Justiz:Früherer Generalkonservator kann auf milde Strafe hoffen

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Egon Greipl hatte an der umstrittenen Vertrags-Praxis festgehalten, weil die Aufgaben des Landesamts angesichts eines gekürzten Etats nicht anders hätten bewältigt werden können. (Foto: Christoph Vohler)

Im Strafverfahren gegen den ehemaligen Chef des Landesamtes für Denkmalpflege geht es erneut um die umstrittenen Werkverträge - für sie wurden keine Sozialversicherungsabgaben geleistet. Für Egon Greipl wurde das umso teurer.

Von Hubert Grundner

Mit der Jubiläumsausstellung "Moment mal - Denkmal!" in der Alten Münze in München wird gerade der 50. Geburtstag des bayerischen Denkmalschutzgesetzes gefeiert: Von 1. Juli bis 10. September verwandelt sich einer der schönsten Renaissance-Innenhöfe des Freistaats in einen Kulturbiergarten auf Zeit, wie es in der Ankündigung heißt. Besucherinnen und Besucher dürften diesen Ort als durchaus angemessen empfinden, um die denkmalpflegerischen Errungenschaften des Kulturstaats Bayern zu präsentieren.

Möglich wäre aber auch, dass dem einen oder anderen dabei dieser Gedanke kommt: Moment mal - steht der Denkmalschutz nicht gerade auch andernorts im Mittelpunkt? Stimmt. Und zwar nicht allzu weit von der Alten Münze entfernt, im Amtsgericht München an der Nymphenburger Straße. Dort muss sich seit Mittwoch der ehemalige Generalkonservator Egon Johannes Greipl, 74, in einem Strafverfahren für seine Amtsführung verantworten. Genauer gesagt, es geht um die Digitalisierung der Denkmalliste und wie Greipl zu dem Zweck trotz vielfacher Warnungen dabei wiederholt Personal einsetzte, mit dem er Werkverträge abgeschlossen hatte. Der Vorwurf, der jetzt verhandelt wird, dreht sich um die nicht erfolgte Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen. Um es vorwegzunehmen: Das Verfahren ist zwar noch nicht abgeschlossen, doch Greipl darf auf ein relativ mildes Urteil hoffen.

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Falls Bayerns ehemals ranghöchstem Denkmalschützer das Amt nicht immer nur Freude, sondern auch Bürde war, wie er bei seinem Abschied im Herbst 2013 einräumte, so scheint es ihm bis heute nicht gelungen zu sein, die mit seiner Arbeit verbundene Last abzustreifen. Im Gegenteil, sie drückt offenbar schwerer denn je auf Gesundheit und Gemüt: Mit schleppendem Gang nähert er sich dem Sitzungssaal im Amtsgericht in Begleitung seines Anwalts Thomas Kuhn. Dabei muss er sich auf die Schulter seiner Frau und eine Gehhilfe stützen. Einen Kommentar zum Prozess lehnt er im Vorübergehen ab, schwer atmend rutscht er danach hinter der Anklagebank auf seinen Stuhl. Womit auch fast schon die Anwesenheit eines Arztes als Sachverständiger erklärt wäre: Greipl muss offenbar Medikamente einnehmen, vor nicht allzu langer Zeit habe er, wie sein Anwalt später berichten wird, einen Schlaganfall erlitten.

Außerdem leidet er an Schwerhörigkeit, ein weiterer Grund, warum die Vorsitzende Richterin nachfragt, ob Greipl der Verhandlung folgen könne, falls nicht, möge er sich melden. Doch Greipl bejahte, und so konnte mit der Verlesung der Anklageschrift begonnen werden. Laut der Staatsanwältin wird Greipl "das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelten in 27 Fällen" vorgeworfen. Gemeint ist damit, dass der ehemalige Generalkonservator als Leiter der Denkmalschutzbehörde auch als Arbeitgeber fungierte und es dabei unterließ, für Angestellte Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsbeiträge abzuführen. Der Gesamtschaden beläuft sich laut Staatsanwaltschaft auf rund 74 000 Euro.

Doch statt nun mit der öffentlichen Verhandlung zu beginnen, verschwanden Richterin, Rechtsanwalt und Staatsanwältin gleich wieder in einen Nebenraum, um ein Rechtsgespräch zu führen. Da begannen wohl die meisten Zuhörer bereits zu ahnen, was die Richterin im Anschluss mitteilte: Zwischen den Verfahrensbeteiligten wurde über eine Einstellung des Verfahrens gesprochen. So habe Greipls Anwalt zu verstehen gegeben, dass sein Mandant keinen Schuldspruch akzeptieren würde, außerdem verwies er auf dessen angeschlagenen Gesundheitszustand. Kuhn verlangte, dass von einer Bestrafung Greipls abgesehen werden sollte, allenfalls käme eine Bewährungsstrafe in Frage.

Greipl solle ein vollständiges Geständnis ablegen

Relativ weit entfernt war diese Forderung freilich von den Vorstellungen der Staatsanwaltschaft. Mit Blick auf die Höhe des Schadens hielt die Staatsanwältin eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder eine Geldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen für angemessen. Und Vorsitzende Richterin betonte nach diesem ersten Sondierungsgespräch, dass eine Verurteilung Greipls sehr wohl in Frage komme. Damit waren die Ausgangsforderungen abgesteckt. Und nach Rücksprache mit Klient Greipl beziehungsweise mit der Staatsanwaltschaft konnte ein zweites Rechtsgespräch stattfinden, an dessen Ende die Richterin folgendes Strafmaß in Aussicht stellte: sechs bis acht Monate Haftstrafe auf Bewährung und eine dreijährige Bewährungszeit. Allerdings unter der Voraussetzung, dass Greipl ein vollständiges Geständnis ablegt und im weiteren Verlauf des Verfahrens keine Dinge ans Licht kommen, die diesem Strafmaß widersprechen. Beide Parteien stimmten zu.

Die Anklage sei zutreffend, räumte Greipls Anwalt ein. Zu dessen Verteidigung verwies er aber darauf, dass dem Generalkonservator das Projekt einer digitalisierten Denkmalliste über alles gegangen sei. Etwaige Bedenken wegen der Werksverträge habe dieser vor diesem Ziel hintangestellt. Allerdings musste sich Greipl am Ende der Verhandlung eine lange Liste mit behördeninternen E-Mails und sonstigen Dokumenten anhören, verlesen von der Richterin, in denen er massiv davor gewarnt wurde, Werksverträge abzuschließen. Nächster und voraussichtlich letzter Verhandlungstermin ist am 18. Juli.

Die Sache geht Greipl schon länger nach, sein früherer Dienstherr, der Freistaat Bayern, forderte von ihm 730 000 Euro Schadenersatz. Dazu hatte ihn das Verwaltungsgericht Regensburg 2019 verdonnert. Daraufhin regte sich große Kritik, ein Unterstützerkreis formiert sich. Inzwischen wurde die Summe reduziert - auf immer noch 450 000 Euro. Unterstützer spendeten bislang etwa 71 000 Euro.

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