Bad Aibling:Nach dem Zugunglück: Feuerwehr droht mit Streik

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Die Feuerwehrleute aus Bad Aibling waren bei der Bergung der verunglückten Züge im Dauereinsatz. (Foto: Sven Hoppe /dpa)
  • Die Freiwillige Feuerwehr in Bad Aibling tritt möglicherweise von Donnerstagabend an in einen mehrtägigen Ausstand.
  • Ein Schlichtungsgespräch zwischen dem Stadtrat und den Aktiven der Feuerwehr verlief am Dienstag ohne Ergebnis.

Von Christoph Dorner, Bad Aibling

In der vergangenen Woche war die Freiwillige Feuerwehr Bad Aibling wieder zu ihrer Einsatzroutine zurückgekehrt. Sie rückte aus, nachdem ein Kaminkehrer den Rauchabzug eines Wohnhauses ausgebrannt und dabei einen Holzbalken in Flammen gesetzt hatte. Und sie war mitten in der Nacht zur Stelle, als ein Mann sein Essen anbrennen ließ.

Wenige Tage zuvor hatten die Einsatzkräfte noch Schwerverletzte retten und Tote bergen müssen. Nach dem schweren Zugunglück von Bad Aibling hatten die Feuerwehrleute tagelang die Bergungsarbeiten begleitet und waren dabei kaum zu Schlaf gekommen. Ministerpräsident Horst Seehofer und etliche Minister hatten den Einsatzkräften deshalb an der Unfallstelle ihren Dank ausgesprochen.

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Dennoch ist in Bad Aibling nun ein lokalpolitischer Streit ausgebrochen, bei dem es vordergründig um fehlende Wertschätzung geht. Eigentlich aber ist es der Höhepunkt eines seit Jahren schwelenden Machtkampfes, wer bei der Freiwilligen Feuerwehr das Sagen hat. Er könnte dazu führen, dass die Freiwillige Feuerwehr in Bad Aibling von Donnerstagabend an in einen mehrtägigen Ausstand tritt. Den Brandschutz müssten dann die Kollegen aus Kolbermoor übernehmen.

Eklat nach scharfem Kommentar gegenüber Stadträten

Auslöser des Eklats war ein anonymer Leserkommentar auf dem regionalen Nachrichtenportal mangfall24.de. Darin hatte ein User den Mitgliedern des Stadtrats am Tag nach dem Zugunglück vorgeworfen, dass sie sich nicht bei den Einsatzkräften am Ort hätten blicken lassen. Aber fehlende Verbundenheit sei man aus der Lokalpolitik ja gewohnt.

Diese Aussage wollte der Stadtrat nicht auf sich sitzen lassen. "Es kann nicht sein, dass ein Gremium pauschal beschimpft wird", sagt CSU-Fraktionssprecher Erwin Kühnel der SZ. Die meisten seiner Stadtratskollegen seien berufstätig. Wem hätte es genützt, wenn sie an der Unfallstelle im Weg herumgestanden wären, fragt Kühnel.

Also bat das Gremium den Kommandanten der Feuerwehr, Wolfram Höfler, um eine Stellungnahme. Einzelne Stadträte hatten sogar vermutet, Höfler selbst stecke hinter dem Kommentar. Das bestreitet der Kommandant vehement. Er sagt aber auch: "Ich kann den Text inhaltlich voll unterschreiben und hätte ihn vielleicht sogar noch schärfer formuliert."

"Wir haben uns jahrelang alles bieten lassen"

Dann erzählt Höfler, wie sehr sich die Kollegen gefreut hätten, als Landtagspräsidentin Barbara Stamm nach dem Unglück im Feuerwehrhaus in Bad Aibling vorbeigeschaut hätte. Momentan sei wegen des allenthalben gelobten Rettungseinsatzes die Hälfte seiner Mannschaft in psychologischer Nachbetreuung. Auch das sei ein Grund für den Zusammenhalt und die "Radikalisierung" der eigenen Leute, sagt Höfler: "Wir haben uns jahrelang alles bieten lassen."

Denn die fehlende Anerkennung äußere sich auch darin, dass in Bad Aibling das Feuerwehrgesetz nicht eingehalten werde, sagt Kommandant Höfler. Denn nicht er dürfe im Stadtrat für die Feuerwehr sprechen, sondern der SPD-Stadtrat Josef Glaser als Referent für Hilfsdienste. Er ist pikanterweise ein Vorgänger Höflers. Glaser wollte sich am Mittwoch nicht äußern.

Ein Schlichtungsgespräch zwischen CSU-Bürgermeister Felix Schwaller, CSU-Fraktionssprecher Kühnel und den Aktiven der Feuerwehr verlief am Dienstag ohne Ergebnis. Auch Schwaller wollte sich vor der Stadtratssitzung an diesem Donnerstag nicht äußern. Dann will er eine Resolution verlesen. Die Feuerwehr will indes mit Blaulichtkorso vor dem Rathaus vorfahren.

Sollte sich der Stadtrat in der Sitzung nicht eindeutig hinter sie stellen, wollen sich die Aktiven von 20 Uhr an bei der Leitstelle in Rosenheim abmelden. Sie stehen dann für Einsätze vorerst nicht zu Verfügung. Stattdessen soll dann die Freiwillige Feuerwehr aus Kolbermoor den Dienst übernehmen. Das müsste die hoch verschuldete Stadt Bad Aibling dann allerdings bezahlen.

© SZ vom 25.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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