Cold Case:Freund nach 17 Jahren wegen Mordes angeklagt

Cold Case: In Lismore erinnert eine Gedenktafel an die deutsche Rucksacktouristin Simone Strobel.

In Lismore erinnert eine Gedenktafel an die deutsche Rucksacktouristin Simone Strobel.

(Foto: Jason O'brien/dpa)

Es sollte ein Pärchenurlaub in Australien werden, doch für eine 25-jährige Erzieherin aus Franken endete er mit dem Tod. Nun gab es eine Festnahme, zwei Deutsche werden noch gesucht.

Von Anna-Lena Jaensch

Fast 18 Jahre ist es her, dass Simone Strobel ihren Rucksack packte, ihr Working-Holiday-Visum vorzeigte und in einen Flieger nach Australien stieg, um gemeinsam mit ihrem Freund den Kontinent ein Jahr lang zu erkunden. Auf einem Foto steht die 25-jährige Erzieherin mit dem Mann an einer Reling, Arm in Arm, hinter den beiden das türkisblaue Meer. Sie lächeln in die Kamera. Die Schwester des Freunds und deren Partner besuchen die beiden nach einem halben Jahr, gemeinsam übernachten sie auf einem Campingplatz in Lismore an der Ostküste.

Kurz darauf wird Strobel von ihren Mitreisenden als vermisst gemeldet, sie geben an, die 25-Jährige zuletzt in einer Bar gesehen zu haben, im Streit um familiäre Angelegenheiten gingen sie Medienberichten zufolge auseinander. Sechs Tage nach ihrem Verschwinden ist klar: Simone Strobel ist tot. Auf einem Sportplatz neben dem Campingplatz in Lismore wird ihre nackte Leiche im Februar 2005 gefunden, versteckt unter Palmwedeln. Wie der Guardian berichtet, wurde sie Untersuchungen zufolge mit einem Kissen oder einer Plastiktüte erstickt.

Jahrelang trieb die Eltern der 25-Jährigen, die nie von ihrer großen Reise ins heimische Rieden bei Würzburg heimgekehrt war, die Frage nach dem Täter um. Doch den Ermittlern fehlte jegliche Spur, um das Verbrechen aufzuklären. 2007 stuften sie die Mitreisenden als verdächtig ein, erhoben aber aufgrund mangelnder Beweise keine Anklage. Wie australische Medien berichten, verweigerte Strobels Partner zudem eine Aussage. 2014 lobten die bayerischen Behörden eine Belohnung von 10 000 Euro für sachdienliche Hinweise in dem Fall aus, 2020 erhöhten die australischen Behörden die Summe auf knapp 700 000 Euro.

Die Polizei sucht zwei Verdächtige wegen Beihilfe zum Mord

Nun scheint es neue Hinweise zum Tod der 25-Jährigen zu geben: Mehr als 17 Jahre nach dem Verbrechen wird der damalige Freund von Simone Strobel wegen Mordes in Sydney angeklagt. Am Dienstag wurde der mittlerweile 42-Jährige im westaustralischen Perth festgenommen. Er lebt noch immer in Australien, hat dort inzwischen eine Familie. Seine Anwältin, das berichtet der Sender ABC News, will eine Kaution aushandeln. Zwei weitere Personen werden per Haftbefehl gesucht, wird der australische Polizeichef Scott Tanner zitiert. Es geht um Beihilfe zum Mord.

Die Staatsanwaltschaft in Würzburg bestätigte, dass es sich dabei um die Schwester des Verdächtigen und ihren damaligen Freund handelt - die beiden, die damals mit Opfer und Verdächtigem im Wohnmobil unterwegs waren. In Australien gibt es demnach einen Haftbefehl gegen sie. In Deutschland liefen entsprechende Ermittlungen, sagte Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach der Deutschen Presse-Agentur. Das Verfahren gegen die Schwester sei noch offen, das des Freundes wurde eingestellt, könnte aber wieder aufgerollt werden. Was letztlich zur Anklage gegen den 42-Jährigen führte, dazu halten sich sowohl die deutschen als auch die australischen Behörden zurück; Polizeichef Tanner verweist lediglich auf DNA-Spuren, die Gegenstand der Ermittlungen seien. Die Staatsanwaltschaft Würzburg erklärt auf Anfrage, auch sie habe kaum Informationen aus Australien, derzeit gebe es keinen Anlass den Mann nach Deutschland auszuliefern.

Die Familie der ermordeten Simone Strobel äußerte sich erstaunt, dass nun plötzlich Bewegung in den Cold Case gekommen ist: "Wir sind völlig überrascht. Wir müssen uns erst einmal sammeln", sagte Vater Gustl Strobel der Main-Post. Mutter Gabi Strobel erklärte in der Abendzeitung, sie habe dem Freund ihrer Tochter vertraut, sonst hätte sie sie damals nicht mit ihm für ein Jahr in so ein fernes Land reisen lassen.

Noch ein paar Tage, dann ist es genau 18 Jahre her, dass Simone Strobel in das Flugzeug nach Australien stieg. Ein Wiedersehen wird es für die Eltern nicht geben - aber vielleicht ein wenig mehr Gewissheit.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusCold Case
:Der Namenlose aus der Nordsee

War er ein schicker Geschäftsmann? Ein britischer Lord? 1994 wird westlich von Helgoland die Leiche eines unbekannten Mannes gefunden. Nun wird der Cold Case noch einmal aufgerollt - und Studierende der Polizeiakademie ermitteln mit.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: