Artenschutz:Die Hamster verlieren ihre Rückzugsflächen

Lesezeit: 2 min

Der Europäische Gerichtshof hat den Schutz des Lebensraums der vom Aussterben bedrohten Feldhamster gestärkt. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Feldhamster sind vom Aussterben bedroht, doch die Schutzmaßnahmen in Bayern wirken nicht. Die Hoffnung ruht nun auf Brüssel.

Von Nina Böckmann, München

Er ist gerade einmal um die 30 Zentimeter groß, nur 200 Gramm schwer - doch der Nager, der sich unter anderem in Unterfranken zu Hause fühlt, fällt ins Gewicht, wenn es um den Artenschutz geht. Denn der Feldhamster ist bedroht: Schätzungen zufolge könnte er schon 2030 ausgestorben sein. Ein schlechtes Zeichen für die Maßnahmen des Freistaats zum Schutz der Art. Denn die auch anderswo akut vom Aussterben bedrohten Tiere finden in Unterfranken eines der letzten Rückzugsgebiete in Deutschland.

Eines der ärgsten Probleme der Hamster: die intensive landwirtschaftlichen Nutzung seines natürlichen Lebensraumes. Denn er bevorzugt Felder und angrenzende Wiesen. Doch auch Bauprojekte und die mit diesen einhergehende Flächenversiegelung stellen eine Bedrohung für die Tiere dar. Wenn die riesigen Bagger anrücken, bleibt Hamstern kaum eine Möglichkeit, um zu fliehen. Denn die Feldhamster, die nicht ohne Grund zur Familie der Wühler gezählt werden, leben in Tunnelsystemen, die sie in den Boden graben. Sehr sensibel reagiert der Feldhamster offenbar auch auf die Folgen des Klimawandels und auf Lichtverschmutzung. Eine Folge davon: Die Weibchen werden später trächtig und die Anzahl der jährlich geborenen Jungtiere sank im Vergleich zum Beginn des 20. Jahrhunderts um etwa zwei Drittel. Ein dramatischer Rückgang, der nun auch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) auf den Plan rief. In der vergangenen Woche fällte dieser ein Urteil im Sinne der Nager.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

In Bayern existiert bereits seit 2006 das "Artenhilfsprogramm Feldhamster". Angelegt sind darin verschiedene Maßnahmen, wie etwa die Schaffung von Getreidestreifen, die nicht abgeerntet werden. Doch nach wie vor beruht das Programm auf Freiwilligkeit. Die Entscheidungsgewalt zum aktiven Schutz der Feldhamster liegt damit letztlich bei den Landwirtinnen und Landwirten. Und tatsächlich: Eine Anfrage von der Grünen ergab, dass von den 103 Hektar Feldhamster-Rückzugsgebieten, die 2019 in Unterfranken bewirtschaftet wurden, 2020 nur noch eine Fläche von 93 Hektar übrig war. Für die bayerischen Grünen ein klarer Fall: "Bayerns Feldhamster sind in Not", erklärt Patrick Friedl, naturschutzpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion. "Auch im fünfzehnten Jahr des Artenhilfsprogramms Feldhamster gibt es keinen Durchbruch für den Feldhamsterschutz in Bayern."

Hilfe könnte der Feldhamster nun jedoch aus Brüssel bekommen. In einem Fall in Österreich hatte man beim Anlegen einer Baustraße die Eingänge zu den unterirdischen Bauten zerstört. Der Europäische Gerichtshof entschied nun, dass der Begriff "Fortpflanzungsstätte" alle Gebiete umfasse, die für die erfolgreiche Vermehrung einer Tierart erforderlich sind. Und das schließt auch das Umfeld der Fortpflanzungsstätte ein. Ein Glück für den Feldhamster - denn seine Schutzräume könnten bald wieder größer werden. Für Bayern fordert Friedl: "Wir müssen die Maßnahmen zum Schutz des Feldhamsters dringend ausweiten."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusUmwelt
:Wie das Artensterben den Menschen trifft

Eine Million Tiere und Pflanzen sind weltweit vom Aussterben bedroht. Die Folgen für das Leben auf dem Planeten könnten ähnlich drastisch sein wie die des Klimawandels.

Von Tina Baier

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: