Flüsse in Bayern:Naturschützer fordern Konzept für den Lech

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Das Wehr in Landsberg ist nach einer Auflistung des BN eines von 43 Querbauwerken im bayerischen Lech. (Foto: Frank Müller/Imago)

In wenigen Jahren laufen die Konzessionen für eine ganze Reihe Wasserkraftwerke an dem vormaligen Wildfluss aus. Damit eröffnet sich ein Zeitfenster für dessen Renaturierung.

Von Christian Sebald

Der Lech war einst ein reißender Wildfluss, heute ist er eine einzige Kette von Staustufen, Stauseen und Wasserkraftwerken, bis auf einige wenige Abschnitte wie die Litzauer Schleife gilt er als der am schlimmsten verbaute und einbetonierte Fluss in Bayern. Sein ökologischer Zustand ist schlecht. In wenigen Jahren eröffnet sich ein Zeitfenster für eine umfassende Renaturierung des Lechs, wie sie die EU in ihrer Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000 fordert: Denn dann laufen die Konzessionen für viele Lechkraftwerke aus, sie müssen neu verhandelt werden. Das ist aus Sicht des Bundes Naturschutz (BN) die Gelegenheit, die Wiederherstellung des Lechs voranzutreiben. Die Organisation hat dazu schon vor geraumer Zeit ein Konzept vorgelegt. Es nennt sich "Zukunftsprogramm bayerischer Lech". Jetzt hat BN-Chef Richard Mergner die Staatsregierung aufgefordert, selbst ein "Zielkonzept" für den Lech zu entwickeln.

"Der Lech braucht unbedingt mehr Dynamik, er muss wieder ein fließender Fluss werden", sagte Mergner bei einer Besichtigung des Lechs nahe Dornstetten, einer kleinen Ortschaft zwischen Schongau und Landsberg am Lech. An der dortigen Staustufe betreibt der Kraftwerkskonzern Uniper ein Wasserkraftwerk, die Konzession dafür läuft 2034 aus. Im gleichen Jahr enden die Konzessionen für die Wasserkraftwerke in Landsberg, Pitzling, Lechmühlen und Lechblick, 2035 folgt Apfeldorf, 2039 Epfach. Die neuen Verträge werden in aller Regel schon lange vor dem Auslaufdatum der alten verhandelt. Dabei können die Betreiber der Anlagen auf Renaturierungsmaßnahmen verpflichtet werden.

Aus Sicht des BN darf der Lech in Zukunft nicht mehr nur Stromlieferant sein, er muss außerdem viele andere Funktionen erfüllen - "für die Naherholung, den Hochwasserschutz und den Naturschutz", wie Verbandschef Mergner sagte. Mit ein paar zusätzlichen Fischtreppen an den Staustufen sei es auf alle Fälle nicht getan. Eine zentrale Rolle bei allen Wiederherstellungsmaßnahmen kommt aus Sicht des BN dem sogenannten Geschiebe zu. Das ist das Geröll, das der Lech eigentlich durch die Kraft seines Wassers aus den Alpen flussabwärts bis zu seiner Mündung in die Donau transportieren würde. Es kann die Staustufen aber nicht passieren, deshalb funktioniert es nicht mehr. Die Folge: Vor allem im Unterlauf tieft sich das Flussbett immer weiter ein und wird immer instabiler.

"Der Lech braucht unbedingt mehr Dynamik", sagt Richard Mergner vom Bund Naturschutz. (Foto: Felix Hörhager/dpa)

Nicht weniger wichtig ist aus Sicht des BN eine Aufwertung und vor allem Ausweitung der nur noch in Resten vorhandenen Aulandschaften am Lech - sei es durch die Rückverlegung von Dämmen und Deichen, eine Wiederanbindung von alten Auengewässern und dergleichen mehr. Die Flussauen sind nämlich nicht nur wichtige Lebensräume für viele seltene Tier- und Pflanzenarten wie die Gefleckte Schnarrschrecke, die Große Steinfliege und die Deutsche Tamariske. Sondern sie spielen auch eine zentrale Rolle beim Schutz vor Hochwasser und als Wasserreservoir für die immer häufigeren Hitze- und Trockenperioden. Außerdem sind sie wichtig für den Grundwasserhaushalt in der Region und damit zentral für die Trinkwasserversorgung. Eine ganze Reihe Lech-Gemeinden bezieht ihr Trinkwasser aus dem Lech-Grundwasser.

Bei all ihren Forderungen wissen sie natürlich auch beim BN, dass der Lech immer Stromlieferant bleiben wird. Und sie lehnen das auch nicht völlig ab. "Aber bei einem renaturierten Lech werden die Anlagen teilweise anders aussehen und funktionieren als heute", sagte BN-Chef Mergner. Damit sind Konflikte mit den Betreibern der vorhandenen Anlagen programmiert. Denn diese wollen die vorhandenen Kraftwerke ja nicht nur so lange nutzen wie nur möglich. Sondern haben bisweilen sogar Pläne für neue. Der Konzern Uniper etwa, der am Lech schon 22 Wasserkraftwerke betreibt, prüft derzeit nahe Augsburg den Einbau einer Turbine in einer Lech-Sohlschwelle. Das Projekt liegt in einem Flussabschnitt, der demnächst renaturiert werden soll. Natürlich lehnen der Bund Naturschutz und weitere Verbände und Organisationen die Pläne kategorisch ab. Auch die Stadt Augsburg hat sich dagegen ausgesprochen.

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