Bamberg:Neonazis sagen Aufmarsch ab

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  • Für den 31. Oktober war eine Demonstration gegen das Balkanzentrum in Bamberg von einer Vertreterin der Partei "Die Rechte" angemeldet.
  • Nun wurde die Demonstration wieder abgesagt.
  • Vermutlich wollten die hochgenommenen Rechtsextremisten nach der Veranstaltung Sprengkörper auf das Balkanzentrum werfen.

Von Katja Auer, Bamberg

Nach dem Schlag gegen die rechtsextreme Szene in Franken haben die Neonazis ihre geplante Demonstration in Bamberg abgesagt. Sie wollten am 31. Oktober zum Balkanzentrum ziehen und gegen den angeblichen Asylmissbrauch protestieren. Eine Vertreterin der neuen Partei "Die Rechte" hatte die Versammlung angemeldet und am Freitag wieder abgesagt, wie die Stadt mitteilte.

Die Rechtsextremisten hatten offenbar geplant, die Unterkunft für Asylbewerbern aus den Balkanländern nach der Demonstration mit Sprengkörpern anzugreifen. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten die Pläne mit einer groß angelegten Razzia am Mittwoch vereitelt, dabei wurden elf Männer und zwei Frauen festgenommen. Drei Männer sitzen in Untersuchungshaft, ein vierter Haftbefehl sei unter Auflagen außer Kraft gesetzt worden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Freitag.

Bamberg
:Rechtsextreme planten Anschläge auf Asylbewerberheime

Bei einer Razzia in Bamberg wurden kistenweise Sprengstoff und Waffen sichergestellt. Auch linke Gruppen hatten die Neonazis im Visier.

Von Katja Auer

Gefährliche Kugelbomben aus Polen

Alle anderen befinden sich wieder auf freiem Fuß, es werde aber weiter gegen sie ermittelt. Die Rechtsextremisten hatten in Polen Kugelbomben bestellt, die sie wohl auf das Gelände der ehemaligen Kaserne und in eine weitere Unterkunft werfen wollten, "um Angst und Schrecken unter den Asylbewerbern zu verbreiten", wie der Leitende Oberstaatsanwalt Erik Ohlenschlager am Donnerstag sagte. Diese Kugelbomben seien gefährliche Sprengkörper.

Aus Solidarität mit den Rechtsextremisten meldeten am Freitag Personen aus Nürnberg und dem unterfränkischen Sulzthal eine Kundgebung für den Sonntag in Bamberg an. Unter dem Motto "Lasst unsere Kameraden raus" wollten fünf bis 20 Personen demonstrieren. Die Stadt untersagte den Auftritt.

Mit der Neonazi-Szene in anderen Bundesländern soll die Bamberger Gruppe nicht eng vernetzt gewesen sein. Die Ermittlungen hätten bislang keine Hinweise darauf ergeben, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Allerdings waren die Rechtsextremisten in Deutschland und in ganz Bayern auf Demonstrationen unterwegs.

Die Bamberger Szene ist geschwächt worden, sagt die Polizei

Einige Mitglieder waren bereits angeklagt, unter anderem wegen Körperverletzung und Volksverhetzung. Die rechtsextreme Szene in und um Bamberg sei mit der Razzia empfindlich getroffen worden. "Es ist uns schon gelungen, das Ganze zu befrieden", sagte ein Polizeisprecher. Die Ermittler hatten zwölf Häuser in Bamberg, Nürnberg und Erlangen durchsucht.

Ein Ziel der Rechtsextremisten soll auch ein Treff der linken Szene in Bamberg gewesen sein. Sie hätten das Lokal angreifen und verwüsten wollen, sagte der Oberstaatsanwalt. Schon mehrmals war die Fassade des kleinen Treffpunkts in der Innenstadt beschmiert und einmal auch die Glastür eingeworfen worden. Ebendort riefen am Freitag Mitglieder verschiedener Organisationen zu einer Demonstration am Samstag auf.

Eine Demo aus der anderen Richtung

Auch die Teilnehmer dieser Kundgebung wollen gegen das Balkanzentrum demonstrieren, wenn auch aus anderen Gründen. Die Veranstalter, zu denen die Bamberger Linken, der Flüchtlingsrat und die Initiative "Freund statt fremd" gehören, kritisieren die Ankunfts- und Rückführungseinrichtung grundsätzlich. Dort würde das individuelle Recht auf Asyl unterlaufen und die deutsche Verantwortung für diskriminierte Minderheiten wie Roma verkannt.

"Die Menschen werden im Schnellverfahren abgefertigt", sagte Alexander Thal vom Flüchtlingsrat. Außerdem würden die Asylbewerber "massiv unter Druck gesetzt", freiwillig wieder auszureisen, weil damit das Einreiseverbot wegfällt, das mit einer Abschiebung verbunden ist. "Das ist schlicht Erpressung", sagte Thal. Aus Bamberg wurden bislang 31 Asylbewerber abgeschoben, 40 reisten freiwillig aus.

Thal warf der Staatsregierung eine Mitverantwortung an den geplanten Anschlägen der Rechtsextremisten vor, weil CSU-Politiker monatelang gegen angeblichen Asylmissbrauch gewettert hätten. "Und dann schafft man einen Ort, wo man die angeblichen Asylmissbraucher ausstellt", sagte er. Die Asylbewerber aus dem Balkan würden als Wirtschaftsflüchtlinge stigmatisiert und in den eigenen Unterkünften geradezu zur Zielscheibe für Rechtsextremisten.

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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