Bürgermeisterin Bauer in Rosenheim:"Man kann ja nicht immer nur lächeln"

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Fast 70 Prozent hat Gabriele Bauer bei der Kommunalwahl 2008 bekommen. (Foto: Claus Schunk)

Gabriele Bauer regiert seit 12 Jahren Rosenheim und hat einen Politik-Stil entwickelt, der auf maximalen Konsens bedacht ist. Die Opposition verzweifelt an ihrer andauernden "Charming-Offensive" - und hofft, dass die Beliebtheit der CSU-Politikerin endlich bröckelt.

Von Heiner Effern

Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer hat zum Wahlkampf in den reich verzierten Stucksaal im Rosenheimer Ballhaus geladen. Mehr als 100 Gäste der CSU sitzen an den weiß gedeckten Tischen unter den fünf glitzernden Lüstern. Oben auf der Bühne stehen vor dem schwarzen Vorhang knallrote Stühle, auf einem sitzt Ilse Aigner, auf einem anderen Gabriele Bauer. Und schon spielen die Oberbayern-Chefin der CSU und die Oberbürgermeisterin aus Rosenheim Wahlkampf-Pingpong.

Die Wirtschaftspolitik in Rosenheim verdiene die "Note eins plus", sagt Aigner in ihrer Funktion als Wirtschaftsministerin. Die Staatsregierung könne gar nichts für die manchmal desolaten Straßen im Kreis, da sei der Bund schuld, erwidert die Oberbürgermeisterin.

Ein paar Meter weiter in der Innenstadt hat Robert Metzger, 49, eingeladen, ins Weinhaus zum Santa. Der OB-Kandidat der SPD spricht über steigende Mieten und den Mangel an Wohnungen in Rosenheim. Etwa 30 Gäste zwängen sich in dem heimeligen Raum unter einem historischen Gewölbe. Metzger, von Beruf Gewerkschafter bei Verdi, freut sich ebenfalls über den guten Besuch an diesem Abend. Die 30 Stühle reichen nicht aus, sogar auf den Stufen am Eingang sitzen Interessierte. Der Gastraum liegt im Souterrain.

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So hat sich Rosenheim in den vergangenen zwölf Jahren unter Gabriele Bauer eingerichtet. Oben eine dominierende Oberbürgermeisterin und ihre CSU, der Rest macht es sich im Untergeschoss gemütlich. Exakt 69,2 Prozent der Stimmen hat Bauer 2008 erreicht, obwohl die damalige Kommunalwahl der CSU in vielen Städten und Regionen Bayerns massive Verluste brachte. Die OB ist "ein Leuchtturm, der die Region überragt", sagt der CSU-Kreisvorsitzende im Rosenheimer Land, Klaus Stöttner.

Schließlich hat die CSU so viele völlig unumstrittene Oberbürgermeister auch wieder nicht. Allerdings hat sich die 61 Jahre alte Gabriele Bauer trotz ihrer Mitgliedschaft im Parteivorstand nie in die Landespolitik ziehen lassen, sondern sich auf ihre Arbeit in Rosenheim beschränkt. "Ich will ganz eng bei den Menschen sein", sagt sie. Nach diesem Motto hat sie ihren eigenen Politik-Stil entwickelt, stets auf maximalen Konsens bedacht.

"Wo gibt es viel Fördergeld, das mache ich"

Der SPD-Herausforderer Robert Metzger nennt Politik à la Bauer eine andauernde "Charming-Offensive". Seine Hoffnung ist, dass Bauers persönliche Beliebtheit irgendwann bröckelt: "Man kann ja nicht immer nur lächeln." Eigene Impulse habe die OB nur wenige gesetzt, sagt Metzger, sondern nach dem Motto gehandelt: "Wo gibt es viel Fördergeld, das mache ich."

Auch Franz Lukas, 52, von den Grünen, neben Metzger der einzige Gegenkandidat, reibt sich am Stil Bauers, der es Angreifern schwer macht. "Fortschritt kann nur entstehen, wenn die besten Ideen konkurrieren. Man kann nicht immer jedermanns Meinung sein", sagt der selbständige Handwerker. Beide Herausforderer betonen, unbedingt ins Rathaus zu wollen. Dass sie das betonen müssen, spricht für die Kräfteverhältnisse in der Stadt.

Die Entwicklung Rosenheims macht es den Herausforderern auch nicht leicht. Die Wirtschaft prosperiert, die Hochschule mit jetzt 5500 Studenten wird trotz mehrerer Neubauten bald wieder neue Gebäude benötigen, die Landesgartenschau im Jahr 2010 hat beliebte Freizeitflächen an Inn und Mangfall hinterlassen. Die politischen Themen sind seit Jahren die gleichen, sie ergeben sich aus der geografischen Situation Rosenheims: Auf nur 37 Quadratkilometern Fläche leben 61 000 Menschen. Daraus ergeben sich die drängendsten Probleme: Wohin mit dem wachsenden Verkehr? Wo können sich Firmen ansiedeln oder erweitern? Und zunehmend in den vergangenen Jahren: Gibt es genügend bezahlbare Wohnungen, gerade für finanziell schwache Rosenheimer? Wie müssen und können sich die einzelnen Viertel entwickeln? Wie die Stadt im Gesamten?

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Der größte Ärger in der Stadt bleibt aber der Verkehr. Oberbürgermeisterin Bauer verweist darauf, dass mit dem Bau der Westtangente Rosenheim von einer massiven Belastung befreit werde: Bis heute fährt der Schwerverkehr auf der B 15 von Landshut kommend mitten durch die Innenstadt. Ihre Konkurrenten bezweifeln aber, dass diese Umgehung die täglichen Staus in der Innenstadt auflösen wird. Sie wollen das Verkehrsdilemma mit einem stärkeren öffentlichen Nahverkehr und vor allem mit neuen Radwegen beseitigen.

"Wir waren mal eine Fahrradstadt. In den letzten Jahren hat Rosenheim aber brutal einseitig auf den motorisierten Verkehr gesetzt. Bei der Entwicklung des wichtigsten Areals der Stadt, große Flächen am Bahnhof, waren sich die Parteien lange einig. Eine Shopping-Mall wurde gemeinsam durch den Kauf der Grundstücke verhindert. Für die Nutzung gibt es unterschiedliche Forderungen: OB Bauer will vor allem Handels- und Gewerbeflächen anbieten, SPD und Grüne wollen auch Wohnungen errichten.

Unberechenbar bleibt, welche Auswirkungen das Hochwasser des vergangenen Jahres auf den Wahlausgang haben wird. Oft profitieren Amtsinhaber von solchen Katastrophen, weil sie sich als Krisenmanager bewähren können. OB Bauer hatte aber gleich nach dem Hochwasser in den überfluteten Stadtteilen mit Unterstellungen zu kämpfen. Hartnäckig hielt sich in den Straßen von Oberwöhr und Aisingerwies das Gerücht, Bauer habe die beiden Stadtteile durch das geplante Öffnen eines Damms bewusst geopfert, um das Zentrum vor dem Hochwasser zu schützen. Bauer lud sofort zu Bürgerversammlungen ein, um die Vorwürfe aus der Welt zu schaffen. Doch inwieweit hier noch Ressentiments bestehen, ist schwer abzuschätzen, obwohl selbst die politischen Gegner diese Gerüchte für völlig abwegig halten.

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OB Bauer weiß aber, dass nicht nur deshalb ein Ergebnis von knapp 70 Prozent nicht so einfach zu wiederholen sein wird. "Die dritte Periode ist eine schwierige", sagt sie vorsichtig. "Nicht jede Entscheidung ist für alle ein Glückserlebnis." Das könnte in zwölf Jahren Regierungszeit so mancher erfahren haben. Aber kaum so viele, dass ernsthafte Zweifel an Bauers Wiederwahl bestehen.

© SZ vom 03.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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