Wer gelegentlich in alten Zeitungen aus dem 19. Jahrhundert blättert, der braucht starke Nerven, denn in den Berichten will das Elend oft gar nicht mehr abreißen. Im Januar des Jahres 1860 piesackte beispielsweise ein harter Winter die Menschen in Stadt und Land. Bezeichnend etwa die Not auf dem Burgerhof im Erdinger Holzland, wo die vom Fieber schwer gezeichneten Bauersleute hilflos mit ansehen mussten, wie ihr Schicksal seinen Lauf nahm.
Als man Feuer noch nicht stoppen konnte
In der Nacht zum Dreikönigstag war während eines Sturmwindes plötzlich ein Feuer ausgebrochen, der den Getreidestadel sowie den Stall in Schutt und Asche legte. Im Nu verbrannte die kostbare Ernte: 16 Schober Weizen und 30 Schober Korn, außerdem das gesamte Sommerstroh. Auch die mageren Kühe und Schafe fanden in den Flammen einen jähen Tod.
Über die Brandursache ist in den Akten nichts vermerkt; lediglich von einer Unvorsichtigkeit der Hausleute ist die Rede. Aus dieser kurzen Andeutung lässt sich aber durchaus eine plausible Erklärung für das verheerende Feuer ableiten, das die Menschen in der Dreikönigsnacht um Haus und Hof gebracht hat. Man muss lediglich die Zusammenhänge richtig einordnen.
Die Nacht vor Dreikönig ist im bäuerlichen Jahreslauf ein herausragendes Datum, gilt sie doch als letzte der von Mythen umrankten Raunächte. Noch heute ist es auf dem Land üblich, in der Dreikönigsnacht vom 5. auf den 6. Januar Wohnungen und Stallungen auszuräuchern, ganz im Sinne der alten Erfahrung, dass nichts das Treiben der bösen Mächte besser bannt als Qualm und Rauch.
Ein Brauch bis in die heutige Zeit
Dieser Erkenntnis konnte sich auch die Kirche nicht verschließen, weshalb sie den Brauch im Mittelalter adaptierte. Seither werden die Utensilien, die man zum Ausräuchern benötigt, kirchlich geweiht: Wasser und Weihrauch, dazu Kreide und Salz. Nach altem Herkommen wird der Weihrauch gleich nach Eintritt der Dunkelheit auf eine Glutpfanne gestreut, mit der man dann den Rauch im Haus verteilt.
Dieses Räuchern praktizieren auch die Sternsinger, wenn sie an der Haustür um eine milde Gabe bitten und dabei mit dem Rauchfass schwingen. Mit der Kreide schreiben sie ihre Segensformel an die Türen: 20 C + M + B 16. Die einen lesen darin die Namen der drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar, die anderen den alten Segensspruch "Christus mansionem benedicat!", was übersetzt bedeutet: "Christus segne dieses Haus!"
Die Tradition der Sternsinger geht bis auf den Kaiser Barbarossa zurück. Nachdem dieser anno 1164 die Gebeine der Heiligen Drei Könige von Mailand nach Köln hatte überführen lassen, rückten sie in den Mittelpunkt der Verehrung. Der älteste bayerische Beleg für den Sternsinger-Brauch findet sich in einem Strafregister des Landgerichts Tölz von 1496, in dem vermerkt ist, dass ein Bußgeld gegen einen Lackel verhängt wurde, der einen Sternsinger verprügelt hatte.
In diesen Tagen ziehen bundesweit mehr als 300 000 Kinder und Jugendliche in den Gewändern der Heiligen Drei Könige von Tür zu Tür, um Spenden zu sammeln. Im vergangenen Jahr erbrachte die Aktion 45,5 Millionen Euro. Allerdings lässt die Motivation, diesen Brauch weiter zu pflegen, deutlich nach. Bei vielen Gruppen stellt sich nur noch ein harter Kern von Mitwirkenden in den Dienst der Aktion, die heuer unter dem Leitwort "Segen bringen, Segen sein" steht.
Räuchern und Kritzeln gegen die Naturgewalt
Vor Eintritt des Medienzeitalters setzten die Menschen ihr Vertrauen aber nicht nur in den Rauch und in die gute Tat, sondern ebenso gerne in den Drudenfuß. Das war ein gegen jegliche Hexerei mächtiges Zeichen in Form eines fünfzackigen Sterns, das man an Türen und Bettgestelle kritzelte und nagelte. Vor allem sollte damit die lästige Drud ferngehalten werden, die nächtens Beklemmungen auslösen und einen um den Schlaf bringen soll.
Kehren wir aber noch einmal ins alte Holzland zurück, wo in der Dreikönigsnacht anno 1860 das Burgeranwesen in hellen Flammen steht. Auch dort werden die Hofbewohner, ohnehin von schrecklicher Not und Unbill heimgesucht, in der Hoffnung auf den Segen alle Stuben, Kammern und den Stall ausgeräuchert haben. Die Chronik spricht von einem Sturmwind zur nämlichen Zeit.
War es nicht ein Leichtes für die Naturgewalt, Funken von der glühenden Kohlenschaufel davonzutragen, sie irgendwo im Heustadel abzusetzen und dort das verheerende Feuer zu entfachen? Die bösen Geister, die der Rauch vertreiben sollte, hatten wohl genügend Zeit, um ihr zerstörerisches Werk zu vollenden.