Asylpolitik:Der nächste Hilferuf

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Kommunen fordern Geld für unbegleitete Flüchtlinge

Von Christian Sebald, München

Die bayerischen Kommunen haben die Staatsregierung eindringlich aufgefordert, ihnen endlich die Kosten vollständig zu erstatten, die ihnen durch die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge entstehen. Allein 2014 hätten die Bezirke insgesamt 51,1 Millionen Euro dafür aufgewendet, heißt es in dem Forderungskatalog, den Städtetag, Gemeindetag, Landkreistag und Bezirketag vor dem Spitzengespräch zum kommunalen Finanzausgleich an diesem Donnerstag an Finanzminister Markus Söder geschickt haben. Der Freistaat habe davon nur 3,7 Millionen Euro an die Kommunen zurückbezahlt. 47,4 Millionen Euro - fast 93 Prozent der Gesamtsumme - hätten die Kommunen bezahlen müssen. Der Freistaat müsse diese Kosten aber endlich komplett übernehmen, so wie das in allen anderen Bundesländern Praxis ist.

Außerdem erwarten die Kommunen, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge vom nächsten Jahr an auf alle Bundesländer verteilt werden, so wie das bei erwachsenen Flüchtlingen Praxis ist. Bisher werden die unbegleiteten Minderjährigen, die im Freistaat eintreffen, alle in Bayern betreut. Nur die Kosten, die dafür anfallen, werden nach einem genauen Schlüssel auf alle Bundesländer verteilt. Zwar hat Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) jüngst einen Gesetzesentwurf für eine Verteilung der unbegleiteten Minderjährigen präsentiert. Aber die Kommunen sind skeptisch, dass das neue Gesetz bis Januar 2016 tatsächlich in Kraft treten kann. "Die Staatsregierung muss dringend aufs Tempo drücken, damit die Verteilung so schnell wie möglich kommt", sagt der Präsident des Landkreistags, der Deggendorfer Landrat Christian Bernreiter (CSU). "Unsere Jugendämter sind längst komplett überfordert. Sie tun praktisch nichts anderes mehr, als sich um die unbegleiteten Minderjährigen zu kümmern."

Zudem treibt die Kommunen die Furcht um, dass sie auf den Kosten für ihre Vorleistungen für die jungen Flüchtlinge sitzenbleiben. Sie summierten sich Ende 2014 auf mehr als 81 Millionen Euro. Der Grund dafür ist das aufwendige bürokratische Abrechnungsverfahren unter den Ländern. "Berlin beispielsweise hat uns bisher noch keinen Euro zurückerstattet", klagt Bernreiter. "Wir haben aber überhaupt keine Lust, dass wir am Schluss unser Geld nicht zurückkriegen." Deshalb erwarten Bernreiter, der Nürnberger OB Ulrich Maly (SPD, Städtetag), der Abensberger Bürgermeister Uwe Brandl (CSU, Gemeindetag) und Bezirkstag-Präsident Josef Mederer (CSU), dass der Freistaat diese Außenstände übernimmt. Sie erwarten aber auch Vorleistungen, die noch in diesem und im nächsten Jahr auf die Kommunen zukommen und sich massiv erhöhen dürften. Der Grund ist der dramatische Anstieg der Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge. 2013 reisten 574 nach Bayern ein. 2014 waren es 3400. Dieses Jahr rechnet die Staatsregierung mit 10 000.

© SZ vom 02.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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