Bahnverkehr zwischen Landshut und München:Zusammengepresst wie Ölsardinen

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S-Bahnen verspäten sich, Züge führen zu wenig Waggons mit - Pendler im Landkreis Freising müssen viel Frust ertragen. (Foto: Andreas Gebert)

Seit Monaten sind die Züge auf der Bahnstrecke zwischen Landshut und München mit weniger Waggons unterwegs. Verbesserungen sind nicht abzusehen, ein Grünen-Abgeordneter will nun mit einer Anfrage an die Staatsregierung Druck machen. Was ist da los?

Von Petra Schnirch, Freising

Die Züge sind mit weniger Waggons unterwegs, einige Verbindungen fallen komplett aus: Pendlerinnen und Pendler müssten sich "Tag für Tag wie die Ölsardinen in den Zug drängen", kritisiert der Landtagsabgeordnete Johannes Becher (Grüne), der selbst regelmäßig von Moosburg nach München mit der Bahn fährt. Da das Problem bereits seit Monaten besteht und sich keine Verbesserung abzeichnet, hat er eine schriftliche Anfrage an die Staatsregierung gestellt. So will er beispielsweise wissen, welche kurzfristigen Maßnahmen vorgesehen sind, um die Situation der fehlenden Waggons zeitnah in den Griff zu bekommen.

Pannen und Verzögerungen auf der Bahnstrecke zwischen Moosburg, Freising und München gehören für Pendler seit Jahren zum Alltag und sind ein großes Ärgernis. Die Trasse ist vollkommen überlastet mit Bahn-, S-Bahn- und Güterverkehr. Bis zumindest Teile der Strecke vierspurig ausgebaut werden, dürften noch Jahre vergehen.

Becher kennt die Situation aus eigener Erfahrung. An einem normalen Wochentag vor Beginn der Schulferien, Abfahrt in Moosburg Richtung München um 7.19 Uhr. Statt drei Wagen-Garnituren verfügt der Zug nur über eine. "In Moosburg sind alle gerade noch reingekommen und standen Schulter an Schulter - und das in einem Pendlerzug", schildert er. Wenn man 40 Minuten auf diese Weise unterwegs sei, "erhöht das nicht die Lust, jeden Tag den Zug zu nehmen." Auch komplette Zugausfälle habe es gegeben. Das sei kein attraktives Angebot, deshalb wolle er jetzt mit seiner Anfrage Druck machen.

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Schon im Dezember 2022 hatte Becher nach eigener Aussage bei der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) nachgehakt. Die Antwort damals: Die "angespannte Fahrzeugsituation" sei der BEG bekannt, berichtet der Abgeordnete. Die DB Regio, die die betroffene Strecke im Auftrag der BEG bedient, habe daraufhin angekündigt, dass sich die Fahrzeugverfügbarkeit in den folgenden Wochen aufgrund neuer Instandhaltungskapazitäten sukzessive entspannen würde. Doch das war offenkundig nicht der Fall.

Unter der Situation auf der Strecke von und nach München leiden sowohl S-Bahn- als auch Bahn-Nutzer. Auf keiner anderen S-Bahn-Linie kommt es so häufig zu Verspätungen wie bei der S 1. Auf Facebook existiert eine eigene Gruppe namens "Meine S 1 kommt nicht". Auch Bahnfahrer machen ihrem Ärger dort ab und zu Luft. Ein Pendler aus Freising etwa fragte dort im Juli: "Ist meine Beobachtung richtig, dass seit einigen Wochen überproportional häufig und überproportional viele Wagen in den Zügen fehlen? Wenn nur noch drei statt eigentlich fünf Wagen unterwegs sind, ist das Platzangebot natürlich viel zu knapp, was gerade bei diesen Temperaturen keine Freude macht." Andere Bahnfahrer teilten diese Beobachtung und berichteten, dass Beschwerden ins Leere liefen, weil man nur Standardantworten erhalte.

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"Irgendwann muss auch mal Besserung eintreten"

Zumindest was die Bahn angeht, dürfte es die aktuellen Probleme gar nicht geben. Die DB Regio hat sich laut Becher gegenüber der BEG verpflichtet, die jeweilige Strecke mit einer bestimmten Zahl an Waggons zu bedienen. Er fordert die BEG deshalb auf, dass die Vertragsvereinbarungen mit der DB Regio auch eingehalten werden und entsprechender Ersatz für defekte oder fehlende Waggons bereitgestellt wird. Er habe für vieles Verständnis, sagt der Grünen-Abgeordnete, "aber wenn die Situation über Monate unzureichend ist, dann muss irgendwann auch mal Besserung eintreten und das Sitzplatzangebot wieder dem normalen Stand entsprechen".

Von der Staatsregierung will er nun unter anderem wissen, wie oft es 2023 zu Zugausfällen kam und in welchem Umfang Waggons fehlten. Außerdem fragt er nach, ob andere Strecken ähnlich stark betroffen waren, wie viele der Regionalzüge zwischen München und Landshut unpünktlich waren und ob zumindest in den Hauptstoßzeiten damit zu rechnen sei, dass schnell wieder ein vertragsgemäßer Zustand hergestellt werde.

Antworten fordert er auch darauf, wie der 15-Minuten-Takt für die S-Bahn-Linie 1 bis 2030, den Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) ins Gespräch gebracht hat, ohne Erhöhung der Gleiskapazität realisiert werden solle und ob die Zugkapazität mit den bestehenden Gleisen, insbesondere zwischen Neufahrn und Moosach, durch bauliche Maßnahmen erhöht werden könne.

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