Artenschutz:Wenn der Fischotter zuschlägt

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Ein Einbruch in einer Zuchtanlage, Jagd in Gewässern: Fischereiverband und Teichwirte beklagen hohe Schäden - 1,1 Millionen Euro sollen es 2019 gewesen sein. Sie fordern, das Raubtier zum Abschuss freizugeben. Naturschützer bezweifeln die Wirksamkeit.

Von Christian Sebald, München

Wenn es nach den Anglern und Fischern geht, sollten Fischotter endlich wieder abgeschossen werden dürfen. Zumindest wenn die streng geschützten Marder Fischzuchten heimsuchen. "Dem Landwirtschaftsministerium sind 2019 Fischotter-Schäden in Höhe von 1,1 Millionen Euro gemeldet worden", sagt der Präsident des Landesfischereiverbands, Albert Göttle. "Sie werden nur zum Teil ersetzt. Viele Fischzuchten sind deshalb in ihrer Existenz bedroht."

Naturschützer wie Christine Margraf vom Bund Naturschutz (BN) wollen davon nichts wissen. Für sie sind die pfeilschnellen Schwimmer, die bis zu 1,2 Kilo Fisch am Tag vertilgen, eine Leitart, die anzeigt, dass eine Region ökologisch intakt ist. Margraf begrüßt ausdrücklich, dass die Fischotter sich wieder in Bayern ausbreiten - nachdem sie Jahrhunderte lang gnadenlos gejagt wurden und bis auf wenige Exemplare ausgerottet waren.

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Der jüngste Anlass für die Klagen der Fischer: Ein Otter hat ausgerechnet ihre verbandseigene Zuchtanlage heimgesucht. Sie liegt vor den Toren Münchens, in ihr werden Bachforellen, Äschen und andere heimische Fischarten herangezogen. Die jungen Fische werden dann in den Gewässern der örtlichen Fischervereine ausgesetzt, ansonsten wären diese nämlich ziemlich fischfrei.

Laut Fischerpräsident Göttle hat der Otter großen Schaden in der Anlage angerichtet - vor allem durch den Jagdstress, den er unter den Fischen ausgelöst hat. Daran seien mehr als 1100 junge Bachforellen verendet. Demgegenüber nimmt sich die Zahl der tot gebissenen Forellen mit 54 vergleichsweise niedrig aus.

Für die Fischer zeigt der Überfall einmal mehr, dass ein Abschuss der Raubtiere möglich sein muss. Der Landtag hat sich der Forderung schon vor geraumer Zeit angeschlossen und ein entsprechendes Pilotprojekt in der Oberpfalz beschlossen. Es liegt allerdings auf Eis, weil der BN dagegen klagt und ein Verhandlungstermin nicht in Sicht ist.

Was den Fischotter stoppen kann? Die Naturschützerin glaubt an den Elektrozaun

Margraf begründet die Klage nicht nur damit, dass der Fischotter nach wie vor auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten steht. Sondern vor allem damit, "dass es den Teichwirten nichts hilft, wenn man Fischotter abschießt", wie sie betont. "Denn in jedes Revier, das auf diese Weise frei wird, rückt früher oder später ein anderer Fischotter nach." Und das Ganze beginne von vorne. Einzig wirksamer Schutz für die Fische ist aus Margrafs Sicht ein Elektrozaun um die Teiche, er halte die Fischotter von ihren Beutezügen ab.

Die Fischer bestreiten die Wirksamkeit von Elektrozäunen nicht. Aber sie halten sie für nicht machbar und vor allem für viel zu teuer - gerade in Anlagen mit mehreren großen Teichen. Daran änderten auch die Zuschüsse nichts, die der Freistaat den Teichwirten gewährt. Und in naturnahen Anlagen seien Zäune meist nicht möglich - aus Naturschutzgründen. Sie könnten dort nämlich Amphibien und andere geschützte Tiere gefährden. Zugleich betont Göttle, dass der Fischotter-Bestand in Bayern enorm angewachsen sei. Die BN-Expertin Margraf hält dagegen, dass weite Teile Bayerns noch ohne Fischotter seien. Und da ein flächendeckendes Monitoring fehlt, wisse letztlich keiner so genau, wie es um die Art bestellt ist.

© SZ vom 22.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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