Als Herwig Gössl 2014 von seiner Ernennung zum Weihbischof in Bamberg erfuhr, habe das einen "großen Schreck" in ihm ausgelöst. So ist es überliefert. Man weiß nicht, ob es dem Geistlichen in diesen Tagen wieder so ging, als ihm seine Beförderung zum Erzbischof kundgetan wurde. Immerhin ist er inzwischen neun Jahre älter.
Seit Samstagmittag ist es durch eine Mitteilung des Vatikan offiziell: Papst Franziskus hat Gössl zum Nachfolger von Ludwig Schick gemacht, der im November 2022 zurückgetreten war. Und der Papst hat am Samstag noch einen zweiten Posten neu besetzt: Udo Bentz, 56, wird Erzbischof in Paderborn.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, gratulierte beiden und würdigte ihr bisheriges Wirken. Gössls Berufung stehe für Kontinuität. Er sei jemand, "der behutsam und in gangbaren Schritten die Kirche der Zukunft gestalten möchte". Gössl habe sich persönlich beim Synodalen Weg engagiert. Ebenso zeigte sich der Bischofskonferenz-Vorsitzende dankbar für dessen Einsatz in den Kommissionen für karitative Fragen sowie für Ehe und Familie.
Herwig Gössl, ebenfalls 56 Jahre alt, hat schon Übung in seiner neuen Rolle. Seit gut 13 Monaten leitet er das zweite bayerische Erzbistum (neben München-Freising) kommissarisch, zu ihm gehören knapp 600 000 Katholikinnen und Katholiken.
Der gebürtige Münchner ist aber bisher nicht für große Auftritte bekannt und auch nicht für eine Neigung, sich zu exponieren. In den vergangenen Wochen war sein Vorgänger, Alterzbischof Ludwig Schick, in den Medien deutlich lauter und häufiger zu vernehmen als Gössl.
Direkt nach dem Abitur ins Priesterseminar
Das könnte an dessen bisheriger Funktion als Interimschef liegen. Der nämlich hat laut Kirchenrecht in der bischofslosen Zeit alles zu unterlassen, was den künftigen Amtsinhaber möglicherweise zu Korrekturen zwingen würde. Vielleicht hat die Zurückhaltung aber auch mit seinem Naturell zu tun. Gössl gilt als jemand, der seine Worte bedächtig wägt, der versucht, nicht anzuecken - ein zurückhaltender, spiritueller Mensch.
Als Abiturient des Nürnberger Melanchthon-Gymnasiums verfügt er über humanistische Bildung. Gleich nach der Schulzeit trat Gössl 1986 ins Bamberger Priesterseminar ein, die Weihe folgte 1993. Nach einigen Jahren in der Gemeindeseelsorge wurde er 2007 mit einer neuen Aufgabe in der Priesterausbildung betraut. Als Weihbischof ist Gössl seit neun Jahren für die Caritas zuständig.
Der Blick auf den Nächsten sei ihm wichtig, heißt es anerkennend über ihn. Und dass er kein Revolutionär sei, "aber berechenbar", konservativ, aber "kein Eiferer". Während des deutschen Reformdialogs Synodaler Weg reihte sich der Bamberger Weihbischof bisweilen auf der Seite der oppositionellen Minderheit ein. So zählte Gössl neben dem Passauer Bischof Stefan Oster 2021 zu einem Quartett, das einen Alternativtext zu Sexualität und Partnerschaft verfasste. Doch diese Stimme drang nicht durch.
Gössls eindeutige Position zum Kirchenasyl
Zwei Jahre später, nach Abschluss des Synodalen Wegs, stellte Gössl fest, insbesondere die Sichtweise auf das Thema Homosexualität habe sich bei vielen Bischöfen im Verlauf der Gespräche verändert. Auch bei der Frage nach der Priesterweihe von Frauen zeigte er sich gesprächsbereit. "Wir sind als synodale Kirche noch auf dem Weg. Wir sind noch nicht fertig", sagte er im März. So müsse die Macht von Bischöfen besser kontrolliert und eingehegt werden.
Klar ist die Haltung des Weihbischofs zum Kirchenasyl. Als das Strafverfahren gegen die fränkische Benediktineräbtissin Mechthild Thürmer wegen des Vorwurfs der Beihilfe zu unerlaubtem Aufenthalt eingestellt wurde, dankte er der Ordensfrau ausdrücklich für ihren Einsatz.
Beim Neujahrsempfang vor knapp einem Jahr gab Gössl die Losung aus, es müsse in der Kirche nicht immer harmonisch zugehen. "Da kann man schon auch richtig streiten, entscheidend ist, dass man trotzdem beieinander bleibt und füreinander einsteht." Enttäuschungen und Unterschiede auszuhalten sei anstrengend, Vielfalt könne aber auch als bereichernd erfahren werden.
Gegenüber seinen beiden von außen berufenen Vorgängern, Ludwig Schick aus Fulda und Karl Braun aus Eichstätt, hat Gössl einen unbestreitbaren Vorteil: Er kennt das Erzbistum Bamberg schon, schließlich ist er hier seit Langem daheim.
Paderborns neuer Erzbischof kommt aus Mainz
In Paderborn wird der bisherige Mainzer Weihbischof Udo Bentz die Nachfolge von Hans-Josef Becker antreten, der im Oktober 2022 aus Altersgründen ausgeschieden war. Das Erzbistum Paderborn ist mit 1,36 Millionen Mitgliedern das sechstgrößte der 27 katholischen Bistümer in Deutschland.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bätzing, hob in einem Glückwunschbrief an Bentz ebenfalls dessen Engagement beim Reformprozess Synodaler Weg hervor. Auch seien dessen Verantwortung in der Jugendkommission und der Kommission Weltkirche der Bischofskonferenz ebenso unverzichtbar wie sein Vorsitz der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten.