Augsburg:Kindesmissbrauch und Pornos: Zen-Priester muss für fast acht Jahre ins Gefängnis

Lesezeit: 2 Min.

  • Fast 15 Jahre lang hat sich Zen-Priester Genpo D. immer wieder an Kindern sexuell vergangen.
  • Dafür verurteilte das Augsburger Landgericht den 62 Jahre alten buddhistischen Geistlichen am Dienstag zu sieben Jahren und neun Monaten Gefängnis.
  • Der Mann hatte zugegeben, sieben Buben im Alter von vier bis 13 Jahren sexuell missbraucht zu haben.

Aus dem Gericht von Christian Gschwendtner, Augsburg

Vor zwei Jahren hat der Zen-Priester Genpo D. einen Schlaganfall erlitten. Heute interpretiert er das als eine Strafe Gottes. Auch bei der Urteilsverkündung am Augsburger Landgericht zuckt sein linker Arm gefährlich oft. So als bahne sich ein epileptischer Anfall an. Er hat gerade erfahren, dass er für sieben Jahre und neun Monate ins Gefängnis muss. 21 Monate länger als sein Verteidiger gefordert hat.

Er sitzt auf der Anklagebank. Ein zusammengesunkener älterer Mann, der nun anhören muss, wie der Vorsitzende Richter Lenart Hoesch noch einmal die einzelnen Missbrauchsfälle schildert. Das Landgericht spricht den 62-Jährigen in mehr als 25 Fällen schuldig. Sie gehen bis ins Jahr 2001 zurück und sie wiegen schwer. Der Angeklagte hat sie gestanden. Er hat zugegeben sieben Buben im Alter von vier bis 13 Jahren sexuell missbraucht zu haben. Die Opferanwältin Marion Zech sagte in ihrem Plädoyer: "Er ist nicht Ersttäter, er ist Ersterwischter."

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Auf die Schliche kam man dem Buddhisten erst im Juli 2016: Da meldete sich eine Frau bei der Kriminalpolizei. Sie erzählte, dass sie sich an den Geistlichen gewandt hatte, weil sie Hilfe suchte: Ihr Mann war gestorben, Genpo P. sollte ihr bei der Trauerbewältigung helfen. Zwischen der Frau und dem Zen-Priester entwickelte sich zunächst ein Vertrauensverhältnis, dann eine Affäre. Vor allem aber: Genpo P. näherte sich den beiden Söhnen der Frau. Er hatte Oralverkehr mit den Kindern, er knipste obszöne Bilder mit seinem Smartphone, Bilder, welche "die nackten Geschlechtsteile besonders zur Schau stellen", wie es in der Anklageschrift heißt. Vorfälle, die sich wiederholten. Auf seinem Computer fanden sich knapp 2000 kinderpornografische und mehr als 800 jugendpornografische Bild- und Videodateien.

Dem Richter zufolge wandte der Zen-Priester stets dieselbe Masche an: er setzte seine charismatische Persönlichkeit ein, um sich so die Opfer gefügig zu machen. Auch das Vertrauensverhältnis zwischen Zen-Meister und Zen-Schüler habe dabei eine besondere Rolle gespielt, sagt Hoesch.

Das Gericht geht davon aus, dass der Angeklagte gezielt nach Minderjährigen in schwierigen Situationen Ausschau gehalten hatte. In einem Fall suchte er den Kontakt zu einem Flüchtlingsjungen, dessen Vater ermordet wurde. In einem anderen Fall verging er sich an einem Jugendlichen mit Drogenproblemen. Die Eltern hatten den damals 13-Jährigen nach Dinkelscherben geschickt, in die Obhut des Zen-Priesters. In der Hoffnung, dass der Junge dort im buddhistischen Tempel seine Suchtkrankheit überwinden könne.

Zum ersten Mal wurden die Missbrauchsfälle vergangenen Oktober bekannt, durch einen Bericht in der Augsburger Allgemeinen. Da saß Genpo D. bereits mehrere Monate in Untersuchungshaft. Die Behörden wussten um die Brisanz des Falls. Der Buddhist ist in Augsburg kein Unbekannter. Er nahm regelmäßig am "Runden Tisch der Religionen" teil. Die Stadt hat ihm sogar einen buddhistischen Friedenspreis aus Südkorea zu verdanken. Augsburgs Oberbürgermeister soll persönlich in das ostasiatische Land gereist sein, um den Preis entgegen zunehmen. Zu einem Zeitpunkt, als noch niemand etwas ahnte von den Taten des Mannes.

Als schuldmindernd wertete das Gericht, dass der Angeklagte echte Reue gezeigt habe. Allerdings erst zu Beginn der Hauptverhandlung. Zunächst habe der Geistliche seine Taten beschönigen wollen, wie Hoesch in seiner Urteilsbegründung anmerkte. Zum Beispiel mit der Aussage, dass er den Kindern Gutes tun wollte und sie ja nur "Stop" hätten sagen müssen. Davon nahm er später Abstand. Er wird den Opfern 35 000 Euro Entschädigung zahlen. Mehr Geld hatte er nach seiner Scheidung nicht mehr. Seine Familie will nichts mehr von ihm wissen. Sein Lebenswerk als Kommunalpolitiker und Zen-Meister liegt in Trümmern. Darauf wies der Richter am Ende der Verhandlung eigens hin.

© SZ vom 12.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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