Christian Wulff bei der CSU:Befohlene Begeisterung

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Jubel-Bilder für den Kandidaten: Auf dem Nürnberger Parteitag zeigt sich die CSU pflichtbewusst und stärkt Christian Wulff den Rücken. Nur Ministerpräsident Seehofer ist schlecht gelaunt.

Mike Szymanski

Horst Seehofer hat schlechte Laune. Er schiebt die Journalisten im Nürnberger Messezentrum beiseite. Kaum ein freundliches Wort, kein Plausch. Die CSU hat zum kleinen Parteitag eingeladen, der diesmal ein ganz großer sein sollte. Aber jetzt ist es erst kurz vor zehn Uhr und dafür ist heute schon Einiges schief gelaufen.

Daumen hoch: Präsidentschaftskandidat Christian Wulff und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer. (Foto: dpa)

Dies sollte die große Christian-Wulff-Show werden, eine harmonische Werbeveranstaltung für den CDU-Politiker, den gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten von Union und FDP. Für ihn hat die CSU fast alle anderen Tagesordnungspunkte abgeräumt. "Die CSU steht zu Wulff", hatte Generalsekretär Alexander Dobrindt am Tag zuvor vor Journalisten noch die Erwartungen hochgeschraubt. "Geschlossen." Aber davon ist an diesem Morgen, um kurz vor neun Uhr am Eingang des Messezentrums, noch nicht besonders viel zu spüren, als Wulff ankommt. Wer fehlt? Horst Seehofer.

Der ist um diese Zeit noch auf der Autobahn unterwegs. Er verspätet sich, hatte noch anderes zu tun, wie er sagen wird. Das ist noch nicht alles, was seine Laune drückt. Seine Familienministerin Christine Haderthauer hatte die Politik der FDP mit der des Diktators Pinochet verglichen. Die Nachrichten sind voll davon. Jetzt steht die CSU schon wieder als Krawallmacher da.

Nur Dobrindt weiß, dass Seehofer sich verspätet. Alle anderen rätseln, wo der Chef bleibt. So fängt der Tag an.

Dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff wird also gleich einmal klargemacht, dass er zwar vieles haben kann von den Bayern: den kleinen Parteitag als Bühne etwa und die Stimme der CSU-Wahlleute in der Bundesversammlung am kommenden Mittwoch. Das muss aber auch reichen.

Seehofer jedenfalls hatte offenbar Wichtigeres zu tun, als ihm persönlich den Teppich auszurollen. Etliche CSU-Spitzenpolitiker können auch gar nicht verstehen, wie man sich über den Umgang mit Wulff so wundern kann.

Die CSU und Christian Wulff - das war nie ein wirklich inniges Verhältnis. Da trafen einerseits "Laptop und Lederhose" auf "Heide und Hightech" - zwei Bundesländer im ewigen wirtschaftlichen Wettstreit mit Ehrgeizlingen an ihrer Spitze. Als Wulff sich einigermaßen orientiert hat, sagt er: "Ich glaube, dass die CSU hinter mir steht."

Wulff war den Bayern immer etwas verdächtig geblieben. Selbstbewusst versuchte er Bayern Konzernsitze abzujagen, beim Betreuungsgeld, ein Lieblingsprojekt der CSU, trat er früher auf die Bremse. Und als die CSU mit Edmund Stoiber in eine tiefe Krise geraten war, mahnte der Norddeutsche: "Der Machtübergang in Bayern zieht sich zu lange hin." Die CSU und Wulff, das bedeutete häufig Streit.

"Lieber Christian, Bayern und die CSU stehen"

Natürlich haben auch die Wahlleute der CSU das alles nicht vergessen. Und trotzdem sitzen sie vor dem Parteitag einen Stunde lang mit Wulff zusammen, stellen Fragen und lassen sich erklären, wie Wulff das angestrebte Amt ausfüllen will. Als "freundschaftlich" bezeichnet nachher einer die Atmosphäre. In der CSU hätte man sich gut Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen als Kandidatin vorstellen können. Wulff ist eine Merkel-Lösung. "Das ist keine Liebe", sagt ein CSU-Vorständler.

Aber jeder wisse, worum es bei der Wahl des Bundespräsidenten ginge. Das betont Seehofer immer wieder. Und so sagt auch Landesgruppen-Chef Hans-Peter Friedrich: "Andere haben hübsche Prinzessinnen und Königinnen als Repräsentanten ihres Staates. Wir haben nächste Woche einen jungen, dynamsichen Bundespräsidenten."

In seiner Rede schmeichelt Wulff den Bayern. Er sagt: "Bayern war auch immer Vorbild für uns." Es ist keine elektrisierende Rede, die er hält. Er geht viel um große Politik und viel um ihn. Sie plätschert so dahin. Seinen Gegenkandidaten Joachim Gauck kritisiert er nur indirekt, indem er daran erinnert, dass er mit seinen 51-Jahren deutlich jünger ist. "Ich halte es für nicht schlecht, wenn der Bundespräsident aus der Mitte des Lebens kommt", sagt Wulff. Bei der Wahl sei aber jeder "völlig frei" in seiner Entscheidung. Dafür versichert Seehofer noch mal: "Lieber Christian, Bayern und die CSU stehen. Wir werden dich am Mittwoch voll unterstützen."

Es kommt, wie er sich das wünscht. Die 200 Delegierten und zusätzlich 200 eingeladenen Funktionäre stehen auf und klatschen lange Beifall. Jubel-Bilder soll es aus Nürnberg geben. Kritische Worte warten ohnehin schon deshalb nicht zu erwarten, weil keine öffentliche Aussprache mit Wulff vorgesehen ist. Zumindest zum Ende funktionierte die Regie des Parteitages, wie Seehofer sich das vorgestellt hatte.

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