Bildungspolitik:Sich regen bringt Segen

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Freie Wähler stellen Kultusminister 148 Fragen zum Schulsport

Von Anna Günther, München

Die Klagen zur Situation des Sportunterrichts in Bayern sind regelmäßig Thema im Bildungsausschuss des Landtags, man könnte sie als Konstanten im parlamentarischen Jahr bezeichnen. Spätestens im Frühsommer stellt die Opposition Anträge zur Verbesserung von Sport- und Schwimmstunden, denn immer weniger Kinder lernen schwimmen, immer weniger Kommunen können sich Schwimmbäder leisten. Die CSU hält meist dagegen, dass die Staatsregierung viel tue und Schwimmen beizubringen nicht allein Aufgabe der Schulen sei. Bewegen könnten die Schüler sich doch auch im Klassenzimmer. CSU-Ideen wie das bewegte Sitzen, also die Schultern zackig zu den Ohren ziehen und wieder fallen lassen, sind längst ein Running Gag. Die Freien Wähler wollen nun durchgreifen und haben eine Große Anfrage zur Situation des Sportunterrichts gestellt. An diesem Donnerstag wird die Interpellation "Bewegtes Lernen 2020" im Landtag diskutiert.

148 Fragen stellte die Fraktion dem Kultusministerium. Die schriftlichen Antworten sind für Michael Piazolo, den bildungspolitischen Sprecher der Freien Wähler, unbefriedigend bis schockierend: "Es ist krass, dass das Ministerium schreibt, Sport habe momentan keine Priorität - ist das ein Hilfeschrei?" In den Antworten weist Schulminister Ludwig Spaenle daraufhin, dass die Staatsregierung überlegen müsse, wofür sie Geld ausgibt. Wichtiger als eine dritte Sportstunde in der Grundschule ist demnach derzeit, kleine Schulstandorte zu erhalten, den inklusiven Unterricht und das Ganztagsangebot auszubauen sowie die Flüchtlingskinder in Grund- und Mittelschulen auf das Leben in Bayern vorzubereiten.

Das Ministerium dürfe nicht pädagogische und bildungspolitische Schwerpunkte gegeneinander ausspielen, sagt dagegen Piazolo. Er fordert, den Schwimmunterricht in den Grundschulen zu verbessern, in den Übertrittszeugnissen zu vermerken, ob Schüler schwimmen können, und die kommunalen Bäder stärker zu fördern. Wie seine Forderungen finanziert werden sollen, sagt Piazolo allerdings nicht. Die Staatsregierung müsse den Sportunterricht in der Grundschule weiterentwickeln und mehr ausgebildete Sportlehrer einsetzen. Diese sind dort selten. Allerdings fehlen ohnehin Volksschullehrer, ob diese Sport studiert haben, ist bei der Suche nach Pädagogen eher nachrangig.

In der ersten Klasse sei Bewegung besonders wichtig, wenn die Jüngsten gerade dem Toben des Kindergartens entwachsen sind und Stillsitzen lernen müssen. Piazolo versteht nicht, wieso in der ersten Klasse zwei, in den Folgejahren aber drei Stunden Sport in der Woche üblich sind. Sport sei das einzige Bewegungsfach und wichtig für die Entwicklung von Motorik, Selbstwahrnehmung, Selbstvertrauen oder Sozialkompetenzen. "Wie kann man da nichts tun?", fragt er. Spaenle verweist auf Bewegungsinitiativen wie "Voll in Form", Sportwettbewerbe und Sport im Rahmen des Ganztagsunterrichts. Außerdem sei Bewegung nicht nur Aufgabe des Sportunterrichts. Piazolo sieht das anders. Die Anträge zur Verbesserung des Sportunterrichts seien erst ein Anfang.

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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