Behördenverlagerung aufs Land:Söders Gießkannenprinzip

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  • Die Verlagerung von Behördenstellen aus bayerischen Städten aufs Land fällt umfangreicher aus als ursprünglich angedacht.
  • Nach den Plänen von Heimatminister Söder sollen die Stellen von 3155 Mitarbeitern und Studierenden aufs Land versetzt werden. Eigentlich war bisher von 1500 Stellen die Rede gewesen.
  • Sechs Wochen haben Personalräte und Spitzenverbände nun Zeit, das Konzept zu prüfen. Ihre ersten Reaktionen sind gespalten.

Von Frank Müller

Markus Söder ist ein Mann, der immer auf dem Sprung ist. Wenn ihm etwas wichtig ist, dann wippt er im Sitzen mit dem rechten Fuß. Die Wippfrequenz am Mittwoch ist enorm. Satte 103-mal geht die Ferse pro Minute auf und ab, als der CSU-Heimatminister am Nachmittag seine Pläne vorstellt. Ein Spitzenwert, höher ist nur sein Puls. Und die Zahl der verlagerten Stellen im Land.

Als Söder am Mittwoch, gut ein halbes Jahr später als ursprünglich geplant, endlich sein großes Personalkonzept präsentiert, gelingt ihm zunächst ein Überraschungscoup. Mit 3155 Staatsdienern werden mehr als doppelt so viele Jobs verlagert, als von ihm selbst zuvor angekündigt. "In dem Fall hat sich Stück für Stück ergeben, dass es mehr wurde, und wir haben das natürlich gerne gemacht", sagt er treuherzig. In Wahrheit dürfte es ihm schlicht darum gegangen sein, hohe Erwartungen zu toppen. Im Nachhinein rechtfertigt er so seine flotten Sprüche, es handele sich um das größte derartige Projekt seit 30 Jahren.

Wo Stellen abgezogen werden

Gut die Hälfte der abziehenden Stellen kommt aus der Landeshauptstadt München, der Rest aus anderen bayerischen Städten. 2225 von ihnen sind Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst. Söder hat darauf geachtet, dass viele davon ohnehin in Pension gehen. "Wir nutzen sehr die personelle Fluktuation, sodass am Ende eher die Stellen wandern als die Köpfe." Für die überraschend hohe Zahl von 930 Studenten, die der Umzug ebenfalls trifft, gilt das ähnlich.

Große Brocken sind neben der aus Starnberg zum Teil nach Oberfranken wegziehenden Fachhochschule für Justiz und der Finanzhochschule etwa das neu zusammengesetzte Landesamt für Schule und Kultur, das im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen entsteht. Zudem die Umzüge der Autobahndirektion nach Deggendorf und Haßberge und das Amt für ländliche Entwicklung im Landkreis Mühldorf am Inn.

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Anders als zuvor angekündigt, soll es keine neu zusammengewürfelten Behördenzentren aus verschiedenen Ministerien geben. Es habe sich herausgestellt, dass die Verlagerung kompletter Einheiten schlüssiger sei, sagt der Minister. Die Umzüge gehen zulasten der großen Städte, vor allem von München. Die Landeshauptstadt verliert 1500 Jobs, Nürnberg 160, Regensburg 70 und Ingolstadt 50. Der bayerische Städtetag, der auch kleinere Städte vertritt, sieht das als "Schritt in die richtige Richtung".

Wie München auf die Pläne reagiert

In München dagegen hält sich die Begeisterung bei Söders Parteifreunden in Grenzen. In der Fraktion gibt es kritische Nachfragen von Münchner Abgeordneten. Ansonsten verläuft der Tag für Söder weitgehend nach Plan unter selbst für ihn ungewöhnlich hohem Aufwand. Er geht am Morgen mit seiner Liste in eine Sondersitzung des Kabinetts, lässt dann die Personalvertreter in den Ministerien informieren, gibt vor einer CSU-Fraktionssitzung ein paar Eckpunkte von sich, geht dann aber erst in die Fraktion, bevor er schließlich am Nachmittag noch die Presse informiert.

Der mehrstufige Geheimhaltungsplan geht aus Söders Sicht auf. Nichts sickert vorab durch, das findet auch Ministerpräsident Horst Seehofer "erstaunlich". Söder habe sein Konzept "sehr professionell" erarbeitet, lobt Seehofer und hebt hervor, dass es sich um eine der wenigen Kabinettssitzungen gehandelt habe, bei der ein Minister offenen Applaus bekommen habe.

Bei all dem Lob kann sich selbst ein Söder Bescheidenheit leisten. Er lobt vor allem die Mitarbeit der anderen Ministerien: "Das wird als Gemeinschaftswerk verstanden." Bayern gehe mit der Stärkung des ländlichen Raums gezielt einen anderen Weg als viele andere Bundesländer. Das sei "ein wuchtiges Signal" für die Entwicklung des Landes.

Was Gewerkschaft und Opposition zu den Plänen sagen

Sechs Wochen haben Personalräte und Spitzenverbände nun Zeit, das Konzept zu prüfen. Ihre ersten Reaktionen sind gespalten. DGB-Chef Matthias Jena spricht von einem selbstherrlichen Agieren Söders. "Da ging es zu Zeiten von König Ludwig demokratischer zu." Der Beamtenbund ist dagegen relativ zufrieden. Verbandschef Rolf Habermann zeigt sich optimistisch, "dass man diese Verlagerung sozialverträglich umsetzen kann, es gab noch keine Verlagerung, die so detailliert vorbereitet war". Söder lockt zudem mit Umzugszuschüssen und Mobilitätszuschlägen. Die Höhe müsse noch verhandelt werden, 3000 Euro für Betroffene seien realistisch.

Die Landtagsopposition reagiert relativ zahm. Die SPD moniert, "Behördenstellen willkürlich über den ganzen Freistaat zu verteilen, ohne dahinterliegende Strategie, und dies mit einem Realisierungshorizont von zehn Jahren, das kann nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein". Die Freien Wähler hoffen, dass das Konzept "nicht der Abschluss, sondern nur ein allererster Schritt war". Und die Grünen nennen Söders Auftritt "pompös".

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