Tourismus:Schlafen wie auf dem Mars

Lesezeit: 4 min

Eine weiße Rakete mit der Aufschrift "Gate to Mars" markiert den Ort, an dem das Themenhotel in Auerbach entstehen soll. (Foto: Gerald Stelzer)

Ein Bauprojekt in der Oberpfalz spaltet die Gemüter: In Auerbach soll für 30 Millionen Euro ein Themenhotel entstehen, das das Leben auf dem roten Planeten simuliert.

Von Laura Lehner

Seit Anfang August markiert eine weiße Rakete mit dem Schriftzug "Auerbase - Gate to Mars" auf einem Plateau im Industriegebiet Saaß bei Auerbach in der Oberpfalz ein Bauvorhaben, das die 9000 Einwohner der Kleinstadt spaltet.

Nicht weniger als eine "andere Welt" will Gerald Stelzer, Unternehmer und Hauptinitiator des Projektes in Form eines Themenhotels in Auerbach erschaffen. Auf 60 000 Quadratmetern soll ein Hotel entstehen, das durch einen sechs Meter tiefen Krater das Leben auf dem Mars simuliert. In der fiktiven Basisstation "Auerbase" könnten Gäste schon bald das Leben auf dem roten Planeten kennenlernen. Ungefähr 30 Millionen Euro soll das Projekt kosten.

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Unternehmer Stelzer hat bereits genaue Vorstellungen von dem, was seine Gäste in Zukunft für ungefähr 150 Euro pro Nacht in Auerbach erleben könnten. Bereits der Eingang zum Hotel solle zum Erlebnis werden. "Die Gäste durchschreiten zunächst eine Röhre, den Hyperloop. Dieser simuliert mit Geräuschen, Lichteffekten und Gerüchen die Reise eines Astronauten in einer Rakete zu einem anderen Planeten." Das Hauptgebäude des Hotels stelle die Basisstation auf dem Mars dar. Anstelle gewöhnlicher Hotelzimmer gebe es in der "Auerbase" Platz für ungefähr 200 Betten in Schlafkapseln. Statt Handtüchern sollten die Gäste trocken geföhnt werden und anstelle einer Küche würden Speisen in einem Labor zubereitet. Sogar Schutzanzüge könnten die Möchtegern-Marsianer tragen. "Zukunft spielen" nennt Stelzer die Vision seines Themenhotels. Das Auerbase-Hotel soll zudem eine wissenschaftliche Ausrichtung haben. "Wir arbeiten dafür mit Start-ups zusammen und überlegen, wie das Leben auf dem Mars einmal aussehen könnte."

"Ein absoluter Irrweg" ist das Projekt dagegen für Frank Horchheimer, der Anwohner des Industriegebietes ist, auf dem das umstrittene Hotel gebaut werden soll. Gemeinsam mit anderen Auerbachern gründete er die Initiative "Stoppt das Marshotel". Die Mitglieder der Gruppe kritisieren in einem offenen Brief an Bürgermeister Joachim Neuß und den Auerbacher Stadtrat das ungewöhnliche Projekt. Vor allem der hohe Platzverbrauch und die Idee einer "roten Wüste" finden sie "nicht mehr zeitgemäß". "Wir sprechen hier von 60 000 Quadratmetern für ein Hotel für 200 Betten", heißt es in dem Brief. In Zeiten des Klimawandels mit zunehmender Erderwärmung sei intelligentes und nachhaltiges Bauen gefragt, kein sinnloser Flächenfraß mit einem enormen Krater, in dem nichts wachsen dürfe. Der rote Sand, der im Krater des Hotels die Optik des Mars darstellen soll, würde Hitze nicht absorbieren und könne kein Wasser speichern. Das Projekt zerstöre die Natur, trage zur Erderwärmung bei und sei schlichtweg nicht mehr zeitgemäß. "Es soll ein Marskrater mit marstypischer Vegetation entstehen - also keiner Vegetation", ärgern sich die Bürger und appellieren an die Stadt. "Auch die Kommune hat hier eine Verantwortung."

Das "Marshotel" soll etwa 200 Betten haben - die Gäste sollen in Schlafkapseln nächtigen können. (Foto: Gerald Stelzer)

"Unbegründet" findet der zweite Auerbacher Bürgermeister, Norbert Gradl die Aufregung um das Bauprojekt. Er könne zwar die Skepsis der Bürger verstehen, ein Hotel mit Marslandschaft sei tatsächlich "ungewöhnlich". Er weist allerdings darauf hin, dass die Fläche auf dem Gewerbegebiet ohnehin in Zukunft bebaut werde - ob von einem Hotel oder einem anderen Industriebetrieb mache keinen Unterschied. Die Stadt hätte das Areal bereits an ein Logistikzentrum verkaufen können, entschied sich jedoch dagegen. Ein Hotel sei die sinnvollere Alternative. Die "Auerbase" könne auch eine "Riesenchance" für die Stadt sein, das Risiko sei "überschaubar".

Das Thema "Hotel" ist kein neues in Auerbach. Bereits seit längerer Zeit gibt es Bestrebungen, Übernachtungsmöglichkeiten in der Stadt zu schaffen. "Bisher gibt es nur ein paar Fremdenzimmer in der Stadt, aber kein richtiges Hotel", weiß Horchheimer. Das "Auerbase" löse dieses Problem jedoch nicht. "Auerbach braucht ein Hotel. Aber ein bezahlbares", kritisiert Horchheimer. Etwa 150 Euro soll eine Übernachtung pro Person in dem Themenhotel kosten. Dass das "Auerbase" das Hotelproblem der Stadt nicht löst, ist Unternehmer Stelzer bewusst. Er verstehe die "Auerbase" auch nicht als gewöhnliches Hotel, sondern vielmehr als eine Art Erlebnisaufenthalt.

Die Initiative gegen das Hotel will Unterschriften sammeln

Der Hotelier hat Erfahrung mit ungewöhnlichen Hotels. Er betreibt bereits das Fronfeste-Hotel in Amberg, das ebenfalls ein Themenhotel ist. Nach dem Motto "Rast im Knast" können Gäste dort in umgebauten Gefängniszellen nächtigen. Die Idee für das "Auerbase" ist dem Unternehmer bei der Besichtigung des Areals gekommen. Die Fläche im Gewerbegebiet Saaß sei perfekt für das Projekt. "Es gibt dort kaum Lichtverschmutzung, deshalb eignet sich der Platz gut für den Kraterbau, von dem man eine gute Sicht in den Himmel hat", erklärt der Unternehmer. Die Vorwürfe der Initiative findet er unbegründet. "Die Außenanlage bleibt komplett grün und dass das Industriegebiet einmal bebaut wird, ist keine Überraschung."

Bisher gibt es noch keinen offiziellen Bauantrag für das Hotel. Die Stadt habe lediglich einen Teil des Geländes für das Projekt reserviert. Bis Ende kommenden Jahres müssten die Verantwortlichen nun prüfen, ob das Projekt realisierbar sei, erklärt Gradl das weitere Vorgehen. Stellen die Verantwortlichen die Machbarkeit des Projektes fest, soll der Bau des Hotels bis 2026 fertiggestellt sein.

Dass es so weit gar nicht erst kommt, hoffen die aktuell 50 Auerbacher Bürger der "Stoppt-das-Marshotel-Initiative". Sie wollen Unterschriften gegen das Projekt sammeln und haben ihre Argumente dem Zweiten Bürgermeister und dem Stadtrat präsentiert. Horchheimer und die anderen Mitglieder der Initiative wollen das Hotel "unter Ausschöpfung aller demokratischer, politischer und rechtlicher Möglichkeiten" verhindern - wenn nötig mit einem Bürgerbegehren. Dass es zu einem Bürgerentscheid kommt, hofft Gradl jedoch nicht. Das Mittel eines Bürgerentscheides solle nur sehr dosiert zum Einsatz kommen. Die Menschen sollten stattdessen Vertrauen in den Stadtrat haben, dass dieser im Sinne aller Bürger entscheide. Ob die weiße Rakete im Industriegebiet das Symbol einer ungewöhnlichen Idee bleibt oder schon bald den Weg zum ersten Marshotel weist, bleibt abzuwarten.

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