CSU Nürnberg:Söder ins Abseits manövriert

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Die Nürnberger CSU-Fraktion brüskiert in Verhandlungen mit der SPD ihren Parteichef Markus Söder - der tobt und droht. Denn der Zoff kommt für ihn zu einem ungelegenen Zeitpunkt.

Olaf Przybilla

Der 7. Juni 2008 war ein großer Tag für Markus Söder. Zum CSU-Bezirksvorsitzenden von Nürnberg, Fürth und Schwabach ist Söder an diesem Tag gewählt worden, zum Nachfolger von Günther Beckstein.

Wer ihn dabei beobachtet hat, dem konnte die Tragweite dieser Entscheidung kaum verborgen bleiben. Denn Söder, damals 41 Jahre alt, war in den Reihen der Nürnberger CSU nie sonderlich beliebt: Zu sehr hatte sich Söder immer als Stoiber-Mann gegeben. Und zu sehr wirkte seine selbstgewisse, bisweilen sehr selbstbewusste Art befremdlich auf die eigenen Leute in Franken - die sich eher in der Rolle des Underdogs wohlfühlen.

An diesem Tag aber waren es nur zehn von 99 CSU-Delegierten, die sich weigerten, Söder auf den Schild zu heben. Der damalige Europaminister Söder - er präsentierte sich in jenen Tagen in seiner neuen Rolle als "Chefdiplomat der Staatsregierung" - schien als Chef der Nürnberger CSU einfach an der Reihe zu sein.

Der 22. März 2010 war ein schlechter Tag für Markus Söder. Keine zwei Jahre nach seiner Wahl zum Nürnberger Parteichef hat die CSU-Stadtratsfraktion beschlossen, dass sie - nicht ihr Bezirkschef - die Verhandlungen mit der SPD wiederaufnehmen wird, in denen es um die Fortführung der schwarz-roten Kooperation im Rathaus gehen soll. Der Name des Bezirkschefs kommt im Beschluss nicht vor.

Aber jedem in der Fraktion musste klar sein, dass Söder das Votum als Affront gegen sich deuten würde. Denn der Minister war es, der in den Wochen zuvor die Stadt-CSU immer wieder in einen Konflikt mit der SPD und deren Oberbürgermeister Ulrich Maly zu treiben versuchte.

Die Bedeutung des Beschlusses - der nach Aussagen von Fraktionsmitgliedern kontrovers debattiert wurde, am Ende aber einmütig ausfiel - lässt sich kaum überschätzen. Da haben Stadträte eine Entscheidung gegen ihren regionalen Parteichef herbeigeführt - was allein schon ein höchst ungewöhnlicher Vorgang wäre.

Damit aber nicht genug: Da hat sich auch ein 38 Jahre alter Fraktionschef, der selbst in den eigenen Reihen noch als "politisches Greenhorn" gilt, offensiv gegen einen Mann gestellt, der in der CSU als einer der Hauptanwärter für die Nachfolge Horst Seehofers gehandelt wird. Und die Stadträte sind ihrem Fraktionsvorsitzenden dabei gefolgt.

Söders Reaktionen auf die Entscheidung sollen barsch ausgefallen sein. Was sich aber hinter den Kulissen ereignete, nachdem die interne CSU-Attacke kontra Söder kurz darauf in der SZ gestanden hatte, scheint auch erfahrene Nürnberger CSU-Leute zu verstören.

Söder habe "regelrecht getobt", berichten mehrere Christsoziale. Brehm, der junge Fraktionschef, will das weder dementieren noch bestätigen. Er sei, das könne er berichten, von Söder angerufen worden. "Ich bin ein gelassener Mensch", sagt Brehm. "Wir warten nun ab, wie die Verhandlungen mit der SPD nach Ostern laufen. Dann stimmen wir unser Vorgehen mit der Partei ab." Man könnte auch sagen: Erst reden wir mit OB Maly. Danach mit Söder.

Wer Söder um eine persönliche Bewertung des Vorgangs bittet, hat ein Problem. Söder will zum Vorgang selbst nichts sagen. Seine Parteisprecherin erklärt am Montag, die "öffentlich geführte Debatte" schade Partei und Fraktion. Aus der CSU kolportierte Gerüchte, wonach Söder mit einschneidenden Konsequenzen gedroht habe, seien "absolute Unterstellungen".

Der Graben wird tiefer

Kurz darauf meldet sich Stadtrat Kilian Sendner zu Wort. Sendner, 60, ist stellvertretender Fraktionschef und ein Vertrauter Söders. "Mir kommt jetzt die Aufgabe zu", sagt Sendner, "um Mäßigung zu bitten." Der Beschluss der Stadträte gegen Söder sei "unglücklich formuliert" gewesen. Er, Sendner, habe "seither sehr viel telefonieren müssen". Sollte die Reaktion Söders gegenüber CSU-Kollegen tatsächlich heftig ausgefallen sein, so müssten diese das entschuldigen: "Söder ist ein Mann mit Herzblut - er meint es nicht so schlimm."

Der Graben in der Nürnberger CSU droht gleichwohl tiefer zu werden. Als Reaktion auf den Beschluss der CSU-Stadträte hat die Junge Union beim Bezirksverband eine Mitgliederbefragung beantragt. JU-Chef Marcus König erklärt, beim Parteinachwuchs gebe es "erhebliche Zweifel", ob das schwarz-rote Rathausbündnis fortgeführt werden soll.

Die JU will erreichen, dass die CSU-Mitglieder ihre Meinung dazu äußern dürfen. Sollte sich eine Mehrheit gegen die Fortsetzung der Rathauskooperation aussprechen, könnte Söder sogar als Gewinner aus dem Streit hervorgehen.

Dennoch kommt der Zoff in Nürnberg zu einem ungelegenen Zeitpunkt für Söder. Denn er muss derzeit an mehreren Fronten kämpfen. Erst kürzlich hat der CSU-Abgeordnete Wolfgang Zöller über Söder gesagt, er habe "die Schnauze voll" von dessen Art. Sozialministerin Christine Haderthauer wiederum schloss zuletzt aus, dass Söder jemals Ministerpräsident in Bayern werden könnte. Auf die Frage, wie sie reagieren würde, wenn sie viel weniger Geld verdienen würde "als ein Ministerpräsident Söder", erwiderte die Ministerin in den Nürnberger Nachrichten: Söder werde nicht Ministerpräsident.

© SZ vom 30.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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