, viele können auch einfach nicht mit ihrer kühlen Art. Dass sie keine Kinder hat und die Ehe nicht als zwingend empfindet, macht es Merk nicht unbedingt leichter in der CSU. Andererseits ist aber auch Aigner nicht verheiratet und hat ebenfalls keine Kinder. Dennoch ist Aigner beliebt. Daran allein kann es nicht liegen.

Merk stilisiert sich selbst gerne als die moderne, die liberale Großstadtfrau der CSU. Sie lädt zu Hintergrundrunden lieber in Cocktail-Bars als in rustikale Hinterzimmer. Zu modern für diese CSU? Womöglich. Sie sagt: "Ich stehe für den liberalen Flügel." Ihr Einsatz für die Frauenquote, ihr selbstbewusstes Auftreten als Karrierefrau, das passe halt nicht allen in der Partei. "Es ist nicht alles ein Zuckerschlecken im Leben", sagt sie.

© SZ vom 10.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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