Am Mittwoch erhielt die CSU-Landtagsfraktion Besuch von einem alten Bekannten: Edmund Stoiber gab sich die Ehre - nicht in seiner Funktion als ehemaliger Ministerpräsident, sondern als wackerer Streiter gegen das Brüsseler Bürokratiemonster. Als "Quantensprung in die richtige Richtung" feierte Stoiber die jüngsten Beschlüsse der EU-Kommission im Kampf gegen "die Krake Bürokratie". Wenn es darum geht, gegen ausufernde Bürokratie zu wettern, ist die CSU ja seit jeher vorn dabei. Derzeit beim Mindestlohn, bei dem die Partei dringend Nachbesserungen fordert. Und erst vor wenigen Tagen ist die Fraktionsspitze von einer Reise nach London und Kopenhagen zurückgekehrt, wo sie sich informiert hatte, wie sich die heimische Verwaltung besser aufstellen lässt. Effizienz lautet das Zauberwort. Es klingt modern und bürgernah - und damit genau so, wie die CSU gern wirken möchte.
Behördenverlagerung aufs Land:Söders Gießkannenprinzip
Von Starnberg nach Oberfranken: Die Stellen von mehr als 3000 Beamten und Angestellten in Bayern werden nach den Plänen von Heimatminister Söder aus den Städten aufs Land verschoben. Aus München ist leises Gegrummel zu vernehmen.
Umso erstaunter ist die Opposition daher über einen Vorstoß aus dem Haus von Markus Söder, dem wohl modernsten und bürgerfreundlichsten aller CSU-Männer. Zum Verantwortungsbereich des Finanz- und Heimatministers gehört unter anderem das bisherige Landesamt für Vermessung und Geoinformation - ein Name, der leider ziemlich verstaubt klingt. Doch weil dieses Amt inzwischen eine Reihe von neuen Zuständigkeiten erhalten hat, bestand zum Glück Anlass, es umzutaufen: Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung heißt es jetzt - frischer geht es kaum. Alles gut also?
132 alte Paragrafen müssen in neue Paragrafen geändert werden
Mitnichten, meint die SPD. Denn so ein Namenswechsel hat diverse Schritte zur Folge. Wie viele genau, das zeigt ein Gesetzentwurf, der derzeit im Landtag beraten wird. Demnach müssen nun 132 alte Paragrafen in neue Paragrafen geändert werden, und zwar nur, um den alten Namen der Behörde durch den neuen zu ersetzen. 27 Gesetze, Verordnungen und Rechtsvorschriften müssen neu formuliert werden. Kostenpunkt: bis zu 100 000 Euro. Und warum? In erster Linie wegen der "Außenwirkung", wie aus der Einleitung zu dem Gesetzentwurf hervorgeht. Der bisherige Name lasse "in keiner Weise die Zuständigkeit für die neu zugewiesenen Aufgaben erkennen".
SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher hat dafür nur ein Wort übrig: "Nonsens." Seiner Meinung nach handelt es sich bei der Aktion um "einen typischen Söder: Nicht auf den Inhalt kommt es an, sondern nur auf die Außenwirkung". Selten zuvor habe es "einen so kostspieligen Verwaltungsaufwand für das Imagespielchen eines einzelnen Ministers gegeben". Rinderspacher findet es "seltsam", dass Ministerpräsident Horst Seehofer das Projekt nicht gestoppt habe. Zumal die Kosten "weitaus teurer" seien als von Söder veranschlagt. Denn der Personalaufwand sei noch nicht mit eingerechnet. "Bayerns Bürokratiemonster hat drei Buchstaben: CSU", sagt Rinderspacher.
Umstrukturierung und Umbenennung
Söder will gar nicht verstehen, wo das Problem liegt. "Das Ganze liegt ja nur daran, dass wir eine neue Zuständigkeit bekommen haben: nämlich die für den Breitbandausbau." Deshalb habe man das frühere Landesamt umstrukturieren - und natürlich umbenennen müssen. Von dieser grundlegenden Neuordnung hätten die Bürger enorm profitiert. 80 000 Haushalte in Bayern seien mit neuen Anschlüssen versorgt worden. Der ländliche Raum sei inzwischen zu 28,5 Prozent an das schnelle Internet angeschlossen. Seitdem das Landesamt die neuen Aufgaben übernommen habe, sei in jedem der 71 Landkreise ein "Breitbandmanager" ernannt worden. Die hätten 5600 Beratungsgespräche geführt. 316 Förderbescheide seien erteilt worden über 100 Millionen Euro, damit ließen sich 2000 Kilometer Glasfaser neu verlegen.
Behördenverlagerung aufs Land:Aufbruchsignal gegen miese Stimmung
Es ist das große Projekt des Heimatministers: Markus Söder will 1500 Beamte und Angestellte aus München in die Provinz schicken. Experten für Regionalentwicklung bewerten die Pläne des CSU-Politikers ganz unterschiedlich.
Von dieser Zahlenflut zeigt sich SPD-Fraktionschef Rinderspacher jedoch unbeeindruck. Er hält die Umbenennung für nichts weiter als "eine Marketingmaßnahme" für Söder. Mit den Kosten, die damit verbunden seien, "hätte man mindestens weitere fünf Kilometer Glasfaser" verlegen können. "So manche bayerische Gemeinde hätte sich über dieses Geld sehr gefreut."