Artenschutz:Wiesenweihen-Boom

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Eine Wiesenweihe mit drei Jungen in ihrem Nest. (Foto: Tunka Zdenek/LBV)

Die schlanken Greifvögel werden in Bayern als stark gefährdet geführt. Doch dieses Jahr haben Ornithologen überraschend viele Brutpaare und flügge Jungtiere gezählt. Woran das liegt.

Von Christian Sebald

Große Freude bei den Vogelfreunden: Die Wiesenweihe, die auf der Roten Liste als stark gefährdet geführt wird, hat dieses Jahr einen Boom erlebt. Bayernweit sind von dem sehr schlanken Greifvogel ungefähr 270 Brutpaare mit mehr als 740 flüggen Jungvögeln gezählt worden. "Das sind Rekordzahlen, die uns sehr freuen", sagt Julia Ott, die beim Naturschutzverband LBV die Arbeit mit den Greifvögeln koordiniert. 2022 registrierte der LBV 156 Brutpaare mit 264 flüggen Jungvögeln. Der Grund des Booms: Dieses Jahr gab es in den Wiesenweihen-Gebieten besonders viele Feldmäuse. Die Nager sind die Hauptbeute der Greifvögel. Die Elterntiere hatten also massenhaft Futter für ihren Nachwuchs.

Circus pygargus, wie der wissenschaftliche Name der Wiesenweihe lautet, ist ein mittelgroßer Greifvogel mit einer Flügelspannweite von gut einem Meter. Die Männchen sind etwas kleiner und deutlich leichter als die Weibchen. Die Männchen sind außerdem überwiegend grau gefärbt, die Unterseiten des Rumpfes ab der Bauchmitte und des Schwanzes sind weißlich gefiedert, die Bauchmitte ist rostbraun gestrichelt. Teile der Flügel sind schwarz. Die Weibchen hingegen tragen größtenteils ein braunes Federkleid, die Schwingen sind teilweise grau oder schwärzlich. Außerdem ist ihre Unterseite deutlich heller als die Oberseite.

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Wiesenweihen sind Bodenbrüter. Sie bauen ihre Nester meist auf trockenem oder ein wenig feuchtem Untergrund. Früher waren sie in großer Zahl in feuchten Niederungen, Flachmooren und in den Aulandschaften der Flusstäler anzutreffen. Dort konnte man sie gut auf ihren Jagdflügen nach Mäusen und kleinen Vögeln beobachten. Wiesenweihen fressen Heuschrecken, Libellen und größere Käfer. Mit der Trockenlegung der Feuchtlandschaften brachen die Bestände von Circus pygargus spätestens ab Mitte der Fünfzigerjahre des vorigen Jahrhunderts dramatisch ein. Seit damals steht die Art auf der Roten Liste und wurde zeitweise in der Kategorie vom Aussterben bedroht geführt.

Die allermeisten Wiesenweihen sind heute auf Getreidefeldern anzutreffen, bevorzugt auf Anbauflächen von Winterweizen und Wintergerste. Dort legen die Weibchen ab Mitte Mai meist zwischen drei und fünf Eier in ihre Bodennester ab. Die Brutzeit dauert etwas mehr als vier Wochen, die Nestlingszeit ungefähr weitere fünf Wochen. Das heißt, die jungen Wiesenweihen werden ungefähr ab Mitte Juli flügge. Genau das ist das Problem. Die Erntezeit für Winterweizen und Wintergerste beginnt oft vor dem Ausflug der Jungen. Mähdrescher und andere schwere Agrarmaschinen sind aber eine tödliche Gefahr für die Tiere. Hauptverbreitungsgebiet der Wiesenweihen in Bayern sind Franken, das Nördlinger Ries in Nordschwaben und der niederbayerische Gäuboden.

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Freistaat finanziert ein Artenhilfsprogramm

Seit 1999 unterhält der Freistaat ein Artenhilfsprogramm für Wiesenweihen. In seinem Rahmen markieren Ehrenamtliche des LBV Wiesenweihe-Nester auf den Feldern, damit die Bauern sie bei der Ernte gegen eine Ausfallzahlung aussparen können. Dadurch haben sich die Bestände inzwischen immerhin etwas stabilisiert. "Ein guter und intensiver Austausch mit den Bauern ist Grundpfeiler des Wiesenweihen-Programms", sagt die LBV-Frau Ott. Inzwischen sind die bayerischen Jungvögel wie auch die Elterntiere längst in ihre Überwinterungsgebiete in Westafrika geflogen.

Übrigens sind bei Wiesenweihen starke jährliche Schwankungen der Brutzahlen wie zwischen dem vergangenen und diesem Jahr völlig normal. "Denn die Bestände der Feldmaus unterliegen ja ebenfalls enormen jährlichen Schwankungen", sagt Ott. "Aber normalerweise erholen sich die Populationen von so einem Einbruch wie 2022 nur schrittweise über ein paar Jahre hinweg." Deshalb kam der aktuelle Wiesenweihe-Boom für die LBV-Experten ziemlich überraschend.

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