"Wie sicher ist das hier noch?":Aschau ist in Sorge

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Kriminalhauptkommissarin Irene Stephl (links) und Kriminalhauptkommissar Karl-Heinz Busch sind mit einem Infomobil der Polizei in Aschau. Sie sammeln Hinweise zum Tod einer jungen Frau und beraten besorgte Menschen. (Foto: Uwe Lein/dpa)

Nach dem Verbrechen an einer jungen Frau sucht die Polizei weiter nach Hinweisen - direkt vor Ort. Und steht dabei als Ansprechpartner zur Verfügung. Denn viele fragen sich, ob sie ihre Kinder noch alleine raus lassen können.

Es ist ein oberbayerisches Dorf wie aus dem Bilderbuch: die Gemeinde Aschau in den Chiemgauer Alpen. Schmucke Häuser mit gepflegten Gärten und üppigem Blumenschmuck auf den Balkonen. In den Straßen sind Einheimische wie Touristen unterwegs. Alltag herrscht hier zurzeit aber nicht, das zeigt auch ein Polizeimobil, das vor dem Rathaus steht. Seit eine 23 Jahre alte Disco-Besucherin gewaltsam zu Tode kam, sind die Menschen in Sorge. Schließlich ist unklar, was passiert ist. Außerdem ist das Mitgefühl mit der Familie des Opfers enorm.

"In Aschau kennt doch jeder jeden", sagt eine Passantin. Die Frau ist am Dienstag zu dem Polizeimobil gekommen und fragt, was so viele in diesen Tagen bewegt: "Wie sicher ist das hier noch?" Ihre Tochter sei 16 Jahre alt und gehe zwar noch nicht in die Disco, aber könne sie sie denn abends überhaupt noch auf die Straße gehen lassen? Kriminalhauptkommissar Karl-Heinz Busch rät, dass sich junge Leute abends möglichst zusammentun und nicht alleine laufen sollten. Das würde das Sicherheitsgefühl stärken. Vielleicht lasse sich vorübergehend ein Hol- und Bring-Service einrichten, schlägt er vor. Einen perfekten Tipp kann er der besorgten Mutter nicht geben. Die Polizei könne nicht rund um die Uhr alle Straßen absichern.

Dennoch: Die Sorgen vieler Eltern seien nachvollziehbar, sagt Busch. Er habe schließlich selbst eine Tochter. Als ein Vater wissen will, ob er seine Töchter morgens noch alleine zum Schulbus gehen lassen könne, empfiehlt der Kommissar, mit der Schule Kontakt aufzunehmen. Vielleicht lasse sich der Einsatz von Schulweghelfern in nächster Zeit etwas ausweiten, oder es könnten sich Eltern als Begleitpersonen für mehrere Kinder aus der Nachbarschaft auf dem Schulweg abwechseln.

Weiterhin sind auch Taucher im Einsatz

Die Anliegen, mit denen Bürger an das Polizeimobil kommen, sind sehr unterschiedlich. Manche haben Beobachtungen gemacht und wissen nicht, ob diese relevant sein könnten. Busch appelliert an die Menschen, jedes noch so unscheinbar wirkende Detail mitzuteilen. "Nichts ist unwichtig", sagt er. In dem Fahrzeug sitzt eine Beamtin und tippt die Informationen in den Computer. Auch Hinweise zu örtlichen Gegebenheiten könnten wertvoll sein. Eine Einheimische zeigt auf der Landkarte auf ihrem Handy, wo sich in Nebenarmen der Prien Gegenstände verfangen haben könnten. Eine Frau berichtet von einer Überwachungskamera, von der sie gehört habe. Busch lässt die Information notieren. Vielleicht sei genau diese Kamera ja noch nicht ausgewertet worden.

Die Tat sei das große Thema im Ort, sagen die Bürger unisono. "Man geht abends ins Bett und denkt darüber nach, und steht morgens auf und denkt wieder darüber nach", berichtet eine Mutter. Und auch der Umgang mit den Angehörigen der Toten beschäftigt einige. Sie wüssten nicht, wie oder ob sie die Familie ansprechen sollten. "Ich kann doch nicht einfach fragen: Wie geht's Dir heute?", sagt eine Frau. Mit der Präsenz vor Ort will die Polizei eine zusätzliche Möglichkeit bieten, in Kontakt zu kommen. Nicht jeder wolle sich per Internet oder Telefon melden, sagt Busch. Manchen sei das persönliche Gespräch lieber. Auch am Mittwoch und Donnerstag steht das Polizeimobil von 9 bis 16.30 Uhr vor dem Rathaus in Aschau.

Die Ermittlungen gehen derweil weiter. Auch am Dienstag sind Taucher im Einsatz, die nach Gegenständen des Opfers suchen. Am Mittwoch wollen sie wiederkommen. Bislang sind die Jacke und die Handtasche der 23-Jährigen aus der Prien geborgen worden. Unter anderem das Handy sei aber noch nicht gefunden, sagt Busch. Die junge Frau war am vorvergangenen Wochenende aus der Disco nicht nach Hause gekommen und Stunden später von einem Passanten tot in der Prien entdeckt worden. Eine Sonderkommission der Kriminalpolizei ist unter anderem damit beschäftigt, Fotos und Videos zu sichten. Es wurde ein Internetportal eingerichtet, über das Bilddateien an die Soko übermittelt werden können. Zudem sollen möglichst alle der 600 bis 800 Besucher, die in der Nacht vom 2. auf 3. Oktober in dem Musikclub in Aschau waren, ausfindig gemacht und befragt werden.

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